Ein verlorenes Paradies. Monika Dahlhoff
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Читать онлайн книгу Ein verlorenes Paradies - Monika Dahlhoff страница 4
Doch plötzlich hörte ich vorne auf dem Hof einen Hund bellen. Der kann sich nur verlaufen haben, dachte ich, wir haben keinen Hund. Da dieses Bellen aber immer kräftiger wurde, konnte es nur ein sehr großer Hund sein. Kaum hatte ich zu Ende gedacht, kam das Gebell näher. Schnell sprang ich auf, vor lauter Schreck fand ich das Kästchen von meinen Entchen nicht und sammelte sie, so schnell ich konnte, in mein Schürzchen. Wie hatte Mutti und Vati gesagt? Pass schön auf die Entchen auf.
Da erklang plötzlich ein Pfiff, ich konnte es nicht glauben, der Hund lief in die Richtung, aus der der Pfiff gekommen war. Weg war er.
Nun hatte ich es aber eilig, in den Stall zu kommen, denn ich hörte Mutti rufen, wir wollen in die Kirche. Schnell wollte ich alle Entchen in ihren Stall setzen, oh Schreck, wie sah mein Schürzchen aus? Es war schmutzig geworden, voller Entenkacke.
Mir schien, dass die kleinen Entchen das nur aus Angst vor dem großen Hund getan hatten, so konnte ich ihnen nicht böse sein. Ich sah schrecklich aus, als ich so vor Mutti stand. Die Tränen kullerten über mein Gesicht. Bevor Vati schimpfen konnte, sagte Mutti, na daraus hast du sicher gelernt, dass man Entchen nicht in ein Schürzchen setzen darf. Mutti machte mir mit einem Lächeln mein Schürzchen ab, legte es in eine Schüssel mit warmem Wasser und sagte, das muss jetzt warten, bis wir aus der Kirche kommen. Sie band mir noch schnell ein neues Schürzchen um, das zu meinem schönen Kleidchen passte. Schnellen Schrittes ging es in die Kirche. Das war noch mal gut gegangen, keine Schimpfe oder Haue. Ich wollte ja auch nur meine Entchen schützen.
Es sollten wieder neue Erlebnisse auf mich zukommen.
Wie du hören wirst, hatten wir noch mehr Tiere auf unserem Hof, dazu gehörte eine große, weiße Ziege, die manches Mal kleine Zicklein bekommen sollte.
Mit dieser Ziege sollte eine neue Aufgabe auf mich zukommen. Vati wollte mir das Melken beibringen.
Ich staunte sehr, dass aus unserer Ziege die Milch kommt, die ich so gerne trank. Vati band heute die Ziege im Stall mit einem Strick an einer Wand fest.
Ich hatte doch keine Angst vor der Ziege, er brauchte sie nicht festzubinden, ging es mir durch den Kopf. Und ich wunderte mich, was das jetzt sollte, denn noch nie war die Ziege angebunden worden.
Schon oft hatte ich sie gestreichelt, das tat ich auch jetzt. Vati hatte sich entfernt, als er die Ziege angebunden hatte. Aber da kam er schon wieder. Er hatte etwas aus dem Stall geholt, einen kleinen Hocker mit nur einem Bein hielt er in der einen Hand, einen kleinen Eimer in der anderen. Einen solchen Hocker hatte ich noch nie gesehen. Wollte sich Vati etwa da draufsetzen? Ich wagte nicht zu fragen, denn sonst hätte ich bestimmt gelacht, weil ich mir das Bild vorstellte, dass er mit dem Hocker umkippte und neben der Ziege liegen würde.
Das wollte ich auf keinen Fall erleben. Es kam anders als gedacht. Vati setzte sich auf diesen einbeinigen Hocker, als wäre es überhaupt kein Problem, auf ihm zu sitzen.
Er stellte den Eimer unter die Ziege, die noch immer ganz still stand. Ich sah, wie Vati unter der Ziege an ihren Zitzen drückte und hörte auch schon wie die Milch in den Eimer spritzte. Komm, gib mir mal deine Hand, sagte Vati, ich zeige dir, wie man das macht.
Er zog mich zwischen seine Beine, nahm meine Hand in seine und führte sie an die Zitzen der Ziege. Da diese schön warm waren, hatte ich keine Angst vor dieser Berührung. Vati drückte plötzlich meine Hand etwas fester zu, tatsächlich, die Milch floss in den Eimer.
