Ein verlorenes Paradies. Monika Dahlhoff
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Читать онлайн книгу Ein verlorenes Paradies - Monika Dahlhoff страница 6
Vor ihrem Haus war ein kleiner, wunderschöner Garten, den ich so liebte, doch jetzt hatte ich kein Auge für die schönen Blumen. Schreiend lief ich zur Haustüre, Tante Ida, Tante Ida, du musst kommen, Vati macht die Gänse tot, ich soll Blut fangen. Da bemerkte ich plötzlich, dass Tante Ida schon neben mir stand, sie arbeitete wie so oft in ihrem Vorgarten. Als ich sie sah, warf ich mich an sie, umklammerte sie fest um ihre Beine, ich war zu klein, um sie zu umarmen, ich weinte.
Tante Ida, liebe Tante Ida, Vati will eine Gans töten, ich soll das Blut auffangen, damit Mutti eine Suppe kochen kann, das darf er doch nicht, bitte, bitte, geh du zu ihm, sag ihm, dass ich lieber verhungern würde, aber die Gans soll nicht getötet werden. Weinend hatte ich mich nun an Tante Idas Schürze geklammert. Liebes Kind, beruhige dich, ich werde zu Vati gehen und sehen, was ich machen kann. Du wirst dich erst einmal hinsetzen, deine Tränen an deinem Schürzchen abwischen und mit Tante Gerda ein Stück Kuchen essen.
Tante Gerda war die Schwester von Tante Ida, sie lebten zusammen in diesem kleinen Häuschen. Das Häuschen sah aus wie ein kleines Hexenhäuschen, nur ohne Hexe, aber mit einem wunderschönen Blumengarten.
Doch das mit dem Kuchen ließ ich mir nicht zweimal sagen, mein Kummer war schnell vergangen. Später, als Tante Ida zurückkam, nahm sie mich in ihre Arme, sie wusste, wie neugierig ich war und fing an zu erzählen.
Weißt du, mein Kind, von den Gänsen muss auch einmal eine geschlachtet werden, sonst werden sie zu alt, das Futter wird zu teuer und ihr müsst ja auch was zu essen haben.
Sofort rief ich nein, ich will aber keine Gans essen, doch Tante Ida tat, als ob sie mich nicht gehört hätte, sie sprach einfach weiter. Die Zeiten sind noch sehr schlecht, mein Kind, man kann glücklich sein, einen solchen Gutshof, wie ihr ihn habt, zu haben, auf dem Tiere leben können, die man auch essen kann.
Dass dein Vater alles von dem Tier verwerten muss, das heißt, wenn er eine Gans schlachtet, muss das Blut von ihr in einer Schüssel aufgefangen werden, damit deine Mutti eine Suppe daraus kochen kann.
Weine nicht, mein Kind, du musst lernen, dass das Leben und der Tod oft sehr nah beieinander sind. Du willst doch auch leben? So musst du auch essen.
Die Tränen liefen immer noch über mein Gesicht, ich hatte mich bei all den Worten fest an Tante Ida gekuschelt. Als sie dann aufhörte zu sprechen, sagte ich bockig, ich werde aber keine Suppe essen.
Darauf antwortete die Tante nicht, sondern sagte, liebes Kind, lass uns wieder zu Mutti und Vati gehen, ich bringe dich nach Hause.
Als wir bei Vati ankamen, hing ich immer noch an Tante Idas Schürze. Ich rechnete mit einem Donnerwetter von Vati, doch da hörte ich die Worte von Tante Ida, die sie zu Vati sagte. Carl, du kannst doch nicht von einem kleinen Mädchen diese Arbeit verlangen, ruf mich, wenn du mich brauchst, dann werde ich dir helfen. Lange dauerte es, bis ich das, was da geschah, vergessen konnte, öfter liefen noch die Tränen.
Von der Blutsuppe mit geschlagenem Eischnee hatte ich nichts gegessen.
Ein neuer Freund
Vati tat ich nach der Sache mit der Gans doch leid. Er schenkte mir eines Tages ein kleines, schwarzes Kätzchen.
Da war aller Kummer verflogen, dieses Kätzchen sollte mir allein gehören, aber ich sollte gut für es sorgen, sagte Vati. Ja das wollte ich tun, denn nun hatte ich ein Tierchen für mich ganz alleine zum Liebhaben.
Da mir so schnell kein Name für das Kätzchen einfiel, sagte ich zu ihm, du sollst Kätzchen heißen, dabei blieb es auch, wir beide wurden von nun an unzertrennlich.
