Papakind. Isolde Kakoschky
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Читать онлайн книгу Papakind - Isolde Kakoschky страница 9
Heiner rückte nicht gleich mit der Sprache raus.
»Ich, ich habe euch mal gemeinsam in der Stadt gesehen.«
»Beobachtest du mich etwa?« Schon war Franzi wieder misstrauisch.
»Nein, es war Zufall. Aber ich wusste auch nicht, ob ich dich ansprechen sollte, wenn du nicht allein warst.«
Franzi sah Heiner an und dachte an ihre Eltern. Irgendwann würden sie es doch erfahren.
Am letzten Schultag vor den Winterferien wurden die Halbjahreszeugnissen ausgegeben. Auch in der neuen Klasse hatte Franziska ihre Position erfolgreich verteidigt. Auch wenn nun neben den Einsen ein paar Zweien standen, so war sie doch eine sehr gute Schülerin und wieder Klassenbeste.
Herr Kollberg hatte eben das letzte Zeugnis ausgeteilt und nicht mit mahnenden Worten gespart, weil es einige gab, die sich bemühen mussten, das Klassenziel zu erreichen. Doch nun kam er noch zu den erfreulicheren Mitteilungen.
»Jugendfreunde«, sprach er seine Schüler an.
»Nun lüfte ich noch das Geheimnis, wer ab der 9.
Klasse zur Oberschule wechseln wird. Es sind zwei junge Damen, die es geschafft haben: Franziska Zandler und Susanne Rosen. Ich gratuliere euch! Aber erst mal bleibt ihr uns ja noch ein Halbjahr erhalten. Allen wünsche ich schöne Ferien!«
Franzi lächelte in sich hinein, als sie nach Hause ging. Sie würde nicht allein sein an der Oberschule. Mit Susanne hatte sie bisher nicht so viel zu tun gehabt, die wohnte ganz woanders und hatte ihre Freundinnen aus der Grundschule gehabt. Aber sie schien nett zu sein. Doch viel wichtiger war, dass sie dann endlich wieder mit Heiner in einer Schule war. Sie würden sich in den Pausen sehen können! Franzi hüpfte vor Freude auf und ab.
Alexander war schon zu Hause, als sie kam. Er strahlte über das ganze Gesicht, weil die Mutter sein Zeugnis gelobt hatte.
»Ich nehme an«, mutmaßte die Mutter, »es sieht gut aus bei dir.«
»Es sieht prima aus«, strahlte nun auch Franzi,
»ich habe die Empfehlung für die Oberschule!«
Die Mutter nickte. »Es war zu erwarten.« Und das Lachen auf Franzis Gesicht erstarb für einen Moment.
»Hast du es geschafft?« Fragend stand der Vater in der Tür.
»Ja, Vati!« Nun jubelte sie wieder.
»Ach, bin ich stolz auf dich! Meine Tochter eifert ihrem Vater nach, macht Abitur, wird studieren!« Doch als der Vater Franzi hoch heben und küssen wollte, da drehte sie sich weg. »Vati, ich bin kein Kind mehr!«
Franz strich seiner Tochter übers Haar und leise sagte er mehr zu sich selbst: »Nun werden wohl bald andere Männer kommen und dich küssen.«
»Darf ich heute Abend ins Kino gehen?« Franziska sah ihre Eltern fragend an.
»Was, am Abend?« Die Mutter schüttelte den Kopf.
»Bitte Vati, sag, dass ich darf!«, bettelte Franzi.
»Mit wem möchtest du denn gehen, wer geht denn noch mit?« wollte der Vater wissen.
»Na alle«, kam die wenig konkrete Antwort.
»Alle können es ja wohl nicht sein«, hielt die Mutter dagegen. »Wer noch nicht 14 ist, darf gar nicht in die 19-Uhr-Vorstellung.« Sie wusste, wie genau es die Kontrolleurin im Kino nahm. Kein Ausweis, keine Abendvorstellung. Und sie wusste auch, dass Verena noch nicht 14 Jahre alt war.
