Ein verlorenes Paradies. Monika Dahlhoff
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Als ich zum Tor ging, rief er noch, du weißt doch, wo der Bauer wohnt am Ende des Dorfes. Ja Vati, rief ich und schon zog mich die Ziege hinter sich her.
Kaum war ich aus unserem Hoftor raus, spielte die Ziege total verrückt. Nicht ich zog die Ziege, sondern sie zog mich am Strick hängend hinter sich her. Sonst war sie so brav und lieb, doch jetzt hatte ich das Gefühl, die Ziege wusste genau, wo wir hingehen müssen. Sie zog und zog.
Da nun gerade Schulferien waren, trafen wir viele Kinder auf der Dorfstraße, die hatten nun was zu lachen, wie mich die Ziege von einer Straßenseite zur anderen zog. Ich hielt sie mit beiden Händen fest und ließ sie nicht los, so wie Vati es gesagt hatte.
Ein paar Mal drehte ich mich noch um, ob Vati kam, doch ich sah ihn nicht. Nun war auch der Hof von dem Bauern schon zu sehen, meine Kräfte ließen nach. Als wir endlich den Hof erreicht hatten, stand da schon der Bauer. Ihr kommt aber sehr spät, ich warte schon lange auf euch, wo hast du denn deinen Vater gelassen, rief er laut über den ganzen Hof.
Alles ging jetzt sehr schnell, der Bauer machte eine Stalltüre auf, ein wilder, stinkender Ziegenbock kam auf uns zugestürzt. Ich erschrak so sehr, dass ich vor Schreck meine Ziege vom Strick losließ und rannte zum Hoftor.
Da hörte ich Vati schreien, was hast du gemacht? Du kannst doch nicht die Ziege laufen lassen. Vor lauter Angst und Schreck lief ich weinend zum Tor hinaus und kam verweint bei Mutti an. Ich erzählte ihr, was passiert war.
Hab keine Angst, mein Kind, geh dich erst mal waschen, du stinkst ja wie ein kleiner Ziegenbock. Dann erklärte mir Mutti, dass unsere Ziege nur kleine Zicklein haben wird, wenn sie bei dem Bock war. Das verstand ich wieder mal nicht, ich war so geschafft, dass mich das jetzt auch nicht weiter interessierte.
Gott sei Dank hatte Vati mich nicht ausgeschimpft, auch nicht verhauen, ach, was hatte ich für ein Glück.
Nach einiger Zeit wunderte ich mich, dass der Bauch unserer Ziege immer dicker wurde. Als Vati meinem Blick folgte, sagte er, bald werden wir kleine Zicklein bekommen. Er nahm meine Hand, hielt sie an den Bauch der Ziege, ich erschrak, als sich darin etwas bewegte.
Das sind schon die kleinen Zicklein, die wollen bald aus dem Bauch heraus. Staunend stand ich neben Vati, doch ich traute mich nicht zu fragen, wie die Zicklein da reingekommen waren und auch nicht wie sie da wieder herauskommen sollen.
Eines Tages, als ich einmal wieder runter zum Stall ging, kam mir Vati schon lächelnd entgegen, schau dir mal die Ziegenkinder an, sagte er. Ach waren die süß, ich konnte sie nicht genug ansehen. Streicheln durfte ich sie auch, unsere Ziegenmama war wieder lieb, sie schupste mich nicht mehr und hatte nichts dagegen, dass ich mit den Kleinen spielte.
Immer wenn ich jetzt in den Stall kam, hatte ich das Gefühl, die beiden Kleinen freuten sich, mich zu sehen. Sie wollten mit mir spielen, aber auch ein bisschen an mir herumstoßen. Ich verbrachte viel Zeit mit den beiden Kleinen. Wir tollten auf unseren Wiesen herum, dabei vergaß ich oft die Zeit sowie auch meine kleinen und großen Sorgen.
Wieder sollte es ein neues Erlebnis auf unserem Hof geben
Meine Enten waren nun schon groß geworden, sie lebten im Stall bei den Hühnern und Gänsen. Wir hatten viele große, auch kleine Gänse, ich durfte sogar die Eier aus dem Hühnerstall nehmen, nur musste ich auf den Hahn aufpassen. Er bekam oft seine tollen Zeiten, er griff Menschen an. Er wollte wohl so seine Hühner beschützen. Ich hatte immer Glück, mir tat er nichts. Ich war sicher für seine Hühner keine Gefahr, weil ich noch so klein war. Egal, wer sich ihm sonst näherte, der Hahn ging sofort zum Angriff über. Er flog mit wildem Getue auf das Gitter seines Zaunes zu. Jeder machte vor Schreck einen Schritt zurück und gab sich keine Mühe, dort hinein zu gehen bis auf Mutti und Vati. Die beiden wagte der Hahn nicht anzugreifen, er hatte eher Angst vor Vati. Er tat immer so, als hätte er ihn nicht gesehen, das wird schon seinen Grund gehabt haben, den ich aber nie erfuhr. Vati schüttelte, wenn er in den Hühnerstall oder in das Gehege wollte, mit einem Eimer Futter, alle Hühner sogar der Hahn waren abgelenkt, dann konnte auch ich, ohne in Gefahr zu sein, in den Stall gehen, um die Eier einzusammeln.
