Zweitsommer. Isolde Kakoschky

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Zweitsommer - Isolde Kakoschky

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Plätzchen findet. Und Sebastians Eltern schienen der Beziehung der beiden offen gegenüber zu stehen. Berit erinnerte sich noch an die Zeit, als Markus so alt war. Da waren sie irgendwie ruhiger und gelassener gewesen. Wahrscheinlich lag es doch daran,

      dass Markus eben ihr großer Junge und Julia ihr kleines Mädchen war.

      Nach dem Essen nutzte Berit die Zeit, um sich der Bügelwäsche zu widmen. Das gehörte wahrhaftig nicht zu ihren Lieblingsbeschäftigungen. Doch Daniels Hemden und die Arbeitskittel sollten schon entsprechend gepflegt aussehen. Schließlich stand er tagtäglich den Kunden gegenüber. Als Berit auch noch eine offene Naht an einem der Kittel entdeckte, holte sie kurzerhand die Nähmaschine hervor. Dann ist heute eben der Bügelund Flicktag, dachte sie bei sich.

      Daniel hatte sich in die Garage verzogen und sah mal nach den Autos. Schließlich hatte er Schlosser gelernt und konnte viel selbst erledigen. Leider fehlte ihm oft die Zeit. Heute nutzte er sie aber intensiv und Berit hörte später sogar das Brummen des Staubsaugers zu ihr herüber dringen und riss sie aus ihren Gedanken.

      Morgen würde sie wieder zur Arbeit gehen. Morgen war der Vater genau eine Woche tot. Noch immer schien es ihr so unwirklich zu sein. Er war der Held ihrer Kindheit gewesen, war wie ein Fels in der Brandung gewesen. Nun gab es ihn nicht mehr. Was blieb, war die Erinnerung.

      Berit dachte an die Kinder, um die sie sich morgen wieder kümmern würde. Sie arbeitete gern mit

      Kindern. Viele von denen hatten keinen Vater, der sie liebte. Manche kannten ihren nicht einmal.

      Nein, sie durfte nicht traurig sein, dass es den Vati nicht mehr gab. Sie musste froh und dankbar sein, dass er ihr so viele schöne Jahre mit so viel Zuneigung geschenkt hatte.

      Das Geräusch des Staubsaugers war verstummt. Berit räumte die Nähmaschine und das Bügeleisen weg und sah verwundert auf die Uhr. Die Zeit war vergangen wie nichts. Zum Kaffee trinken war es zu spät. So setzte sie Teewasser auf und richte ein kleines Buffet an. Daniel würde bestimmt Appetit mitbringen, wenn er rüber kam.

      Ein wenig später trudelte auch Julia wieder ein und stopfte sich gleich ein paar der leckeren Häppchen in den Mund.

      »Ach Mama, ich glaube, zum Essen werde ich auch in zehn Jahren noch her kommen, bei dir schmeckt es noch immer am Besten!«, rühmte sie ihre Mutter.

      »Na, darüber sprechen wir aber noch mal«, wand Berit sichtlich amüsiert ein, während Daniel genüsslich kauend seiner Tochter beipflichtete: »Aber recht hat sie!«

      

       Kinderseelen

      

      

      

      Aus einem unruhigen Schlaf erwachte Berit, als sie hörte, wie die Haustür ins Schloss fiel. Sie sah auf die Uhr und stellte erleichtert fest, dass ihr noch genug Zeit blieb, bis sie zur Arbeit los musste. Nachdem sie rasch geduscht hatte, trank sie eine Tasse Kaffee und bestrich sich eine Toastscheibe mit Frischkäse, ehe sie sich die Haare föhnte. So gestärkt, machte sie sich kurz darauf auf den Weg.

      Das Kinderhaus war eine freie Jugendeinrichtung im Neubauviertel der Stadt. Es war vor allem gedacht für die Kinder zwischen zehn und vierzehn Jahren, die für den Hort in der Grundschule zu alt, fürs Alleinbleiben aber zu jung waren. Viele der Kinder kamen aus problematischen Elternhäusern, die außer »Hartz 4« keinen Beruf der Eltern nennen konnten. Andere waren Kinder allein erziehender Mütter, die sogar mehr als eine Putzstelle annahmen, um ihre Kinder zu kleiden und zu ernähren. Jedoch blieben die Kinder dann oft mangels Zeit und Zuwendung auf der Strecke.