Nun stand Vati von dem einbeinigen Hocker mit den Worten auf, versuche es einmal alleine, Angelika. Ich war stolz, dass er so etwas zu mir sagte, setzte mich wie er auf den Hocker, doch so schnell ich mich draufgesetzt hatte, so schnell lag ich wieder unten. Nun war es Vati, der lachte. Ich wurde ärgerlich, versuchte es immer und immer wieder, bis es mir tatsächlich gelang.
Es war zwar alles ein wenig wackelig, aber ich blieb drauf sitzen. Mit dem Melken sollte es aber doch nicht so einfach gehen. Es kam einfach keine Milch aus den Zitzen. Vati erklärte, dass ich an der Zitze oben etwas drücken müsse, um die Milch nach unten rauszuschieben. Na ja, das war alles nicht so einfach, aber es klappte nach einiger Zeit dann doch. Vati ließ mich mit der Ziege allein.
Es machte mir sogar Spaß, als ich sah, wie die viele Milch in den Eimer floss. Für einen Moment passte ich nicht auf, die Ziege muss wohl die Nase von meiner Ungeschicktheit voll gehabt haben, sie wollte nicht mehr stillhalten. Plötzlich hob sie ihr Hinterbein, platsch hatte sie in den Eimer getreten. Das war totale Absicht von ihr, das wusste ich. Der Eimer mit der guten Milch kippte um, ich flog vom Hocker und hatte bei dem ganzen Geschehen nicht bemerkt, dass Vati hinter mir stand.
Nein, er schimpfte nicht, sondern er lachte. Er hob den Eimer hoch, schaute hinein und sagte, da wird Mutti aber traurig sein, dass wir heute keine Milch haben, aber was hatte sie gesagt, sprach Vati weiter, als dein Schürzchen von den Entchen schmutzig war?
Aus all dem kann man nur lernen. Das nächste Mal wird es besser gehen, mein Kind.
Ich versprach es mit Tränen in den Augen.
Eines Tages sagte Vati zu mir, eigentlich sollten wir mal wieder kleine Zicklein bekommen, doch in dieser Zeit werden wir keine Milch von der Ziege haben, die wird sie für die kleinen Zicklein brauchen.
Oder möchtest du keine Zicklein haben?
Vati wartete nicht auf meine Antwort, denn er hatte schon längst beschlossen, dass wir Zicklein haben werden.
Jetzt brauchen wir die Milch noch ein Weilchen für uns, sagte Vati. Denn du musst Mutti noch helfen, Butter, Dickmilch und Quark zu machen.
Ich freute mich über die neuen Aufgaben und wollte alles so gut wie Mutti machen.
Am meisten Arbeit machte das Butter zubereiten. Von der Milch wurde die fette Sahne abgeschöpft, sie kam in eine Rührschüssel. Weil ich so klein war, setzte mich Mutti auf einen Stuhl, die Rührschüssel bekam ich auf meinen Schoß zwischen meine Beine geschoben, so konnte ich sie beim Drehen mit der Kurbel besser festhalten. Nach einiger Zeit wurde es Schlagsahne, die wir zum Kuchen essen brauchten. Wenn ich dann weiter rührte, entstand endlich die Butter. Wenn es aber nur Sahne sein sollte, musste ich sehr aufpassen, dass ich nicht zu lange rührte, sonst wäre es tatsächlich wieder Butter geworden.
Nun hatte ich alles gelernt, was man aus Milch machen konnte. Die dicke Milch mit Zimt und Zucker schmeckte mir besonders gut. Das war das Einfachste an der Sache, ich ließ einfach eine Schüssel Milch in der Küche auf dem Arbeitstisch zugedeckt stehen, am nächsten Tag war die Milch dick geworden.
Nun kam die Zeit, dass Vati sagte, jetzt ist aber Schluss mit dem Butterrühren und Sahnelecken, jetzt muss die Ziege vorbereitet werden, damit sie uns Zicklein schenken kann.
Wir müssen heute mit der Ziege zu einem Bauern am Ende des Dorfes gehen, sagte Vati, so als wäre es selbstverständlich. Doch ich verstand nicht, was er damit sagen wollte. Jetzt eine Frage stellen, fühlte ich, wäre nicht richtig.
Angelika, du kommst gleich zu mir runter zum Ziegenstall, damit du mir hilfst, mit der Ziege zum Bauern zu gehen. Ich fragte wieder nicht, warum? Denn Vati konnte manchmal böse werden, wenn ich zu viele Fragen stellte.
Als ich zum Stall kam, hatte die Ziege schon einen Strick am Hals. Am Ende des Stricks hatte Vati ein Hölzchen zu einem Griff gebastelt, an dem sollte ich die Ziege