Steve Howe - Die Autobiografie. Steve Howe
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Ende der Sechzigerjahre war es ein weiterer Lernprozess, Ideen für die Gitarre niederzuschreiben und mithilfe verschiedener Tonbandsysteme aufzunehmen. Mein Bruder John besaß ein frühes Aufnahmegerät für zu Hause, einen Mono-Rekorder von Grundig, den er regelmäßig aufbaute, um damit die Radio-Popshow der BBC, den Saturday Club, aufzunehmen. John schnitt mit, als die Shadows „Apache“ aufnahmen, noch bevor ich mir die Single kaufen konnte. Wie lebendig das doch im Vergleich zur offiziellen Veröffentlichung klang!
Zu Hause versuchte ich mich nun an einem zweispurigen Apparat von Telefunken, der eine einigermaßen komplexe Funktionsweise aufwies. So musste das Tonband zwischen den Spulen einen ziemlich umständlichen Weg zurücklegen. Außerdem war das Gerät auf Deutsch beschriftet, was die Sache auch nicht gerade erleichterte. Etwas später kamen die ersten Kassettenabspielgeräte auf den Markt, und schon bald darauf folgten Apparate, die es erlaubten, dieses Medium für eigene Aufnahmen zu nutzen. Letztendlich erschien auch eine tragbare, mit Batterien betriebene Version, die darüber hinaus noch über ein eingebautes Mikrofon verfügte. Ich besaß eine Version, die es mir erlaubte, die Geschwindigkeit des Tonbands zu manipulieren. Das war insofern hilfreich, da Kassettenrekorder praktisch nie die richtige Geschwindigkeit halten konnten. So aber vermochte ich selbst nachzujustieren. Noch lange bevor es digitale Stimmgeräte gab, verwendeten wir Stimmgabeln, um unsere Instrumente zu stimmen. Oder Klaviere und Orgeln – falls diese wiederum gestimmt waren!
Dank dieser Hilfsmittel konnte ich eine Idee festhalten, sie überdenken und eventuell später noch einmal neu arrangieren, wenn mir das gefiel. Da ich Musik nicht auf konventionelle Art und Weise notieren oder lesen konnte, stellte dies die Methode dar, mit der ich mir diesbezüglich zu helfen wusste. Noch heute besitze ich eine enorme Sammlung solcher Kassetten, die ich zu Hause oder auf Tour bespielt habe. Wenn man zusammen mit anderen Leuten komponierte, füllte das etliche Kassettenseiten. In der Regel sind sie mit den Namen der jeweiligen Städte beschriftet, in denen sie entstanden. Oft hört man darauf, wie ich entweder mit Jon Anderson oder allein in irgendeinem Hotelzimmer auf der Gitarre herumklimpere. Später gab es dann noch winzige Mini-Kassetten, mithilfe derer man einfach viel zu viel Musik aufnehmen konnte. Es wurde schlichtweg zu kompliziert, den Überblick zu bewahren. Man konnte die Dinge sogar rückwärts abspielen!
Über viele Jahre hinweg sammelte ich so meine Ideen, wodurch ein Archiv entstand, aus dem ich mich bei Bedarf bedienen kann. Damals war alles noch so primitiv, dass man gar keinen wirklichen Referenzrahmen hatte. Die Dinge konnten nur besser werden. Man könnte ja so viel über die Geschichte und Entwicklung der Aufnahmetechnologie berichten. Sowohl das Guinness-Buch der Rekorde als auch Perfecting Sound Forever von Greg Milner informieren einen gut über die Frühzeit dieser Prozesse. Damals war analoge Technik noch das Maß aller Dinge. Glühende Röhren und Lötverbindungen. Kabel, so weit das Auge reichte. Transformer und zahlreiche andere Boxen, die jeweils eine einzige Aufgabe erfüllten. Dies war die Ära, in der Verzerrung und Summen von vornherein immer da waren – und doch entstanden so viele unfassbar gut Aufnahmen, mithilfe nur weniger Spuren und ein paar Tricksereien seitens des Studiotechnikers.
