Sommer Krimi Koffer 2021 - 12 Romane. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу Sommer Krimi Koffer 2021 - 12 Romane - Alfred Bekker страница 76
"Verstehe. Ihre Aufgabe bestand und besteht lediglich darin, Agenten ungesehen aus oder in das Land zu bringen."
"So könnte man es erklären", sagte Eimer zufrieden. Er wirkte gelockerter, weniger gespannt, aber das bedeutete nicht, dass seine Konzentration nachgelassen hatte. Sein Finger lag immer noch am Druckpunkt, und die Revolvermündung, die auf mein Herz zielte, hatte nichts von ihrer stummen Drohung verloren.
"Für welches Land arbeiten Sie?"
"Nicht für ein Land", sagte er. "Für eine Organisation. Ich leite den Stützpunkt Berlin."
"Wie kommt es, dass Sie sich dafür keine Hafenstadt ausgesucht haben?"
"Weil die Hafenstädte zu sehr überwacht werden", sagte Weissner.
"Erika musste wohl noch aus einem anderen Grund sterben", erklärte ich.
"Sie wollten damit Michael Krawulkes Leute warnen, die, wie ich annehme, eine ganze Menge von Ihrem Geschäft wussten oder ahnten..."
"Ach, wissen Sie — auf Michael ist Verlass. Der steht bei mir in der Kreide, der kann es sich nicht leisten, gegen mich Front zu machen. Das gleiche gilt für seine Freunde."
"Sie haben Michael und seine Freunde fast mit väterlicher Güte behandelt", spottete ich. "Wenn einer Ihrer Agenten und Verräter das Land verließ und nicht alles mitnehmen konnte, schenkten Sie die zurückgebliebenen Sachen großzügig weg. Michael Krawulke zum Beispiel erhielt die Anzüge dieser Männer. Nicht alle davon passten ihm sonderlich gut, aber das hielt ihn nicht davon ab, sie in seinen Kleiderschrank zu hängen und sich wie ein wohlhabender Mann zu fühlen. Und irgendwann kann man das Zeug ja noch gut auf einem der zahlreichen Schwarzmärkte verkaufen. Schließlich brechen die Leute ja schon tagsüber in die Wohnungen ein und erbeuten kaum mehr als ein paar solcher Anzüge."
"Ich hätte das Zeug verbrennen sollen", murmelte Eimer. "In Zukunft werde ich noch vorsichtiger sein müssen. Geben Sie endlich zu, Wolfgang ausgetrickst zu haben! Sie haben ihn erschossen, nicht wahr?"
"Nein."
"Ein anderer kommt für die Tat nicht in Betracht..."
"Das", sagte ich langsam, "war auch die Erwägung des Mörders. Er schoss, weil er glaubte, dass Krauses Tod mir angekreidet werden würde."
Ich sah, wie es in Weissner arbeitete. Seine Lippen bewegten sich, aber er äußerte kein Wort.
"Denken Sie doch einmal nach", höhnte ich. "Es gibt ein paar Leute, die sich geschworen haben, Erikas Tod zu rächen. Franky Steinfurt zum Beispiel. Oder Ernst, Erikas Bruder..."
"Ernst? Das ist ein Schlappschwanz! Der kommt für so etwas nicht in Frage", erklärte Weissner.
"Sie unterschätzen die sogenannten Schlappschwänze. Jeder von ihnen muss sich einmal im Leben beweisen, dass er über seinen Schatten springen kann."
"Nein", murmelte er. "Es war Franky. Dieser Scheiß-Franky!"
"Ihr Pech, was?", höhnte ich. "Sie können ihn dafür nicht bestrafen. Franky Steinfurt ist für Ihre Auftraggeber von höchster Wichtigkeit."
"Stimmt. Wir brauchen ihn. Aber auch er bekommt seine Strafe", sagte Weissner. "Diesen Mord an Wolfgang lasse ich ihm nicht durchgehen."
"Was haben Sie vor?", fragte ich. "Was wollen Sie mit Steinfurt anstellen?"
Weissner zuckte mit den Schultern. "Steinfurt glaubt immer noch, er könnte hierbleiben. Im Lande. Aber das erlaube ich ihm nicht."
"Wollen Sie ihn entführen lassen?"
