Sommer Krimi Koffer 2021 - 12 Romane. Alfred Bekker

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Sommer Krimi Koffer 2021 - 12 Romane - Alfred Bekker

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Theodor Weissners Gesicht verzog sich zu einem Grinsen.

      "Sie kämpfen um Minuten. Um Ihr Leben, um genau zu sein. Da zählt jede Sekunde, nicht wahr? Aber Sie haben Pech, Raboi. Sie müssen sterben."

      Vor dem Haus bremste ein Wagen. Ich lächelte matt.

      "Wirklich?", fragte ich.

      Weissner fuhr sich mit dem Handrücken der Linken über das schweißnasse Gesicht. "Das wird einer von den Hausbewohnern sein", sagte er.

      Die Sekunden, die in den Raum tropften, zerrten an seinen und meinen Nerven.

      Dann hämmerten Fäuste gegen die Eisentür. Theodor Weissner schluckte.

      "Das besagt noch gar nichts", murmelte er. "Die Leute aus der Straße wissen, dass ich oft bis spät in die Nacht hier unten sitze. Wenn sie etwas brauchen, machen sie sich auf diese Weise bemerkbar."

      "Sie sitzen in der Patsche, Weissner", sagte ich.

      "Sie schaffen es nicht, den Spieß umzukehren", meinte er schwer atmend. "Drehen Sie sich um! Los — oder ich drücke ab."

      Das gefährliche, fast hysterisch anmutende Flackern in seinen Augen signalisierte höchste Alarmstufe. Ich konnte es mir nicht leisten, seine schwachen Nerven noch weiter zu strapazieren. Ich tat schweigend, was er von mir verlangte.

      Weissner trat von hinten dicht an mich heran. Ich ahnte, was mich erwartete, und spannte die Muskeln, um dem betäubenden Schlag trotzen zu können. Die Waffe knallte gegen meine Schläfe. Ich sah Sterne vor meinen Augen und fühlte, wie eine heftige Übelkeit aus meinem Magen in die Kehle schoss. Weissner schlug erneut zu. Ich brach in die Knie. Eine Explosion von Schmerz und Feuer bildete die Schwelle zur Ohnmacht, danach fiel alles in sattes Dunkel zurück. Ich wurde bewusstlos.

      Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf dem übelriechenden dunkelgrünen Linoleumboden von Weissners Büro, hatte den unangenehmen Geruch von Zigarrenrauch und verschimmelten Tapeten in der Nase, dazu der Gestank vom Fußbodenbelag, der sich unter der ständigen Feuchtigkeit schon gewellt hatte. Ich wälzte mich auf den Rücken und bemühte mich, Ordnung in meine Gedanken zu bringen. Meine Erinnerung setzte ein. Ich schüttelte den Kopf und kam behutsam auf die Beine.

      Weissner war verschwunden. Ich hatte einen scheußlichen Geschmack im Mund.

      Wasser!, dachte ich. Ich muss etwas trinken, ich muss diesen Reizgeschmack loswerden, alles andere hat Zeit! Mir war zumute, als seien meine Knie mit Pudding gefüllt. Ich hielt mich ein paar Sekunden lang am Schreibtisch fest, dann wankte ich zur Tür.

      Im Korridor brannte Licht. In der Nähe der halb offenstehenden Eisentür lag Theodor Weissner und rührte sich nicht. Ich erreichte ihn mit wenigen Schritten und drehte ihn behutsam auf die Seite. Ich wollte etwas sagen, sah aber sofort, dass das keinen Sinn hatte. Tote hören nicht.

      23

      Ich betrat den Hausflur. Niemand war zu sehen. Von oben kamen undeutliche Geräusche, es war die Musikkulisse der im Hause laufenden Radiogeräte und eines scheppernden Grammophons. Ich blickte nochmals über meine Schulter.

      Weissner war erschossen worden. Die Einschusswunde lag in der Höhe seines Herzens. Er hatte kaum Blut verloren. Die Waffe, mit der er mich zusammengeschlagen hatte, klemmte noch in seiner zusammengekrampften Hand.

      Ich unterdrückte den fast krankhaft anmutenden Wunsch nach Wasser und eilte die Treppe hinauf. In der dritten Etage fand ich an einer Tür, von der der Lack abblätterte, eine schmutzige Visitenkarte mit dem Aufdruck: "Ernst Fuchs."

      Ich klingelte. Niemand öffnete. Ich wiederholte das Klingeln. Nach einigen Sekunden ertönten hinter der Tür schlurfende Schritte. Die Tür öffnete sich. In ihrem Rahmen zeigte sich Erikas Bruder. Er war im Pyjama und hatte zerzaustes Haar.

      "Verdammt, was ist?", fragte er. "Weshalb klingelst du mich aus dem Schlaf?"

      Ich stieß ihn zur Seite und eilte in die Wohnung, ohne seine lautstarken Proteste zu beachten. Im Schlafzimmer war das Bett zerwühlt. Ich legte eine Hand auf das Laken und unter die zusammengeschobene Bettdecke. Dann wandte ich mich Ernst zu. "Das Bett ist kalt", stellte ich fest. "Du hast es noch nicht benutzt." Er starrte mich an. "Ich bin im Wohnzimmer eingeschlafen, auf dem Sessel", sagte er. "Irgendwelche Einwände?"

      "Ja", sagte ich. "Du wolltest mich verschaukeln."

      "Was ist los mit dir?", fragte er.

      "Du behandelst mich wie einen Feind. Ich denke, wir sitzen im gleichen Boot? Du und ich — wir wollen doch den Tod meiner Schwester rächen, stimmt’s?"

      "Sühnen", stellte ich richtig. "Aber ehe wir weiterreden, sollte ich klarstellen, dass ich nicht Franky Steinfurt bin und dass es sinnlos geworden ist, die Komödie fortzuführen. Mein Name ist Raboi, Robert Raboi. Ich bin Sonderermittler der Berliner Polizei."

      "Dann", murmelte er, "ist es wohl nicht sehr zweckmäßig, das Duzen fortzusetzen."

      "Erraten", sagte ich.

      "Okay, Schnüffler", höhnte er. "Jetzt sind die Fronten geklärt. Michael hatte also recht. Sie sind ein Schnüffler. Na und? Ich kann nicht recht einsehen, was das alles mit mir zu tun haben soll. Sie suchen Erikas Mörder? Ich bin damit einverstanden. Ich werde keine Ruhe haben, bis er gefunden ist. Sie kennen meinen Schwur..."

      "Ich weiß", sagte ich. "Sie haben ihn inzwischen erfüllt. Sie haben Weissner und Krause getötet."

      "He?", stieß er hervor.

      "Ich muss telefonieren", sagte ich und ging ins Wohnzimmer. Ernst Fuchs folgte mir. Als ich nach dem Telefonhörer griff, wandte ich dem Wohnungsbesitzer den Rücken zu. Ich wusste, wie gefährlich das war, aber ich hatte nur dann eine Chance, Fuchs aus der Reserve zu locken, wenn ich es schaffte, ihn zu provozieren.

      "Weissner hat mir vor seinem Tode alles brühwarm erzählt", sagte ich und drehte die Kurbel. "Ich weiß jetzt Bescheid. Ich kenne den Menschenschmuggel, den er betrieb, und ich weiß, welche Rolle Sie und Michael Krawulke mitsamt seinen Freunden dabei spielten..."

      Das

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