Gemeinsam mit Vati säuberten wir die Ställe und die Legenester. Vati konnte es kaum glauben, dass ich sogar auf der ganzen Wiese die Eier suchen durfte.
Denn wenn ich erst einmal bei den Hühnern im Gehege war, tat der Hahn, als wäre es selbstverständlich, dass ich da war. Es machte mir viel Spaß, die vielen Eier in einem Korb zu sammeln und dabei versuchte ich, sie zu zählen. Doch verzählte ich mich immer, erstens weil ich noch nicht richtig zählen konnte und weil ich dem verrückten Hahn nicht ganz traute. Ich ließ den Hahn nie wirklich aus den Augen, man musste immer mit einem Hahnenangriff rechnen. Wie das ausgehen mag, wagte ich nicht zu denken.
Nun zu lieben Hofgesellen. Wunderschöne große wie auch kleine Gänse hatten wir. Die Gänse machten zwar immer einen langen Hals, dem ein schreckliches Gezische und Geschnatter folgte, aber wenn sie mich dann erkannten, hörten ihre Drohungen ganz plötzlich auf. Sie taten, als wäre nichts geschehen. Auch bei ihnen fand ich Eier, aber diese waren viel größer als Hühnereier. Mutti hatte mir erklärt, dass diese Eier nur zum Backen gebraucht werden oder manchmal gibt es daraus auch neue kleine Gänse.
Wie ich das nun wieder verstehen sollte, war mir jetzt egal. Wenn die kleinen Gänse da waren, freute ich mich immer sehr. Die Eier, die wir nicht selbst brauchten, wurden verkauft. Oft kamen Frauen mit ihren Körbchen auf unseren Hof. Sie kauften Enten- und Hühnereier, aber auch Obst und Gemüse.
Ich freute mich, dass ich immer dabei sein durfte, denn die Frauen streichelten mir oft über mein Haar und sagten, was bist du doch für ein fleißiges Kind. Ich war sehr stolz darüber, denn bei uns in der Familie gab es dieses Lob nur ganz selten.
Heute verbrachte ich mal wieder Zeit bei den kleinen Enten und Gänsen, sie kamen mit leisem Geschnatter auf mich zugelaufen, sie freuten sich, weil ich wieder etwas mitgebracht hatte. Einen Eimer Kükenfutter hatte ich immer dabei. Ich liebte alle unsere Tiere, war einmal eins krank, kümmerte ich mich so lange darum, bis es wieder gesund war.
Wie es einer Freundin heute ergehen sollte
Leider hat oft so viel Schönes auch Schattenseiten, so ein Tag war heute.
Vati hatte einen dicken Holzklotz vor unseren Schuppen gezogen, nanu, dachte ich, es ist doch kein Holz zum Hacken da, was will er wohl mit diesem Holzklotz heute anfangen? Ob ich mich davonschleichen soll, waren meine ersten Gedanken, ich hatte ein seltsames Gefühl in mir. Da hörte ich schon Vati rufen, du kannst mir helfen, lauf nicht weg. Er hielt mir eine Schüssel mit den Worten hin, halt die Schüssel schön fest, Mutti wird uns eine Suppe kochen. Was, dachte ich, Hackklotz, Schüssel, Messer, Suppe, was soll das, ich verstand nichts. Während ich noch staunend unverständlich dastand, hatte ich nicht bemerkt, dass Vati zu den Gänsen gegangen war.
Plötzlich sah ich in seinem Arm eine flatternde Gans. Vati stand vor dem Holzklotz, nahm die Gans zwischen seine beiden Beine, mit der einen Hand hielt er sie an ihrem langen Hals fest.
Die Gans war plötzlich ganz leise geworden, sie schnatterte nicht mehr, ich glaube, sie wusste mehr, als ich ahnen konnte. Aus meinem Erstaunen wurde ich wach, als Vati sagte, gib mir mal das Messer, halte die Schüssel fest, damit das Blut aus dem Kopf von der Gans nicht daneben läuft.
Plötzlich war ich hellwach, der Schreck über diese Worte war groß, meine liebe Gans, ging es mir durch den Kopf,