Steve Howe - Die Autobiografie. Steve Howe

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Steve Howe - Die Autobiografie - Steve Howe

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Markt neu gestaltet werden müssen, da der ursprüngliche Entwurf als zu sexistisch galt. Stattdessen wurde nun ein brandneues Foto der aktuellen Besetzung dafür verwendet. Deshalb dachten viele Leute in den USA, dass ich der originale Gitarrist von Yes wäre. Ich brachte das Thema gegenüber Atlantic Records zur Sprache, und irgendwann wurde das UK-Cover auch für die amerikanische Version der LP zugelassen. Ehrlich gesagt wundert es mich nicht, dass stets große Verwirrung darüber herrschte, wer etwa bei welchem Album gerade in der Band spielte. Solche Dinge passierten angesichts des Kommens und Gehens diverser Bandmitglieder auch später noch. Oft kamen wir an einem Konzertort an und sahen Bandfotos, auf denen noch ehemalige Bandmitglieder zu sehen waren: etwa Tony nach Ricks Einstieg, Bill nach Alans Einstieg und Patrick nach Ricks Rückkehr. Das ging jahrelang so dahin.

      Da wir planten, ein Album in ländlicher Umgebung aufzunehmen, um so der Großstadt zu entkommen, wandten wir uns telefonisch an einen jungen Veranstalter in Devon. Der fand für uns das Haus Church Hill im gleichnamigen kleinen Dorf Churchill in Barnstable, wo wir zwei Wochen verbringen sollten. Dort entstanden das Grundgerüst der Songs „Perpetual Change“ und „Yours Is No Disgrace“. Bald schon fühlten wir uns jedoch eingeengt. Es war uns einfach nicht gut genug, und unsere abendlichen Sessions mussten früher, als es uns gefiel, beendet werden. Der junge Promoter gab daraufhin eine Annonce in einer lokalen Zeitung auf: „Band sucht nach Probemöglichkeit und Unterbringung.“ So landeten wir in einem alten Bauernhaus, wo wir dann zwei Monate blieben, um den Schreibprozess abzuschließen und einen Großteil von The Yes Album einzustudieren.

      Der neue Proberaum war schon etwas Besonderes. Man musste zunächst eineinhalb Kilometer eine einspurige Landstraße entlangfahren, dann erreichte man ein mit Stroh gedecktes Bauernhaus. Es lag buchstäblich mitten im Nirgendwo. Ganz ohne Nachbarn. Als wir eintraten, stieß ich mir den Kopf am niedrigen Türrahmen. So einen Ort hatte ich noch nie gesehen. Diese Räumlichkeiten besaßen Charakter – einen ganz eigenen Charme. Die Decken der verwinkelten Räume waren generell eher niedrig. Schon im Domesday Book – einer historischen Landbeschreibung Englands aus dem elften Jahrhundert – wurde eine Niederlassung auf diesem Flecken Erde erwähnt. Teile des Hofes, wie wir ihn vorfanden, waren auch bereits über 300 Jahre alt. Zehn Jahre später sollten Jan und ich das Haus schlussendlich kaufen, das in weiterer Folge zu meinem Arbeitsplatz, Studio, Lagerraum und gelegentlichem Rückzugsort für Familienausflüge avancierte. Auch Yes fügten der langen Historie des Gebäudes ein interessantes Kapitel hinzu, doch, so wie alle alten Bauernhöfe, brauchte es Menschen, die sich darum kümmerten. Offenbar waren Jan und ich dazu berufen, ebendiese zu sein. Unsere Renovierungsarbeiten machten das Haus schließlich fit fürs nächste Jahrtausend.

      Wir durften dort spielen, wann immer wir wollten. Das Gebäude war ein für Devon typisches Langhaus, das zur damaligen Zeit der Familie Dartnall gehörte, die aber in einiger Entfernung wohnte und von unseren abendlichen und nächtlichen Aktivitäten unbehelligt blieb. Die Besitzer waren Frühaufsteher, die morgens die Tiere auf ihrer 100 Morgen großen Farm fütterten. Die Band konnte sich ganz auf die Arbeit konzentrieren, da niemand erst anreisen musste, um zu spielen. Wir waren allesamt sehr fleißig, und selbst nach dem Abendessen erledigten wir oft noch einiges an Arbeit: Wir knöpften uns Song-Fragmente vor, lernten die Riffs, probierten Textstellen aus und suchten nach Rhythmen, die zu den jeweiligen Melodielinien passten. Dies führte zu einigen unserer besten Arrangements.

      Jon sagte etwa: „Lasst uns mit dem Ton nach unten gehen.“ Chris ergänzte dann: „Aber danach sollten wir wieder nach oben gehen.“ Bill fügte dann vielleicht noch hinzu: „Aber in doppeltem Tempo.“ Wir gaben all diesen Ideen eine Chance und wählten dann die besten aus. Das hört sich jedoch einfacher an, als es in der Praxis war. Oft versuchte ich, uns mithilfe eines Tonbandgerätes beim Spielen eines Arrangements aufzunehmen, damit wir einen Anhaltspunkt hätten. Nur zu oft kam es nämlich vor, dass wir schon am nächsten Tag nicht mehr wussten oder uns nicht darauf einigen konnten, was wir am Vortag ausprobiert hatten.