      Wenn Berit darüber nachdachte, hatte es auch früher schon Familien gegeben, die im Sprachgebrauch als asozial bezeichnet wurden, doch hatte es bis zur Wende eine Pflicht zur Arbeit gegeben und irgend eine Arbeitsstelle war jedem zugewiesen worden. Jeder war berufstätig gewesen und hatte damit ein geregeltes Leben und sein Auskommen gehabt. Jetzt reichten die Arbeitsplätze nicht einmal für die, die dringend nach Arbeit suchten. Noch immer gehörte der Landkreis zu denen mit der höchsten Arbeitslosenquote im Land. Es gab daher genug Menschen, die sich ihr Leben mit der »Stütze« einrichteten und gar keinen Grund sahen, etwas an ihrer Situation zu ändern. Nur, die Kinder waren daran völlig unschuldig. Das Kinderhaus konnte nicht alle Probleme lösen, aber ein wenig Sonne in das Leben der Kinder bringen, das konnte es. Zum Glück erfuhr die Einrichtung Unterstützung durch die Stadt und auch ein Verein der örtlichen Tageszeitung half mit Spenden weiter.

      Berit parkte das Auto und öffnete die Tür. Der Raum war erfüllt von lauten Kinderstimmen, von Durcheinanderrufen, Streiten, Kreischen, aber auch Lachen. An diesem Ferientag war schon am Morgen ein emsiges Treiben im Gang. Mit einem Winken begrüßte sie ihre Kollegin, dann betrat sie das Büro.

      Sie stellte die Tasche ab und ließ ihren Blick über den Schreibtisch wandern. Schon wieder ein Antrag, schon wieder ein Fragebogen! Sie schüttelte instinktiv den Kopf. Viel zu viel Zeit ging für die Bürokratie drauf, von den Kosten ganz zu schweigen. Doch sie wusste auch, dass es ein notwendiges Übel war.

      Die Kinder waren beschäftigt, also setzte sich Berit gleich an den Schreibtisch und sichtete die eingegangene Post genauer. So schwer es ihr auch fiel, es war wichtig, die Termine für die Anträge einzuhalten, um Geld oder Genehmigungen zu bekommen. Es wäre den Kindern kaum zu vermitteln gewesen, wenn ein Ausflug ins Wasser fallen müsste wegen eines Stück Papiers. Darum musste sie sich auch heute noch durch den Papierkram kämpfen, denn morgen sollte es mit einem Teil der Kinder auf eine richtige Reise gehen.

      Am Nachmittag hatte Berit fast alles aufgearbeitet, was in der letzten Woche liegen geblieben war. Sie ging hinüber in den großen Aufenthaltsraum und half den letzten Kindern, die noch da waren beim Aufräumen.

      »Frau Schwerzer, ich freue mich schon so auf morgen!«, vernahm sie die Stimme der 13jährigen Emily. Das Mädchen war in ihrem ganzen Leben noch nicht von zuhause fort gewesen. Berit drückte das Kind an sich. Emily hatte ein bisschen Freude redlich verdient. Als Älteste von 4 Geschwistern lastete oft mehr Verantwortung auf ihr, als gut war in dem Alter. Auch ihre beiden jüngeren Schwestern, 10 und 12 Jahre alt, würden morgen mit auf die Reise gehen.

      »Na dann geh mal lieber nach Hause und hilf den Kleinen beim Sachen packen. Und seid morgen bitte pünktlich!«, ermahnte Berit das Mädchen.

      Auch bei Berit stellte sich nun eine gewisse Vorfreude ein. Es war die erste mehrtägige Reise, die das Kinderhaus durchführte. Ihre Julia hätte womöglich die Nase gerümpft über diese Reise, deren Ziel gerade einmal 20 Kilometer von der Stadt entfernt lag. Doch für diese Kinder, deren Eltern nicht einmal das Geld für die Klassenreise aufbrachten, war es das Ereignis des Jahres.

      Auf dem Rückweg nach Hause hielt Berit noch einmal bei ihrer Mutter an. Schließlich musste sie ihr Bescheid sagen, dass sie für drei Tage nicht hier war. Das gute Gefühl, was sie am Sonntag gehabt hatte, war verflogen. Die Mutter saß gedankenverloren auf dem Sofa und sah mit starrem Blick auf ein Bild gegenüber an der Wand, das sie gemeinsam mit ihrem Heinrich zur Goldenen Hochzeit zeigte. Es war erst ein paar Jahre her, doch nun für sie so fern wie die Ewigkeit. Berit setzte sich zu ihrer Mutter und sah sie nachdenklich an. Die Eltern waren wirklich ein Leben lang zusammen gewesen. Schon als Kinder hatten sie sich gekannt, später geheiratet und nahezu jeden Tag ihres Lebens gemeinsam verbracht. Berit verstand, dass es der Mutter jetzt schlecht ging. Doch die Kinder und Enkel konnten sie nur unterstützen, bewältigen musste sie ihre Trauer allein.

      Als

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