Der physische Akt, Tonbänder zwischen einzelnen Takes oder der Arbeit eines ganzen Tages zurechtzuschneiden, war eine altehrwürdige Tradition. Der Engineer brauchte dafür Unmengen von Rasierklingen, Tesafilm, Schneidblöcke und Markierstiften. Ein kleiner Fehler konnte verheerende Folgen nach sich ziehen. Heute werden digitale Editiertechniken bei praktisch allem, was wir zu hören bekommen, zum Einsatz gebracht. Heute wollen wir, dass alles genau im Takt und exakt gestimmt ist. Wir sind in der Lage, nach Lust und Laune herumzutüfteln – noch lange, nachdem alles im Kasten ist. Das nennt sich Post-Production. Zum Glück können wir praktisch alles mit unserer Musik bewerkstelligen, was uns gefällt. Die Pro-Tools-Aufnahmetechnologie hat sich zum Standard entwickelt, bei der mithilfe von sogenannten Plug-ins Tonhöhe und Takt extrem präzise angepasst, einzelne Wörter an die passende Stelle verschoben und auch sonst jede vorstellbare Mix-Option eingesetzt werden kann. Wenn man sich etwas nur vorstellen kann, lässt es sich auch bewerkstelligen. Obwohl man sich dabei mitunter auch im Kreis bewegt …
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich gut sechs Jahre damit verbracht, Konzerte in Großbritannien und Europa zu spielen. Außerdem hatte ich zwei Alben aufgenommen, wovon eines auch veröffentlicht worden war. Darüber hinaus wirkte ich bei ziemlich vielen Sessions mit. Nun war ich bereit, weitere Schritte zu unternehmen, um ein berühmter Gitarrist zu werden. Ich hoffte und glaubte daran, dass da noch etwas ginge – immerhin hatte sich während meiner gesamten bisherigen Karriere ein Muster herauskristallisiert: Nachdem ich aus einer Band ausgeschieden war, dauerte es nie länger als ungefähr zwei Monate, bis ich mich einer neuen anschloss. Irgendetwas würde sich schon ergeben, und ich würde schon bald wieder spielen.
Kapitel 6
Keine Schande
Eines Tages Anfang Januar 1970 stieg ich das Treppenhaus in unserem zum Großteil renovierten Haus in Fulham hoch, um einen Anruf am Münztelefon entgegenzunehmen, das am Treppenabsatz angebracht war. Am anderen Ende befand sich Chris Squire von Yes. Ich willigte ein, mich ein paar Tage später mit ihnen zu einem Vorspielen zu treffen.
Jon Anderson hatte mich mit Bodast im Speakeasy gesehen. Chris kannte mich noch von Konzerten, die ich mit Tomorrow gespielt hatte. Das Angebot hörte sich vielversprechend an. Immerhin hatten Yes einen Manager, einen Plattenvertrag, Gigs, einen Vorschuss für neue Ausrüstung und bekamen pro Woche 25 Pfund ausgezahlt. Außerdem hatten sie bereits zwei Alben aufgenommen: Yes und Time And A Word, das schon bald erscheinen sollte. Auf beiden spielten Jon Anderson, Chris Squire, Tony Kaye, Bill Bruford und Gitarrist Peter Banks.
Ich schnappte mir nun meine 175 und ein paar Pedale und begab mich in den engen Keller im Haus ihres Managers, das sich in Barnes im Südwesten Londons befand. Dort traf ich auf die Band, um ein paar Songs zu spielen. Etwa „Everydays“ und „Then“. Die Truppe bestand aus enorm begabten Musikern, doch war es vor allem Bill Brufords Schlagzeugspiel, das mich umhaute. Darüber hinaus schienen wir uns alle gut zu verstehen. Später begleitete ich Jon noch in seine Wohnung in South Kensington. Dort tauschten wir uns über Tonbandgeräte der Firma Revox und Katzen aus.
Yes hatten Gefallen an mir gefunden und boten mir einen Job an. Ich nahm an. Die Chemie schien zu passen. Ich erkannte das große Potenzial, und wir alle folgten einer ganzen Reihe von hohen Idealen.
Schon bald standen Gigs auf dem Programm. Mein erster Auftritt mit Yes fand am 17. Juli 1970 im Londoner Lyceum Ballroom statt. Ich hatte inzwischen einen großen Teil von Time And A Word eingeübt und konnte auch ein paar Sachen von Yes spielen. Ich bin mir nicht sicher, wie gut ich an diesem Abend war – aber auf Bootleg-Aufnahmen wirkt es so, als hätte ich mich prächtig amüsiert. Ich hielt mich nicht sklavisch an Peters Vorgaben, obwohl ich mich an seinen zentralen Melodielinien orientierte. Es war ein interessanter Gitarrist, dem ich da nachfolgte. Auch er machte sich unterschiedliche Gitarrenstile zu eigen und hinterließ mir Rahmenbedingungen, mit denen ich mich durchaus zurechtfand. Er war ein echt netter Kerl, der auch bei vielen meiner ersten Gigs mit Yes auftauchte. Mir fallen jetzt nicht viele ehemalige Bandmitglieder ein, die das tun würden – und ich rede hier davon, direkt nach ihrem Ausstieg zu den Konzerten der Ex-Band zu kommen. Hier entflammte auch meine Liebe dafür, live zu spielen, von neuem – und ich hängte mich voll rein. Tomorrow waren die letzte Gruppe gewesen, bei der ich ein solch gutes Gefühl verspürt hatte. Das Publikum glaubte zusehends an uns, und auch die Musikkritiker wurden langsam auf uns aufmerksam. Es war offensichtlich, dass wir heiß waren. Ein neues Album könnte untermauern, dass wir in dieser Besetzung sogar