      Schriftliche Aufstellungen von Akkordstrukturen stellten zwar ein nützliches Hilfsmittel dar, doch notierten wir nicht allzu regelmäßig, und wenn, dann nur die groben Umrisse eines Songs in Akkordsymbolen. Ich verstand, was ich mit meinen meinte, doch stand ich damit leider allein da. Während ein Song komponiert wurde – noch bevor er einen Titel hatte –, wurde der Prozess grafisch festgehalten. Später änderten wir dann aber noch die Tonart oder schrieben einen neuen Anfang. Die titellosen grafischen Darstellungen mit irgendeinem bestimmten Song in Zusammenhang zu setzen gestaltete sich daher oft sehr schwierig. Ich besitze noch etliche Notizhefte, deren einzelne Seiten mit einem bunten Durcheinander aus Akkordmustern und Notizen zu den jeweiligen Arrangements übersät sind. Manche kann ich mit konkreten Songs in Verbindung bringen, wohingegen andere mit irgendwelchen hingekritzelten Titeln nicht mehr zu identifizieren sind. Viele meiner betitelten Song-Skizzen erweisen sich aber als überaus praktisch, wenn man eine Nummer 30 Jahre lang oder so nicht mehr gespielt hat. Die meisten Arrangements sind aber ohnehin irgendwo in meinem Kopf abgespeichert.

      Bevor wir an sonnigen Tagen mit den Proben begannen, spazierte ich durch die Felder, um auf meiner Martin zu spielen. Manchmal nahm ich meine Ideen auch auf. So komponierte ich etliche Passagen, die später Eingang in unsere Musik fanden. Als ich der Band „Clap“, mein erstes Instrumental samt Country-Picking, vorspielte, bestand sie darauf, dass es auf die neue Platte gehöre. Dies war ein bedeutsamer Moment für mich. Ich war begeistert, dass sie der Ansicht waren, dieser Song würde sich gut neben all den Stücken machen, die wir gemeinsam schrieben. Eine solche Solo-Einlage eröffnete mir nämlich die goldene Möglichkeit, mich vorzustellen. Bill und ich waren für den Titel verantwortlich, doch es war Jon, der den Song auf einer Live-Aufnahme als „The Clap“ [Anm: englischer Slang für Gonorrhö] ankündigte, was sich dann leider hartnäckig hielt.

      Wir bastelten weiterhin zudem an Songs wie etwa „Your Move“ und „I’ve Seen All Good People“. Auch trieben wir die Weiterentwicklung von „No Disgrace“ und „Perpetual Change“ voran. Ich erinnere mich, dass „Starship Trooper“ und „A Venture“ ausschließlich im Studio entstanden. „Starship“ sollte dann einer unserer populärsten Live-Songs werden. Eigentlich besteht die Nummer aus drei unterschiedlichen Segmenten, doch irgendwie wirkt das Ganze wie ein einziger Song. Wir konnten einfach nicht alles, was wir sagen wollten, in drei Minuten und 20 Sekunden unterbringen. Wir brauchten schon acht bis zehn Minuten, um unser Material zur Geltung zu bringen und unsere Ideen darzulegen. Das sprengte eben den Rahmen der handelsüblichen Song-Formel. Wir stellen uns vor, dass die Songtexte die Hörer in einen traumähnlichen Zustand versetzen könnten, in denen die surreal kombinierte Musik ihre Erwartungen auf den Kopf stellte.

      Nach ein paar Wochen, in denen wir auf diese Weise arbeiteten, kreuzte unser Manager auf. Er teilte uns mit, dass er die Fliege machen wolle. Darüber hinaus werde er sich auch finanziell an uns schadlos halten, da wir ihm angeblich noch Geld schuldeten. Das war das Ende der 25 Pfund pro Woche, die uns gerade einmal so über Wasser gehalten hatten. Nun blieben uns zum Überleben nur mehr die Gagen von den Gigs. Somit brachen wieder einmal karge Zeiten für uns an. Doch zumindest landeten wir einen kleinen Triumph. Der Manager hatte geplant, seinen Anteil an den Verlagsrechten behalten zu dürfen, die er erworben hatte, da er auch als unser Musikverlag fungierte. Eine Provision am Anteil der Songautoren und einen Anteil der Verlagsrechte einzusacken, wurde indes als verfassungswidrig und illegal eingestuft. Immerhin heimste er so fünf Prozent fürs Nichtstun ein!

      Eines Abends im Juni, gegen Ende unseres Aufenthalts und nachdem Jon, Bill und Chris bereits zu Bett gegangen waren, starrten Tony Kaye und ich in die Glut im Kamin und beschlossen, uns aus irgendeinem verrückten Grund einen LSD-Trip zu teilen. Das war das letzte Mal, dass ich diese Erfahrung machte. Vielleicht auch gerade deshalb, weil es mein bestes LSD-Erlebnis war. Als die Wirkung einsetzte, begaben wir uns in den Proberaum, den wir uns in einer Stube neben dem Wohnzimmer eingerichtet hatten. Da stand unsere Ausrüstung. Die Verstärker summten. Uns fiel auf, dass der Leslie-Lautsprecher, den wir an die Hammondorgel angeschlossen hatten, sogar richtig schnurrte. Tony schlug ein F-Dur an. Nach zehn Minuten waren wir ganz verblüfft, was wir da alles hören konnte: sich verändernde Beitöne, unvorstellbare Obertöne und die

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