Sommer Krimi Koffer 2021 - 12 Romane. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу Sommer Krimi Koffer 2021 - 12 Romane - Alfred Bekker страница 62
Nachdem er gegangen war, sprach ich mit Karla. Sie hatte alles mitgehört.
"Wir werden tun, was er vorgeschlagen hat", sagte ich.
"Die Polizei kann den Toten dann aus einem der Nachbarhäuser holen, wenn die Leiche überhaupt schnell gefunden wird. Wenn sich herausstellen sollte, dass Siegfried eines mehr oder weniger normalen Todes gestorben sein sollte, hat sich die Sache für uns erledigt. Auf jeden Fall entgehen wir damit der Gefahr, von hier verschwinden zu müssen."
Dann schaute ich mir das Türschloss an.
"Komisch", sagte ich. "Keine Kratzer, keine Anzeichen von Beschädigung. Ich habe den Eindruck, dass es immer nur mit dem dafür passenden Schlüssel geöffnet wurde."
"Woher hätte er ihn haben sollen?", fragte sie.
"Von Frank Steinfurt?"
"Kaum", erwiderte ich. "Ich glaube auch nicht, dass Siegfried sich hier oben totgesoffen hat."
"Aber möglich wäre es doch, nicht wahr?"
Wir kehrten ins Badezimmer zurück.
Ich umfasste die Schnapsflasche behutsam mit einem Tuch und schnupperte daran.
"Da war starker Fusel drin", sagte ich und verzog das Gesicht.
"Damit konnte man einen ausgewachsenen Gaul in die Knie zwingen."
"Na, bitte", sagte Karla.
"Was ich sage, beweist gar nichts", schränkte ich ein.
"Ist reine Spekulation." Ich stellte die Flasche zurück. "Außerdem wäre noch festzustellen, ob Siegfried sich den Fusel selber brannte oder ob er ihn geschenkt bekam."
"Sie glauben, es könnte jemand geben, der ihn bewusst... vergiftet hat?"
"Das ist nicht auszuschließen."
"Da muss ich mich den Worten des Wirtes anschließen. Ich sehe kein Motiv für die Tat. Wenn Siegfried ein Penner war, hatte der Mörder nichts zu gewinnen."
"Es sei denn, Siegfried wusste etwas."
"Zum Beispiel?"
"Keine Ahnung. Aber gerade, weil Siegfried ein Penner war, der überall herumschlich, dürfte er manches gesehen und gehört haben, was nicht für seine Ohren bestimmt war. Vielleicht kannte er Frank Steinfurt. Oder er hat gesehen, wer Erika Fuchs ermordet hat..."
Karla spitzte die Lippen. "Das ist richtig. An diese Möglichkeit habe ich nicht gedacht."
"Ich sage nicht, dass es so war, aber wir müssen diese Dinge in unsere Überlegungen einbeziehen."
"Ich sehe da eine weitere Gefahr..."
"Nämlich?"
"Was ist, wenn man uns eine Falle stellen will? Vielleicht kreuzt die Polizei genau in dem Augenblick auf, wo Sie versuchen, den Toten aus dem Haus zu schaffen..."
"Das wäre kein Problem", erwiderte ich und sagte ihr, zu welcher Übereinkunft ich mit dem direkten Kontaktmann zu Weiß gekommen war.
"Natürlich muss ich ihn davon unterrichten, was wir vorhaben. Ich gehe nochmals zur Post."
"Muss ich immer noch hierbleiben?"
"Es ist besser so. Diesmal wird es ein bisschen länger dauern. Ich habe vor, Michael Krawulke einen kurzen Besuch abzustatten. Ich möchte wissen, ob Steinfurt die Schlüssel mitgenommen hat. Außerdem möchte ich feststellen, wie Michael auf die Nachricht von Siegfrieds Tod reagiert."
16
Eine Viertelstunde später — das Telefongespräch hatte ich bereits hinter mir — stand ich in der vierten Etage eines tristen Mietshauses vor Michael Krawulkes Wohnungstür und klingelte. Im Treppenhaus roch es nach Bohnerwachs. Und angebranntem Essen.
Und schlicht und einfach nach Armut. Auch die hat ihren eigenen Geruch. Ich kannte ihn zu Genüge.
Ein rothaariges, etwa neunzehnjähriges Mädchen öffnete mir. Sie war sommersprossig und blauäugig und auf eine etwas jungenhafte Art ganz hübsch. Bekleidet war sie mit einer Leinenhose und einem weißen Hemd.
"Sie wünschen?", fragte sie.
"Ich möchte zu Michael."
"Er will jetzt nicht gestört werden."
"Sagen Sie ihm, es sei dringend."
"Wer sind Sie?"
"Franky", sagte ich. "Er weiß schon Bescheid."
Im Hintergrund des schmalen, dunklen Flures öffnete sich eine Tür. Michael kam herangeschlurft. Sein Oberkörper war nackt und sein Haar zerzaust.
"Was gibt’s?" fragte er. "Ach, du bist’s. In Ordnung, Linda. Er kann hereinkommen."
Das Mädchen verschwand irgendwo in den Tiefen des Flurs, und Michael Krawulke führte mich in ein riesiges, aber nur spärlich möbliertes Zimmer. Auf dem großen runden Tisch, der genau in der Mitte stand, entdeckte ich die Reste einer Mahlzeit.
Michael Krawulke blieb stehen, kratzte sich an der stark behaarten Brust und fragte mich: "Was gibt’s?"
Ich setzte mich rittlings auf einen Stuhl und schaute zu Krawulke hoch. "Kennst du Siegfried? Siegfried, den Penner?"
"Ja. Was ist mit ihm?", fragte er verdutzt.
"Was