Steve Howe - Die Autobiografie. Steve Howe

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Steve Howe - Die Autobiografie - Steve Howe страница 19

Steve Howe - Die Autobiografie - Steve Howe

Скачать книгу

um die uns umgebende Welt und Natur genauer zu erkunden. Wir drangen tief in die entlegene englische Landschaft ein. Tony und ich kletterten in unseren Rover und fuhren auf einspurigen Straßen ganz langsam und bedacht durch die ländliche Gegend. Wir passierten dabei pinke Cottages, die mit Mauerblümchen überwuchert waren. Auch an einem Spaziergänger fuhren wir vorüber, der ganz gespenstisch wirkte, als er uns zuwinkte. Als wir zum Bauernhof zurückkehrten, fiel uns auf, wie schön die Hühner aussahen. Wir legten uns auf den Boden neben die Vögel. Dort beobachteten wir, dass die Anordnung ihrer Federn dem Muster der Poren auf unserer Haut entsprach. Wir mussten lachen, so verblüfft waren wir darüber. Dann tauchte Mr. Dartnall auf und fragte, was wir da trieben. Als ob es irgendwie verquer gewesen wäre, um halb sechs Uhr morgens auf allen vieren über die harten Pflastersteine zu kriechen und Hühner zu bewundern. Das war eine lange, spaßige Nacht.

      Zum Glück ließ uns Atlantic Records hinsichtlich eines Deals für das dritte Album nicht hängen. Es war die letzte Platte, zu deren Veröffentlichung sie vertraglich verpflichtet waren. Obwohl ich es damals nicht wusste, hieß es, dass sie die Band, wäre das Album hinter den Erwartungen zurückgeblieben, fallengelassen hätten. Sollte das neue Album nicht in den Charts landen und sich gut verkaufen, könnte also der Vorhang für Yes fallen. Dank des neuen Deals konnten wir uns endlich ein Studio buchen.

      Wir baten Eddy Offord, uns als Toningenieur zu betreuen, wie er das schon bei Time And A Word getan hatte. (Tony Colten hatte da noch als Produzent fungiert.) Außerdem boten wir Eddy an, dieses Album mit uns gemeinsam zu produzieren. Er machte sich damals gerade einen Ruf als angesagter junger Engineer, und eine Kooperation stellte für beide Seiten eine gute Gelegenheit dar. Tatsächlich entstand so eine jahrelange und überaus fruchtbare Arbeitsbeziehung. Er wusste ganz instinktiv, wie er uns ausbalancierte, wenn wir sehr unterschiedliche Melodielinien übereinander hinweg spielten. Dieser Ansatz brachte es mit sich, dass die Levels und die Positionierung jedes einzelnen Parts zur überaus delikaten Aufgabe avancierten. Sein einzigartiger Audio-Stil rückte hier in den Vordergrund. Er war in Bezug auf all den Irrsinn und die Versuchungen des Musikbusiness relativ unschuldig, was ihn ein bisschen zu einem Außenseiter machte, der eben die technischen Aspekte des Aufnahmeprozesses liebte. Dies kompensierte den Umstand, dass wir selbst herzlich wenig davon verstanden. Er erarbeitete sich unser Vertrauen, indem er dabei half, die geeigneten Takes auszusuchen. Eddy wurde so zu unserem sechsten Bandmitglied – ein zusätzliches Paar Ohren, das auch bitter nötig war, wann immer wir im Studio ordentlich auf die Tube drückten.

      Wir ließen uns zum Arbeiten in den Advision Studios nieder. Eddy war der hauseigene Toningenieur dieses gut ausgerüsteten Komplexes mitsamt seinem großen und kleinen Studio. Beide verfügten über jeweils einen eigenen Regieraum, wie man auch in Howard Masseys Buch The Great British Recording Studios nachlesen kann. So nahmen wir Mitte 1970 schließlich unser nächstes Studio-Abenteuer in Angriff.

      Unsere Leidenschaft galt einer höheren Form von Musik. Ich hielt das für eine Fortführung des Psychedelic Rock, doch später sagte man Progressive Rock dazu. Oder auch Prog Rock. Andere wiederum sprachen von orchestraler oder sinfonischer Rockmusik. Ich selbst bevorzugte den Begriff Soft Rock. Doch das setzte sich nie durch.

      Die grundlegenden Instrumentalspuren waren schon für sich genommen Meisterleistungen. Sie fungierten für uns wie Straßenkarten, mit deren Hilfe wir noch weitere fantastischen Parts aufnehmen wollten. Wir analysierten alles mit großer Akribie und strebten Verbesserungen an, wo immer dies noch möglich war. Auf The Yes Album setzten wir sämtliche technischen Spielereien ein, die uns damals zur Verfügung standen. Unsere Lernkurve war immens. Wir waren getrieben vom Verlangen nach Anerkennung und Erfolg. Advision gehörte zu den ersten Londoner Studios, die schon früh auf 16-spurige Multitrack-Aufnahmegeräte umsattelten und die Acht-Spur-Technologie hinter sich ließen. Oft nahmen wir Backing Tracks nur mit Gitarre, Bass und Schlagzeug auf – dazu noch vorläufigen Gesang zur Orientierung. Keyboard-Parts ergänzten wir erst später. Nur gelegentlich, wenn das Keyboard eine zentrale Rolle spielte, musste ich eine Auszeit nehmen und Tony beziehungsweise später Rick, Patrick, Igor oder Geoff den Vortritt lassen.

