Sommer Krimi Koffer 2021 - 12 Romane. Alfred Bekker
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Ich stoppte, als ich den Hauseingang betreten hatte. Tiefe Dunkelheit hüllte mich ein. Es roch auch hier nach Moder und Verfall, kaum besser als in Weissners Laden. Kein Laut war zu hören. Die Polizeipfeifen waren verstummt.
"Kommen Sie heraus, Steinfurt", sagte ich.
Stille.
"Weissner und Krause sind tot", sagte ich.
Ich hörte tastende Schritte. Sie kamen näher.
"Folgen Sie mir auf die Straße", sagte ich.
Steinfurt gehorchte.
"Was wollten Sie von Ernst?" fragte ich.
"Mich bedanken."
"Für die beiden Morde?"
"Ja", sagte Franky Steinfurt. "Er hat sie mir praktisch abgenommen. Jetzt bin ich ganz ruhig. Ich kann wieder frei atmen."
"Warum sind Sie dann vor mir davongelaufen?"
"Ich weiß es nicht. Es war eine Reflexbewegung. Wenn man wie ich gelernt hat, im Untergrund zu leben, fühlt man sich ständig auf der Flucht."
"Gehen wir", sagte ich.
24
Was nun die blonde Karla erlebte, erfuhr ich natürlich erst viel später. Ich erzähle es schon an dieser Stelle, weil es so in meine Geschichte passt.
Karla Klausner war müde, aber sie wusste, dass sie keinen Schlaf finden würde. Das Warten war ebenso schlimm wie die starke Glühbirne, die von der Decke des fensterlosen Kellerraums herabbaumelte und für ein hässliches, kaltes Licht sorgte.
Der Raum war nur mit einem alten Bettgestell möbliert, auf dem eine fleckige Matratze und eine Wolldecke lagen. Die Tür war aus solidem Eisenblech. Sie hatte kein Schloss und war von außen verriegelt worden.
Als Schritte ertönten, erhob sich Karla. Sie näherte sich der Tür und erinnerte sich der vielen Judotricks, die sie gelernt hatte. Es musste klappen. Sie musste es schaffen, sich zu befreien.
Der Riegel quietschte, die Tür öffnete sich.
"Hallo", sagte der Mann, der grinsend auf die Schwelle trat. "So allein?"
"Sehr witzig", sagte Karla. "Was soll der Quatsch? Warum haben Sie die Pistole mitgebracht, Michael?"
"Um sicherzugehen, dass Sie keinen Unsinn machen", spottete er.
"Leute Ihres Kalibers bekommen eine gründliche Ausbildung, nicht wahr?"
"He, wovon reden Sie überhaupt? Stecken Sie mit den Ganoven, die mich hier eingesperrt haben, unter einer Decke?"
"Ja und nein", antwortete Michael Krawulke. "Mit Ihrer Entführung habe ich nichts zu tun. Das hat, wie Sie wissen, Wilhelm Krause besorgt..."
"Der Kerl hat sich mir nicht vorgestellt", erwiderte Karla unwirsch.
"Das kann ich mir denken. Er ist übrigens tot."
"Tot?", murmelte Karla und setzte sich auf den Bettrand.
"Mausetot", nickte Michael Krawulke. "Ernst hat ihn umgelegt."
"Ernst Fuchs?"
"Ja. Ich habe ihn niemals richtig ernst nehmen können. Er hat mir gezeigt, wie sehr ich mich irrte."
"Warum erzählen Sie mir das?"
"Nur immer langsam, Mädchen. Ich bin noch nicht fertig. Auch Eimer hat ins Gras beißen müssen."
"Wer ist Eimer?"
"Eimer Theodor Weissner, der Chef der Organisation. Der Mann, der Erikas Tod veranlasste und der auch Siegfrieds Ermordung anordnete."
"Wie interessant", murmelte Karla Klausner.
"Nur für Sie. Ihr Kollege hat es bereits zur Kenntnis genommen", sagte Michael Krawulke.
"Robert?", entfuhr es Karla Klausner.
"Ja, Robert. Sie sind verknallt in ihn, was?", höhnte er.
"Ich will wissen, was Sie vorhaben und auf welcher Seite Sie stehen!"
"Auf meiner eigenen. Könnte ich auf einer anderen stehen? Weissners Tod wirft für mich und meine Freunde eine Menge Probleme auf. Rabois Erfolge bringen mich in eine heikle Lage. Jetzt wird herauskommen, dass wir Weissner zwar nicht gerade aktiv unterstützt haben, dass wir aber immerhin Mitwisser waren..."
"Ihr Pech", meinte Karla Klausner.
"Nein, nein... Wenn wir von Pech reden, müssen wir erst einmal an Sie denken."
"An mich?"
"Sicher", grinste er. "Sie werden mir aus der Klemme helfen."
"Wie stellen Sie sich das vor?"
"Das hängt davon ab, wie hoch Sie Ihren Kurswert veranschlagen", sagte Michael Krawulke.
Karla Klausner dämmerte es, worauf er hinauswollte. Sie schwieg.
"Hunderttausend?", fragte er grinsend. "Nein, damit täte man Ihnen Unrecht. Sie wollen gewiss nicht, dass man Sie unter Wert verkauft!"
"Ich bin nicht käuflich."
"Hier irren Sie sich. Jedes Menschenleben hat einen gewissen Preis. Bei einer Kriminalbeamtin wie Ihnen würde ich meinen, dass man bereit ist, mindestens eine das Doppelte auszuspucken. Ohne großes Trara, ohne den üblichen Rummel. Denn dem Polizeipräsidenten kann unmöglich daran gelegen sein, diese Geschichte an die große Glocke zu hängen und damit in der Öffentlichkeit zu verbreiten, dass es Kriminalbeamte