Sommer Krimi Koffer 2021 - 12 Romane. Alfred Bekker

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Sommer Krimi Koffer 2021 - 12 Romane - Alfred Bekker

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Platz bis zu den kleinen Bars und Tanzlokalen in den Bezirken manchmal nicht mehr zu unterscheiden.

      Doch diese Gedanken schob ich jetzt schnell ganz weit nach hinten. Ich musste mich auf meinen Auftritt in dieser Kneipe mit dem romantischen Namen ‚Knuff‘ konzentrieren.

      Michael Krawulke stand auf. Noch immer sagte niemand auch nur ein Wort und es war verdächtig still in dieser Pinte geworden.

      Er schob seinen Stuhl zurück, kam um den Tisch herum, blieb dicht vor mir stehen und stieß mir dann den ausgestreckten Zeigefinger gegen die Brust.

      "Hau ab, Schnüffler", sagte er scharf. "Polizisten haben hier nichts zu suchen."

      In meinem Magen bildete sich ein Klumpen tiefgefrorenen Eises aus. Ich hielt es für ausgeschlossen, dass jemand in diesem Ort und in diesem Kreis meinen Namen und meine Tätigkeit kannte.

      Ich war eigentlich Robert Raboi, Sonderermittler mit eigenen Methoden. Aber nicht für diese Männer. Sie mussten lernen, in mir Franky Steinfurt zu sehen. Wenn sie wussten, dass Franky tot war, hatte ich freilich keine Chance, meine Rolle zu Ende zu spielen.

      Aber war Franky Steinfurt wirklich tot?

      Für seinen Arbeitgeber war er einfach verschwunden.

      Plötzlich. Unerklärlich. Der beste Ingenieur der Stadt, der Mann, der viele Vorteile in sich bündelte und von allerhöchster Stelle ausgesucht wurde, um mit einigen anderen ein neues Flugzeug zu konstruieren.

      Eines, dass uns verboten war. Der Versailler Vertrag sah so etwas nicht vor, nachdem wir den Großen Krieg verloren hatten.

      Deshalb war ich hier. In einer Berliner Eckkneipe, die sich so schön ‚Knuff‘ nannte und nicht zum besten Viertel der Stadt gehörte. Aber das war Tegel eigentlich noch nie. Schon gar nicht mit dem "Strafgefängnis Berlin-Tegel" wie es seit ein paar Jahren hieß.

      Aber es gab neue Bestrebungen.

      Gustav Lilienthal hatte mit seiner Wohnsiedlung Freie Scholle den Anfang gemacht. Jetzt sollte das gute Alt-Reinickendorf sogar noch Erholungsgebiet für Groß-Berlin werden. Davon war in diesem Abschnitt mit den elenden Mietskasernen und stillgelegten Fabriken bislang wenig zu erkennen.

      Michael Krawulkes Bande bestand aus fünf vorbestraften, ausgekochten Burschen, aber nach dem mir zugänglichen Informationen gehörten sie weder einem der Ringvereine noch der Schwerkriminalität an. Es waren hartgesottene Burschen, die von mehr oder weniger krummen Geschäften lebten, Ladenüberfälle und Wohnungseinbrüche da inbegriffen. Ihre Aggressivität erschöpfte sich aber nur in gelegentlichen Prügelszenen. Mord hatte, wie mir von den zuständigen Behörden versichert worden war, niemals auf ihrer Liste gestanden.

      Das Verrückte war, dass Frank Steinfurt in diesem Haus gewohnt hatte. In der Mansarde. Etwa drei Wochen lang, betreut von seiner Freundin Erika Fuchs.

      Er war niemals ausgegangen. Er hatte sich praktisch in dieser Mansarde versteckt gehalten. Behutsame Recherchen hatten ergeben, dass niemand in diesem Viertel ihn jemals zu Gesicht bekommen hatte. Das schloss auch die Männer im Lokal ein. Nur deshalb hatte ich es wagen können, mich ihnen gegenüber als Franky Steinfurt auszugeben.

      Erika Fuchs, Steinfurts Freundin, war am 11. August tot aufgefunden worden.

      In einer kleinen Gasse, die nur wenige Minuten von hier entfernt lag. Bei der Überprüfung ihrer Mansardenwohnung hatte man nur noch feststellen können, dass Frank Steinfurt mit dem Fräulein darin gelebt hatte.

