Papakind. Isolde Kakoschky

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Papakind - Isolde Kakoschky

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Mantel auf den Tisch.

      »Hier schneide ich das ab und den Gürtel nähe ich als Bund wieder an.«

      »Ach du lieber Himmel«, stöhnte die Oma. »Deine Mutter trifft der Schlag, wenn sie das sieht. Und den Ärger haben wir alle beide!«

      »Aber Oma, ich kann nicht mehr mit diesem Ding rumlaufen! Du musst mir helfen, bitte!«

      »Na gut, du lässt ja doch nicht locker.« Schweren Herzens erklärte sich die Oma bereit, Franzi an die Maschine zu lassen und ihre Pläne in die Tat umzusetzen.

      Am nächsten Tag war es vollbracht. Stolz drehte sich Franzi vor dem großen Spiegel im Schlafzimmer. So konnte sie sich sehen lassen!

      »Franziska, was ist das? Was hast du da an?« Die Mutter war ins Zimmer gekommen und sah ihre Tochter entgeistert an.

      »Ist das nicht gut geworden?« Franzi wartete keine Antwort ab. »Das war mal mein Mantel.«

      »Ja, das sehe ich. Aber wer hat den abgeschnitten?«

      »Na ich!« Franzi strahlte.

      In dem Moment kam der Vater hinzu.

      »Sieh dir das an, das Kind hat den guten Mantel abgeschnitten!« Die Mutter teilte die Begeisterung ihrer Tochter in keiner Weise.

      »Zeig mal her! Das sieht aber doch richtig gut aus. Und modern ist es auch.« Der Vater versuchte zwischen Mutter und Tochter zu vermitteln.

      Gudrun sah ihren Mann an. »Du musst ihr wieder mal alles durchgehen lassen!«

      Franziska bewegte sich langsam auf die Tür zu. Wenn das jetzt ein Streit zwischen den Eltern werden würde, wollte sie lieber nicht dabei sein.

      Das Letzte, was sie noch hörte, war der Vater:

      »Wahrscheinlich ist Talent doch erblich.«

      Franzi überlegte. Wen meinte der Vati? Von wem kam ihr Talent? Von der Oma? Bestimmt!

      

       5

      

      Die letzten Wochen in der 8. Klasse gingen vorüber. Ehe Franzi es sich versah, war der Sommer da und die Zeugnisausgabe. Es war einerseits nichts Besonderes, aber andererseits eben doch das Ende eines Abschnittes in ihrem Leben und der Beginn von etwas ganz Neuem. Im September würde sie gemeinsam mit Susanne zur Oberschule gehen, um dann in vier Jahren das Abitur abzulegen. Da erfüllte sie schon ein gewisser Stolz.

      Aber erst einmal waren Ferien. Und zum allerersten Mal wollte sie in den Ferien arbeiten gehen und ihr eigenes Geld verdienen. Der Vater hatte sie als Urlaubsvertretung für die Telefonistin in seiner Baufirma angemeldet. An jedem Morgen fuhr Franzi nun mit ihm im Dienstwagen in die 20 Kilometer entfernte Stadt und am Nachmittag wieder mit zurück. Die Arbeit bereitete ihr keine Schwierigkeiten. Fast schon routiniert leitete sie ankommende Gespräche weiter, vermittelte Verbindungen zum Fernamt und gab Auskunft, wenn Besucher kamen. Es machte ihr Spaß und die Kollegen waren nett zu ihr. Das Einzige, was ihr regelmäßig Schauer über den Rücken jagte, waren die schweren Baufahrzeuge, die vor dem Fenster vorbei und auf den Hof fuhren. Sie war schon fasziniert von der Technik, doch immer wieder waren dann die Bilder in ihrem Kopf, als der Unfall mit dem Bus geschah. So ein Bagger konnte genau so gefährlich sein, und ein LKW auch. Doch sie wollte nicht als Memme gelten und redete mit keinem über ihre Ängste.

      Nach zwei Wochen nahm sie stolz ihren ersten Lohn in Empfang.

      »Na dann, kauf dir was Schönes. Oder was möchtest du damit machen?«, fragte sie die nette Kollegin in der Buchhaltung.

      »Ich weiß noch nicht genau«, dachte Franzi nach.