Mein Bruder Albrecht hatte sich zum Geburtstag ein Aquarium mit Fischen gewünscht, das er auch bekam. Das Aquarium durfte in der Küche auf einer Ecke von unserem Küchenarbeitstisch stehen. Mein Bruder gab sich alle Mühe, das Fischbecken mit schönen Wasserpflanzen, Steinen, Sand und vielen anderen Dingen auszustatten.
Er war stolz auf seine Fische mit dem schönen Aquarium. Wenn das Aquarium gesäubert werden musste, half ich ihm dabei. Mutti sagte eines Tages, legt doch eine Glasplatte auf das Becken, damit die Fische nicht rausspringen. Wir hielten das für einen Scherz, doch Mutti machte ein so ernstes Gesicht, als sie das sagte, dass wir ihr das glaubten. Lasst ein Stückchen frei auf dem Wasserbecken, dass die Fische Luft bekommen, sagte sie noch.
Wir hatten viel Freude mit den Fischen, aber diese Freude mussten wir bald teilen, denn mein Kätzchen war größer geworden und konnte schon auf den Tisch springen, auf dem das Aquarium stand. Es freute sich, wie wir, über das lustige Treiben der Fische. Mit ihren Samtfüßchen, die aber schon die Krallen ausstreckten, versuchte sie, die Fische zu fangen. Das machte mir viel Freude, ich sah es als Spiel. Doch als Mutti das sah, sagte sie, vergesst nie, die Glasplatte darüber zu decken, sonst habt ihr bald keine Fische mehr. Wir machten uns keine großen Gedanken, denn was soll eine Katze bei den Fischen? Wie wir wussten, sollen Katzen wasserscheu sein.
Doch mein Kätzchen meinte es anders. Oft sahen wir es bei den Fischen sitzen, hin und wieder versuchte es, durch die kleine Öffnung der Glasplatte zu angeln. Das sah sehr lustig aus, ob sie wohl mit den Fischen spielen wollte, dachte ich? Aber sie kam ja nicht dran.
Schicksal nimm deinen Lauf, eines Tages vergaß mein Bruder Albrecht nach dem Füttern der Fische die Glasplatte über das Becken zu legen, das musste mein Kätzchen mitbekommen haben, denn als wir wieder in die Küche kamen, war unser erster Blick zu den Fischen. Aber was war das? Kein einziger Fisch war mehr drin.
Und mein Kätzchen saß ganz friedlich neben dem Fischbecken. Mein Bruder und ich stritten um die Wette, wer wohl vergessen hatte, die Glasplatte drauf zu legen? Als Mutti kam, sagte sie zu Albrecht, hört auf zu streiten, deine Schwester ist noch zu klein, sie kann die Glasplatte nicht runtergenommen haben. Nun war es passiert, Kätzchen hatte alle Fische rausgeangelt und gefressen. Ich wollte mein Kätzchen bestrafen, doch Albrecht sagte, lass dein Kätzchen, es kann nichts dafür, ich hätte besser aufpassen müssen. Nun sahen wir erst, dass das Kätzchen ganz nass war von wegen wasserscheu, sie war bestimmt mit der Hälfte ihres Körpers im Aquarium gewesen, so nass wie sie war.
Als wir uns nun das Kätzchen ansahen mit dem nassen Fell, wie sie versuchte, mit ihren Pfötchen das Wasser von sich abzuschütteln, konnten wir uns nicht mehr halten vor Lachen. Ja, ja, sagte Mutti, ich habe es mir gedacht, entweder eine Katze oder Fische, doch ihr wolltet ja nicht auf meine Worte hören.
Mein Kätzchen und ich blieben weiter gute Freunde, wir waren unzertrennlich. Bis eines Tages, als es Winter geworden war, ich nach ihm rief, aber es kam nicht mehr. Ich weinte bitterlich, so oft ich es auch immer wieder rief, das Kätzchen blieb verschwunden. Was mit ihm passiert war, weiß ich bis heute nicht. Doch wenn ich an es dachte, weinte ich und hoffte, es wäre eines Tages wieder da. Aber es kam nie wieder.
Ein neuer Mitbewohner
So nun aber zu einem anderen Tier von unserem Hof, es war ein kleines Schweinchen. Es bekam wie alle unsere Tiere einen eigenen Stall. Ich durfte sogar mit ihm spielen. Wenn ich mit ihm spielen wollte, holte ich es aus dem Stall in einen kleinen Garten, in dem auch ein paar Hühner waren, damit das Schweinchen nicht