Sommer Krimi Koffer 2021 - 12 Romane. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу Sommer Krimi Koffer 2021 - 12 Romane - Alfred Bekker страница 67
Ich hastete im Dunkel des Hausflures bis zum Hofausgang, kletterte über einen Zaun, gelangte auf das Nachbargrundstück und eilte um das ebenfalls leerstehende Gebäude herum auf die Straße.
Obwohl ich kaum eine Minute zur Durchführung dieses Manövers benötigt hatte, war Frank Steinfurt wie vom Erdboden verschluckt. Ich zögerte, dann gab ich mir einen Ruck und sprintete in langen Sätzen über die Fahrbahn. Ich tauchte im Schatten eines Hauseingangs unter und blieb stehen.
Stille.
Auf der Straße war keine Menschenseele zu entdecken. Im Haus schräg gegenüber waren ein paar Fenster erleuchtet. Hinter den geschlossenen Vorhängen zeigte sich kein Schatten. Es gab keinen Zweifel, dass die Bewohner die Schüsse gehört haben mussten, aber anscheinend hielten sie es für klüger, die Ballerei einfach zu ignorieren.
Obwohl es mich danach drängte, den Schützen hopszunehmen, war es im Grunde sehr viel wichtiger, Frank Steinfurt nicht aus den Augen zu verlieren. Ich hörte, wie in einer nahen Seitenstraße ein Motor aufheulte. Der Wagen entfernte sich mit radierenden Reifen. Es blieb mir überlassen, das Fluchtauto in meiner Phantasie mit Frank Steinfurt oder den unbekannten Schützen zu besetzen.
Ich pirschte mich an das Haus heran, aus dem die Schüsse gekommen waren, zog Frank Steinfurts Pistole aus der Tasche und schwang mich durch eines der Fenster ins Innere. Behutsam inspizierte ich einen Raum nach dem anderen. Das von draußen hereinfallende Laternenlicht erhellte kaum die Ecken der Zimmer, so dass ich, um nicht zur Zielscheibe zu werden, nur äußerst langsam vorgehen durfte.
In einem der Räume entdeckte ich auf dem Boden zwei Geschoßhülsen. Der Schütze besaß also einen Revolver. Ich steckte die Hülsen ein, schob die Pistole in den Hosenbund und machte mich auf den Rückweg.
18
Ich betrat die Kneipe. Sie war leer.
"He, Wirtschaft!", rief ich.
Der Filzvorhang bewegte sich. Der Wirt tauchte auf.
"Ach, du bist’s", sagte er. Es klang enttäuscht.
"Jetzt nehme ich einen Whisky", sagte ich. "Mit Soda."
Er griff zur Flasche. "Hast du die Knallerei gehört?"
"Ja."
"Was ist denn passiert?"
"Keine Ahnung. Hast du die Polizei informiert?"
Er schaute mich an, als hätte ich etwas schrecklich Blödes gesagt. "Die Polizei? Weshalb hätte ich sie denn anrufen sollen?"
"Schon gut", winkte ich ab. "Nächtlicher Feuerzauber gehört hier anscheinend zum guten Ton."
"So schlimm ist’s nun auch wieder nicht. Eis?"
"Ja, zwei Würfel."
Er holte das Gewünschte mit den Händen aus der Kühlbox und warf die Brocken in mein Glas. Ich genehmigte mir einen Schluck. Der Whisky war gut.
"Wenn ich so ’n Fräulein wie du hätte, würde ich' sie nicht auf mich warten lassen", sagte er grinsend.
Sein Grinsen gefiel mir nicht, aber ich hatte keine Lust, mich damit zu beschäftigen. Ich zahlte den Whisky, nippte nochmals an meinem Glas und sagte: "Ich habe was herausgefunden. Siegfried ist beraubt worden."
"Um was denn?", höhnte der Wirt. "Um seinen alten Hut?"
"Um tausend Mark."
Der Wirt lachte dröhnend. "Wer hat dir denn diesen Bären aufgebunden?", wollte er wissen.
"Der Typ, den ihr Eimer nennt, hat das Geld gestern Morgen in Siegfrieds Brieftasche gesehen."
"Tatsächlich?", murmelte der Wirt.
"Ja. Aber da ist noch etwas. Siegfried hat eine Flasche vom besten Whisky gekauft. Die Buddel, die oben hinter der Badewanne liegt, dürfte also kaum sein letzter Trunk gewesen sein. Die hat man nur dort platziert, damit es so aussieht, als hätte er sich mit seinem billigen selbstgemachten Fusel totgesoffen."
"Du glaubst also, er sei ermordet worden?"
"Ja, das glaube ich — und damit fällt auch mein schöner Plan ins Wasser. Ich habe keine Lust, in einen weiteren Mord verwickelt zu werden."
"Du willst die Polizei informieren?"
"Ich sehe keine andere Möglichkeit."
"Ich überlasse es dir, was du machst, aber halte mich da raus, bitte. Ich erwarte, dass du unser Gespräch über den Toten mit keiner Silbe erwähnst."
"Woher kann er das Geld bekommen haben?"
"Wer? Siegfried? Keine Ahnung! Ich würde es dir sagen, wenn ich es wüsste. Ich verstehe nicht mal, wie jemand so blöd gewesen sein kann, Siegfried Geld zu geben. Und warum? Tausend Mark für so jemanden! Das geht nicht in meinen Kopf hinein, das schmeißt mich wirklich um."
Ich nickte, nahm einen weiteren langen Schluck aus dem Glas und ging dann nach oben in die Mansarde. Ich klingelte. Niemand öffnete. Hatte Karla sich schon hingelegt? Ich klingelte nochmals. Ohne Erfolg.
In meiner Magengrube breitete sich ein hässliches Gefühl aus. Mir fiel ein, dass ich den Wohnungsschlüssel in der Tasche hatte. Ich öffnete die Wohnungstür und betrat die Diele.
"Karla!", rief ich.
Niemand antwortete. Ich blieb ruhig stehen und lauschte einen Moment.
Nichts.
Ich öffnete die Wohnzimmertür vorsichtig. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, oder ob sie mir entgegenkam, oder ob dem Fräulein etwas passiert war – trotz ihrer Ausbildung.
Alles