Zweitsommer. Isolde Kakoschky
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Zweitsommer - Isolde Kakoschky страница 10
»Wenn wir dort vorne weiter gehen, kommen wir in das Dorf, wo wir vorhin durchgefahren sind.«
»Na gut, dann also dort vorne weiter«, akzeptierte Berit die Route. Erwartungsvoll stürmten die Kinder auf die Häuser zu.
»Mist, hier gibt es nicht mal mehr einen Laden!« Enttäuscht hatte einer der Jungs das Schild entdeckt, das noch immer davon kündete, dass es vor
Jahren hier einen KONSUM geben hatte. Doch der Eingang war mit Brettern vernagelt. Er machte ein Gesicht, als wolle er gleich verhungern.
»Also Leute, ich glaube, wir halten es alle gerade noch bis zur Jugendherberge aus«, nahm Thomas dem aufkommenden Murren den Wind aus den Segeln. »Dort gibt es dann bald Abendbrot, na, sind das Aussichten?«
Den Weg zurück nahmen sie über die wenig befahrene schmale Landstraße und kamen pünktlich zum Abendessen in der Herberge an.
»Dürfen wir dann noch mal nach draußen?« Thomas staunte über die Energie, welche die Kinder entwickelten. Er nickte. »Ich denke schon, wenn ihr noch nicht schachmatt seid.«
Berit trat hinzu. »Ihr könnt noch mal raus. Ihr könnt euch auch im Aufenthaltsraum vor den Fernseher setzten. Aber um 10 ist Nachtruhe. Dann liegen alle sauber und mit geputzten Zähnen in den Betten! Die Duschen sind auf dem Gang, rechts die Jungs, links die Mädchen.«
Sie sah zu Thomas. »Wenn der Rest so erfolgreich verläuft wie der erste Tag heute, dann können wir zufrieden sein.«
Im Zimmer nahm sie ihr Handy aus der Tasche. Doch das signalisierte ihr nur eins: Kein Netz verfügbar. Dann sollte es wohl so sein, dass auch sie abschaltete.
Leises Kichern drang an Berits Ohr, als sie am Morgen die Augen aufschlug.
»Jetzt ist sie wach!« Die kleine Lucy hatte Berit wohl schon eine Weile beobachtet.
»Oh, wie spät ist es denn?« Berit streckte sich wohlig unter ihrer Decke. Sie hatte geschlafen wie ein Stein und fühlte sich erholt wie schon lange nicht mehr.
»Es ist gleich halb 8! Können wir aufstehen? Die Jungs sind auch schon draußen.«
Berit amüsierte sich über die Ungeduld der Kinder. »Na, dann los! Waschen, anziehen, frühstücken!«
Es war ein schönes Bild, als alle wenig später gemeinsam am Frühstückstisch saßen. Auch Berit aß mit dem gleichen Appetit, wie ihn die Kinder an den Tag legten. Leider war so ein Frühstück für viele nicht selbstverständlich und auch sie musste sich selbstkritisch eingestehen, dass sie viel zu oft morgens ohne richtiges Frühstück aus dem Haus ging. Dafür zeigte sich das Wetter heute nicht von der sonnigen Seite. »Och, das regnet ja«, ließ sich die enttäuschte Stimme von Kevin vernehmen.
»Nun seid mal nicht so empfindlich!«, redete Thomas den Kindern gut zu. »Ihr holt alle eure Jacken und zieht feste Schuhe an für den Fall, dass es noch mehr regnet, wenn wir aussteigen wollen.
Aber ich kann euch versprechen, in den Autos regnet es nicht!«
Ein Jubel ertönte und die vielstimmige Frage: »Wo fahren wir denn hin?«
»Lasst euch überraschen!« Berit kannte von ihren beiden Kindern die mürrischen Gesichter, wenn es im Urlaub an einem Regentag hieß: Wir gehen ins Museum. Also wollte sie nicht mit der Tür ins Haus fallen und hoffte auf die Spannung.
Wenig später setzten sich die beiden Kleinbusse in Bewegung. Auf der schmalen Landstraße ging es zurück bis zur Bundesstraße. Von dort bogen sie nach rechts ab. Wieder war es Kevin, der schon bald wusste, in welche Richtung sie fuhren. Es schien vor allem sein Opa zu sein, dem er sein Wissen verdankte. Er begann mit den anderen Kindern ein kleines Ratespiel.