      »Vielleicht spare ich was. Aber erst mal lade ich meinen kleinen Bruder jeden Tag zum Baden und zum Eis essen ein.« Das Wetter war hochsommerlich warm und wie dafür gemacht.

      Ein paar Tage später kamen die Geschwister am frühen Abend aus dem Schwimmbad zurück. An der Zufahrt zu ihrer Straße stand ein ungewöhnliches Auto.

      »Das ist ein Franzose«, vermutete Franziska mit Blick auf das ausländische Kennzeichen.

      »Ja, das ist ein Citroen«, verkündete Alexander, der inzwischen um das aparte Gefährt drum herum geschlichen war. Hier, wo nur Trabant und Wartburg das Straßenbild beherrschten und schon ein Skoda aus der Reihe fiel, war dieser große französische Wagen eine Sensation.

      »Franziska, Alexander!« In dem Haus, vor dem sie gerade standen, hatte sich unbemerkt ein Fenster geöffnet. »Lauft rasch heim, ihr habt Besuch, aus Frankreich, das ist das Auto!«

      Die Geschwister sahen sich an. Was hatten sie mit Frankreich zu tun? Wer kam sie besuchen? Nun rannten sie die letzten Meter und stürzten außer Atem in den Korridor. Doch niemand war da. Plötzlich hörten sie fremde Stimmen, drüben bei der Oma, und lautes Lachen. Sie warfen ihre Badesachen in die nächste Ecke und stürmten zur Oma in die Stube.

      Ein schlanker, groß gewachsener Mann und eine kleine, zierliche Frau erhoben sich, als die Kinder eintraten.

      »Ah, ihr die Kinder von meine kleine Franzchen!« Der Mann strahlte sie an. »Gute Tag, ich bin Pierre und das meine liebe Frau Charlotte.«

      Verwundert sahen Franzi und Alex von einem zum anderen. Die Oma wischte sich eine Träne aus den Augen und begann zu erklären.

      »Vor über 25 Jahren, im Krieg, da war Pierre hier als Zwangsarbeiter. Er war noch ein halbes Kind und musste im Werk bei eurem Opa hart arbeiten.« Die Oma wischte sich wieder über die Augen. Die Erinnerung an die Zeit mit ihrem Mann machte sie traurig.

      »Euer Opa Fritz war guter Mann«, sprach nun Pierre in gebrochenem Deutsch weiter. »Er mich immer Sonntag bestellt für Holz hacken und Oma Klara hat gekocht und ich jede Woche satt. Sie mich lieben wie eine Kind und kleine Franz für mich wie eine Bruder. Heute ich hier und Opa Fritz lebt nicht mehr.« Nun traten auch bei Pierre Tränen in die Augen. Seine Frau strich ihm über den Arm. Sie hatte kein Wort von dem verstanden, was ihr Mann gerade erzählt hatte, aber sie kannte die Geschichte aus seinen vielen Berichten.

      Jetzt ergänzte Franz aus seinen Erinnerungen, denn er sah, dass die Kinder noch viele Fragen hatten. »Mein Vater war damals Meister in der kriegswichtigen Produktion. Er hatte daher auch ein paar Sonderrechte, wie einen Zwangsarbeiter für private Arbeiten zu bekommen. Er konnte nicht ansehen, wie Pierre, der damals kaum älter war als du heute, Franzi, immer mehr abmagerte. Er hatte einfach Angst um den Jungen, der so wenig für den

      Krieg konnte wie er selber. So half er im Rahmen seiner Möglichkeiten auch anderen. Aber Pierre, das war wirklich wie ein Sohn für ihn. Ich hätte nicht gedacht, dass ich Pierre noch einmal wieder sehe!« Eine Träne der Rührung bahnte sich den Weg auch über seine Wange.

      »Ich hole uns mal einen Schnaps, darauf muss doch angestoßen werden«, unterbrach Gudrun die tränenreichen Erinnerungen.

      Nach altem Familienrezept wurde jedes Jahr Johannisbeerlikör selbst angesetzt und zu besonderen Ereignissen hervor geholt. Das heute war auf jeden Fall ein ganz besonderes Ereignis! Die Gläser wurden gefüllt.

      »Und wir?«, wollte Alex vom Vater wissen.

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