      Bei „Your Move“ spielte ich, zunächst begleitet vom Bass und einem bis zur zweiten Hälfte des Songs anhaltenden Schlagzeug-Loop, auf meiner zwölfsaitigen portugiesischen Gitarre. So legte ich die Marschroute fest und hielt mich dabei an das vereinbarte Arrangement – Intro, Strophe, Refrain und so weiter. Später fügten wir noch die Blockflöten-Parts hinzu, die ich mir ausgedacht hatte. Diese setzten kurz vor der zweiten Strophe ein. Gespielt wurden sie von Colin Goldring. (Für mein akustisches Soloalbum Natural Timbre von 2001 nahm ich „Your Move“ noch einmal als Instrumentalstück auf. Hier steuerte Andrew Jackman die Blockflöte bei.)

      Darauf folgten dreistimmige Harmonien, Solos und verträumte Verzierungen, die in Kombination das typische „Yes-Feeling“ erzeugten. Der Großteil der Bandmitglieder hielt sich während der Overdub-Sessions im Regieraum auf, um genau hinzuhören und neue Ideen beizusteuern. Hier handelte es sich um eine Band, die wirklich auf Kooperation setzte, obwohl das auch nicht ganz ohne Reibereien ablief. Ich war damals noch nicht ganz startklar für die Belastung, die sich daraus ergab, mit zwei extrem ehrgeizigen Musikern zusammenzuarbeiten, die schon seit der Bandgründung hinsichtlich künstlerischer Ausrichtung und Kontrolle konkurriert hatten. Vielleicht war es ja meine Bestimmung, mich zwischen diesen beiden Streithähnen wiederzufinden. Sinnvolle Kompromissvorschläge meinerseits hatten nur dann Aussicht auf Erfolg, solange es mir völlig schnurz war, wer von beiden die Oberhand behalten würde. Keiner von beiden durfte unentwegt den Kürzeren ziehen. Ich war der Neuling, der noch keine Ahnung davon hatte, wohin uns diese Rivalität zu führen imstande war. Die Spannungen, die zwischen ihnen herrschte, sollten sich unendlich fortsetzen.

      Konflikt hemmt die Dynamik einer Band, da sich die Kreativkräfte der Kollaboration so nicht frei entfalten können. Es fehlt an Balance. Wir alle hatten mitunter Ideen, die auf Widerstand stießen, aber es war auch wichtig zu erkennen, dass es einen unflexibel wirken ließ, wenn man zu heftig auf seinen Vorstellungen beharrte.

      Je mehr wir uns um Perfektion im Studio bemühten, desto größer waren die Verbesserungen, die uns gelangen. Sämtliche Songs sollten individuell gestaltet, vital und emotional sein. Tony Kayes Hammondorgel und Keyboards waren klanglich perfekt positioniert, was mir Raum genug ließ, um aufregende Gitarrenparts abliefern zu können. Es gab keinen einzigen Augenblick, in dem ich mich auf meinem Instrument unwohl gefühlt hätte. Ich war der Auffassung, dass mein Soft-Rock-Ansatz ideal zu dieser Platte passte. Es bereitet mir auch heute noch Freude, der klaren Sanftheit meiner Triolen bei „Yours Is No Disgrace“ zu lauschen. Meine 175 ist ja so vielseitig. Ich spielte sie hier praktisch überall, außer bei den akustischen Passagen. Für den Schlusspart von „Perpetual Change“ griff ich zur Antoria LG50, Baujahr 1967. Ihr Sound ähnelte eher einer Fender. Obwohl ich keine große Auswahl bei meinen Gitarren hatte, versuchte ich dennoch, das Maximum herauszuholen.

      „Perpetual Change“ besteht aus etlichen sich voneinander abhebenden Strukturen. Jede Verzweigung wurde mittels Dynamik betont. Die Route, die das Gegenriff-Segment (bei dem Yes in doppelter Ausführung gegeneinander anspielten) einschlug, um schließlich in den finalen Refrain zu münden, gestaltete sich überaus komplex. Dennoch ergab alles mathematisch Sinn. Wir unterhielten uns oft darüber, wie zwei unterschiedliche musikalische Ideen gleichzeitig starten könnten, wobei jede ihrem eigenen Takt folgte, bevor sie schließlich aufeinandertrafen und letztendlich im gleichen Rhythmus ihrer Vollendung entgegensteuerten. Manchmal hörten wir auch verschiedene Harmonien. Eine Note eines flüchtigen Akkords konnte etwa einen Halbton höher oder tiefer gespielt oder gesungen werden. Dann wurde die Frage in den Raum gestellt: „Wie hört sich das für euch an? Hat es besser mit einem Es oder einem D geklungen?“ Manchmal wurden solche Entscheidungen per Mehrheitsbeschluss gefällt. Mitunter reichte es aber schon, dass eines der Bandmitglieder auf einer Idee beharrte. Das Ohr ist schon ein außergewöhnliches Organ. So wie das auch auf all unsere anderen Sinne zutrifft, hat auch das Ohr seinen ganz eigenen Geschmack. Dieser ist überaus raffiniert und unterscheidet sich von Person zu Person.

      Bei „Yours Is No

Скачать книгу