Franz sah seine Frau an. »Morgen ist Sonntag, da kann sie ausschlafen, lassen wir sie gehen.« Und zu seiner Tochter gewand: »Aber um 9 bist du wieder zu Hause!«
»Ja Vati, ich verspreche es.« Franzi fiel ihrem Vater um den Hals.
»Aber bitte enttäusche mich nicht, ich vertraue dir!«, legte er nun noch einmal seiner Tochter ans Herz.
Franziska sprang über den Flur in ihr Zimmer, um sich umzuziehen. Sie wollte besonders hübsch aussehen, auch wenn das im dunklen Kino kaum zu sehen sein würde.
Ehe die Stubentür hinter ihr ins Schloss fiel, hörte sie noch die Stimme der Mutter. »Ach ja, du vertraust ihr also. Na hoffentlich fällt der Apfel nicht zu nahe am Stamm!«
Der Satz dämpfte Franziskas Freude, doch darüber nachdenken wollte sie jetzt nicht. Ob der Vati mal die Mutti belogen hatte? Ach, es war jetzt nicht wichtig.
Im Kino lief der Film »Der grüne Bogenschütze«. Bei den spannenden Szenen kuschelte sich Franzi eng an Heiner und sie ließ es zu, dass er sie auf die Wange küsste. Und sie dachte, es war so gut, dass der Vati ihr den Kinobesuch erlaubt hatte. Wie schade wäre es gewesen, hätte Heiner vergeblich auf sie gewartet.
»Ich bringe dich noch nach Hause«, sagte Heiner nach dem Ende des Films zu Franzi. Der Weg vom Kino bis zum Haus der Eltern war nur kurz, doch Franzi widersprach ihm nicht.
»Machs gut dann!«, verabschiedete sich Franzi von Heiner an der Haustür. Franzi schloss die Tür und stieß im Flur mit den Eltern zusammen.
»Ich bin pünktlich«, verkündete sie.
»Und wer war das?« wollte die Mutter wissen.
»Das war Heiner, mein Freund.« Jetzt war es raus! Die Eltern sahen sich an. Nun war es endgültig vorbei mit dem kleinen Mädchen. Ihre Franzi wurde zur jungen Frau, sie mussten es akzeptieren.
Der Frühling hatte begonnen. Und wieder einmal stand ein Klassenausflug auf dem Plan. Franzi hatte sich schon lange vorher Gedanken gemacht, was sie dazu anziehen konnte. Die Gedanken an den Unfall im letzten Jahr hatte sie verdrängt.
»Du hast doch deinen Übergangsmantel«, machte die Mutter einen Vorschlag.
»Aber Mutti, wer zieht denn noch so was an?« Franzi zog eine Grimasse.
»Dann musst du eben die Strickjacke nehmen.« Viele Alternativen gab es nicht.
Doch Franzi hatte längst eine andere Idee.
Am Nachmittag lief sie rüber zu ihrer Oma Klara. Die hatte eine Nähmaschine. Das gute Stück hatte sogar schon einen Elektromotor. Der Mann von Oma Klara war Mechaniker gewesen und hatte den Motor bereits vor vielen Jahren angebaut. Franzi hatte den Opa nicht mehr kennen gelernt, weil er schon vor ihrer Geburt gestorben war. Seit dem lebte die Oma alleine, aber sie hatte ja Franzis Familie in der Nähe. Und Franzi war froh darüber, die Oma in der Nähe zu haben.
»Oma, darf ich mal die Nähmaschine benutzen?« bat Franziska ihre Oma.
»Aber Kind, kannst du überhaupt damit umgehen?« fragte die Oma verwundert.
»Ja, die Frau Zöllner, unsere Handarbeitslehrerin aus der Grundschule, hat es mir gezeigt. Sie hat gesagt, ich bin talentiert. Und ich habe das auch ganz rasch verstanden. Darf ich, Oma? Bitte!«, bettelte Franzi weiter.
»Was willst du denn nähen?«, wollte die Oma nun wissen.
»Ich