"Steinfurt war mit seiner Ausreise einverstanden, vergessen Sie das nicht. Dann lernte er Erika kennen. Die beiden verliebten sich ineinander und wollten heiraten, das warf seine und unsere Pläne über den Haufen. Verdammt noch mal, kein Mensch hätte etwas gemerkt — und auch Erika könnte noch leben —, wenn dieser Idiot seine Gefühle besser im Griff gehabt hätte."
"Gefühle lassen sich nicht vergewaltigen, Weissner", sagte ich.
"Wir besorgten Steinfurt neue Papiere, um sicherzustellen, dass er bis zur Ausreise im Untergrund leben kann und bei einer eventuellen Razzia nicht geschnappt wird. Wir taten alles, um gewisse Probleme in seinem und unserem Sinn zu lösen... Aber was geschah? Dieses Rindvieh bildet sich ein, als großer Rächer auftreten zu müssen!"
"Ich bin immer noch nicht sicher, ob er es war, der Wolfgang Krause tötete."
"Ich bleibe dabei. Ernst hat mit der Sache nichts zu tun", sagte Weissner bestimmt.
Ich sah die winzigen Schweißperlen auf seiner Stirn. Theodor Weissner war ein skrupelloser Geschäftsmann, der vor nichts zurückschreckte, aber ich hatte den Eindruck, dass er diesmal überfordert war. Die Situation zwang ihn zu einer Handlung, die er gern einem Mann wie Wolfgang Krause überlassen hätte.
Weissner war klar, dass er mich töten musste. Trotzdem schreckte er immer noch davor zurück, abzudrücken. Die Erkenntnis, dass er am Ende seiner kriminellen Karriere gezwungen war, zu töten, war fast mehr, als er verkraften konnte.
"Ich danke Ihnen für die Erklärungen", sagte ich. "Sie helfen mir weiter, aber sie überraschen mich nicht. Jetzt muss ich nur noch wissen, wo Sie Karla versteckt halten."
Er blinzelte, als sei ihm Rauch in die Augen gestiegen. Dann lachte er kurz und höhnisch. "Sie haben Ihre Nerven gut in der Gewalt und sind kein übler Schauspieler", sagte er. "Aber Sie irren sich, wenn Sie meinen, mich mit Ihrem selbstbewussten Auftreten austricksen zu können. Sie stehen auf verlorenem Posten und wissen es!"
"Sehen Sie, Weissner... Ich bin ein Mann, der es gelernt hat, in kniffligen Situationen rasch zu handeln. Ehe ich nach Krauses Tod zu Ihnen kam, telefonierte ich mit der Polizei."
"Das glaube ich Ihnen nicht..."
"Rufen Sie Michael Krawulke an", spottete ich. "Ihren guten Freund Michael! Sprechen Sie mit Linda. Das Fräulein war dabei, als ich mit dem Polizeichef sprach."
"Das ist schon wieder ein Bluff", sagte Weissner schwer atmend.
"Ich muss zugeben, dass ich Sie nicht sofort verdächtigte", sagte ich. "Ihr Hinweis auf das Geld, das Sie in Siegfried Hoffmanns Brieftasche gesehen hatten, war ein Alibi für Sie. Das gleiche galt für den Whiskykauf, von dem Sie mir berichteten. Erst hinterher wurde mir klar, dass Sie sich damit einen besonders geschickten Schachzug geleistet hatten. Dazu die Tropfsteinhöhle als Ort, von dem aus Sie Ihre Fäden ziehen konnten. Ein alter, schrulliger Tabakverkäufer mit feuchten Zeitungen. Eine Bruchbude, vollgestellt mit Eimern und schimmelnden Tapeten. Und Ihre Flucht nach vorn ließ Sie zunächst ganz unverdächtig erscheinen."
"Jetzt wissen Sie es besser, aber das hilft Ihnen nichts mehr", presste er durch die Zähne. Ich sah, dass die Schweißperlen auf seinem Gesicht größer wurden. Eine davon löste sich und lief im Zickzack von seiner Schläfe über die Wange.
"Wollen Sie es riskieren, dass unmittelbar nach dem Schuss die Inspektion A an Ihrer Tür klingelt?", fragte ich.
"Sie bluffen!"
"Warten Sie es ab", sagte ich.