      Seit dem Tod von Erika Fuchs war Frank Steinfurt wie vom Erdboden verschluckt.

      "Du weißt nicht, was du redest", sagte ich zu Michael Krawulke und setzte eine ärgerliche Miene auf.

      "Du bist nicht Franky Steinfurt", erklärte er selbstsicher.

      "So?" fragte ich lauernd. "Kennen wir uns beide? Hast du schon mal mit mir gesprochen? Ich habe bis jetzt noch mit keinem von euch je zu tun gehabt — oder?"

      Ich versuchte lässig zu wirken, als ich mit meiner rechten Hand eine Bewegung machte und die Männer am Tisch einschloss.

      "Das stand in der Zeitung", höhnte er. Seine Augen verrieten einen lauernden Ausdruck, aber da war noch etwas anderes, eine winzige flackernde Unsicherheit.

      Einer der Männer rührte sich.

      "Daher hast du deine Weisheit bezogen. Was versprichst du dir von diesem idiotischen Auftritt? Steinfurt wäre niemals wie du in diese Kneipe gekommen. Niemals! Er war ein Phantom. Ein Mann, der die Menschen scheute. Nur Erika hat ihn gekannt — und die ist tot."

      "Ich weiß", sagte ich und schaute einen blassen, hageren Burschen an, der mich aus schmalen dunklen Augen musterte.

      "Du bist Ernst, ihr Bruder."

      Ernst Fuchs zog die Luft durch die Nase und hob das Kinn.

      "Ja", erwiderte er. "Ich bin Ernst. Ich bin der Mann, der Erikas Tod rächen wird. Mein Wort darauf."

      Die anderen schwiegen weiterhin. Sie hielten die Blicke gesenkt.

      Ernst Fuchs machte sich etwas vor. Er hatte einfach nicht den Mumm und die Fähigkeit, seine Worte in die Tat umzusetzen. Als einziger der fünf war er an den Suff geraten. Es gab kaum noch Stunden, wo er richtig nüchtern war. Er hatte sehr an seiner Schwester gehangen. Ihr Tod hatte ihn zum Trinker werden lassen.

      "Wenn du Steinfurt bist", sagte er in der langsamen, etwas schwerfälligen Art eines Mannes, der Mühe hat, seine Zunge zu kommandieren, "wirst du mir auch sagen können, warum sie sterben musste. Hast du es getan?"

      "Nein", sagte ich fest und ohne zu zögern.

      "Sprich nicht mit ihm", fuhr Michael Krawulke dazwischen.

      "Dieser Kerl ist ein Simulant. Entweder ist er ein Polizist, der uns auszuquetschen will, oder einer von diesen oberschlauen Reportern, die Futter für ihre Schlagzeilen suchen."

      Er schlug ganz plötzlich zu. Ich hatte ihn wohl doch unterschätzt. Sein linker Haken streifte mich noch am Kinn, obwohl ich reflexartig zurück zuckte. Ich geriet ins stolpern. Er setzte nach und traf mit der Rechten meine Deckung.

      Ich konterte und mein Treffer machte ihn wütend. Er ging mit beiden Fäusten auf mich los, aber das war, als liefe er in ein offenes Messer.

      Ich deckte ihn mit kurzen, trockenen Haken ein. Die anderen waren aufgesprungen, aber keiner kam auf die Idee, in den Kampf einzugreifen.

      Ich erwischte Krawulke voll am Kinn. Er kippte über einen Stuhl und ging mit dem Sitzmöbel zu Boden.

      Doch er kam wieder auf die Beine.

      Michael Krawulke hatte Fäuste wie Dreschflegel, aber ich gab ihm keine Chance, die nächste Runde zu gewinnen. Er hatte vermutlich längst begriffen, dass er auf verlorenem Posten stand, aber er war einer von diesen dickköpfigen Burschen, die niemals aufgeben. Ich ließ ihn kommen. Solange die anderen sich nur als neugierige und verblüffte Zuschauer betätigten, bestand für mich keine Gefahr. Und diese wurden weniger – denn der Raum leerte sich. Nicht jeder wollte in eine Kneipenschlägerei hineingezogen werden.

      "Schwein!", keuchte

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