»Da war früher ein großer Schacht. Da werden Fahrräder gebaut.«
Aber er erhielt keine Antwort. Erst als Kevin verkündete: »Das ist doch unsere Kreisstadt!«, da wussten alle bescheid. »Sangerhausen, wir fahren nach Sangerhausen!«
Bei der kurzweiligen Fahrt waren sie schnell angekommen. Berit und Thomas fanden einen Parkplatz in der Nähe vom Bahnhof und ließen die Kinder aussteigen. Der Regen hatte nachgelassen, er störte aber sowieso längst keinen mehr.
»Dort drüben ist das Spengler-Museum.« Berit deutete über den Platz zu einem großen Gebäude. Sie beobachtete die Kinder, doch bei keinem sah sie Unwillen. Im Gegenteil, es fielen Sätze wie: »Gehen wir da jetzt hin?« oder »Das möchte ich mir mal ansehen.« bis hin zu »Cool!« Alle waren voller Vorfreude und konnte kaum erwarten, dass Berit endlich die Eintrittskarten gekauft hatte.
Mit staunenden Augen sahen sich die Kinder die Ausstellung an, einerseits war es ein Heimatmuseum, andererseits ein Naturkundemuseum. Wunderbar gestaltete naturnahe Modelle erklärten den Kindern die Flora und Fauna ihrer Heimat. Auch die Entwicklung der Besiedelung der Gegend im Mittelalter und die Stadtgeschichte war hier dargestellt, und das alles kein bisschen langweilig. Ständig gab es etwas Neues zu entdecken.
Doch das Größte in wahrsten Sinne des Wortes war das echte, lebensgroße Skelett eines Mammuts, welches vor der Eiszeit einmal hier ganz in der Nähe gelebt hatte und vor fast 80 Jahren von dem Naturforscher Gustav Spengler in einer nahen Kiesgrube gefunden und ausgegraben worden war. Nun stand es hier und die Kinder kamen aus dem Staunen gar nicht mehr heraus.
Berit und Thomas hatten sich an der Wand auf einer Bank nieder gelassen und ließen die Kinder gewähren. Es war diese ungebremste, natürliche Neugier, die manchem Kind schon längst abhanden gekommen war, weil es jedes Jahr eine andere Flugreise unternehmen konnte, die bei diesen Kindern noch in ihrer ursprünglichen Form vorhanden war und die ihnen Freude machte. Ja, es hatte sich gelohnt, diese Reise zu organisieren, gelohnt für diese Kinder!
Und der schöne Tag war noch nicht vorbei. Vom Mittagstisch in der Jugendherberge hatten sie sich abgemeldet. Als die Gruppe nach zwei Stunden wieder vor dem Museum stand, wagte sich die Sonne sogar durch die Wolken. Aus den Autos wurden zwei Picknickkörbe geholt, die ihnen die freundlichen Herbergseltern bereit gestellt hatten. Mit gesundem Hunger ließen sich alle die eingepackten Brote, das Obst und Fruchtsäfte schmecken.
»Dann auf zur nächsten Etappe!« Thomas und Berit hatten die Autos wieder verschlossen. »Jetzt machen wir einen Spaziergang durch die Stadt, bis zum Rosarium.«
»Oh ja«, ließ sich Kevin vernehmen, »da können wir ja mal versuchen, die Kirche zu finden, die auf dem Stadtmodell war.«
»Na, du kleiner Pfiffikus wirst sie schon finden und bestimmt noch viel mehr!«, war sich Berit sicher.
Im Rosarium waren es vor allem die Mädchen, die wie große Schmetterlinge von einer Blüte zur nächsten hüpften und immer war die nächste noch schöner als die vorige.
Der Rosengarten, den es schon über 100 Jahre in der Stadt gab, hatte im Laufe der Jahre einige Veränderungen erfahren. Inzwischen hieß er sogar Europa-Rosarium. Es hatte sich große Verdienste um die Erhaltung und Züchtung der Königin der Blumen erworben. Doch das war den Kindern egal. Die genossen nur den herrlichen Nachmittag