Papakind. Isolde Kakoschky

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Papakind - Isolde Kakoschky

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an die Saale fahren und Eis essen?«

      »Au ja!«, jubelte Franzi. Doch im nächsten Moment blickte sie ängstlich. »Opa, müssen wir unbedingt mit der Bahn fahren?« Diese Angst vor Schienenfahrzeugen war größer als ihre Freude auf ein Eis.

      »Nein, aber nur weil du es bist!«, stimmte der Opa ihrem unausgesprochenen Vorschlag zu. Dann will ich das gute Stück mal aus der Garage holen.«

      Der Opa war jetzt Rentner, aber früher hatte er eine gut gehende Schlosserei gehabt. Aus dieser

      Zeit stammte das Auto, ein betagter F8 Kombi mit Holzaufbau. Oft fuhr er nicht mehr damit, aber wenn er seiner Enkelin damit eine Freude machen konnte, dann war das Grund genug für eine Ausnahme.

      Er öffnete das Garagentor. Der Anlasser ratterte und in einer Wolke aus Auspuffgasen rumpelte das Vehikel auf die Straße.

      »Na, dann wollen wir mal. Sag noch schnell Oma auf Wiedersehen und dann steig ein!«

      Ach, das war ein Gefühl, herrlich so neben dem Opa durch die Straßen in Richtung Saale zu fahren. Franzi hatte die Seitenscheibe heruntergekurbelt und ließ sich den Fahrtwind um die Nase wehen. Ihr blonden Locken flatterten und glänzten mit der Sonne um die Wette.

      Am Saaleufer angelangt, parkte der Opa vor einem Lokal, wo Tische mit bunten Schirmen auf der Terrasse standen. Sie setzten sich und bestellten Eis für Franzi und Kaffee für den Opa. Franzis Blick ging zum anderen Ufer, wo sich die Burg Giebichenstein stolz über dem Fluss erhob. Sie mochte diesen Blick. Man müsste es malen, es ist so schön, dachte sie bei sich.

      »Guten Tag Paul!« Eine Stimme riss Franziska aus ihren Gedanken. »Kann ich mich zu euch setzen?«

      »Helene! Ja, setz dich doch.« Der Opa schien erstaunt zu sein, aber er kannte die Frau, das merkte Franzi gleich.

      Aus den Augenwinkeln beobachtete Franziska die fremde Frau. Sie war bestimmt mal sehr hübsch gewesen. Sie hatte ganz weißes Haar mit schönen Locken. Aber ihre Haut sah blass aus, ihre Wangen waren eingefallen und sie atmete schwer.

      »Ist sie das?«, stellte die Frau dem Opa eine Frage. Der Opa nickte und Franzi blickte verwundert, denn offensichtlich war sie damit gemeint.

      »Sie sieht ihr ähnlich«, sprach die Frau weiter. Der Opa drehte sich weg und wischte sich über die Augen.

      Franziska hatte inzwischen ihren Eisbecher leer gegessen.

      »Franzi, möchtest du nicht ein bisschen am Ufer die Enten füttern gehen?«

      »Ja Opa, das mache ich.« Franzi verstand, dass er mit der Frau lieber alleine sprechen wollte, dabei hätte sie doch auch gerne erfahren, wer das war und was das alles bedeutete. Sie hörte nur noch, wie der Opa die Frau wieder ansprach.

      »Entschuldige Helene, aber geht es dir nicht gut? Du siehst müde aus.«

      »Nein, es geht mir wirklich nicht gut«, antwortete die Frau. »Ich habe nicht mehr lange zu leben. Ich habe Krebs im Endstadium, da ist nichts mehr zu machen. Ich wollte nur noch ein paar Sonnenstrahlen erhaschen, ehe es für immer um mich kalt und dunkel wird. Und ich bin so froh, dass ich euch getroffen habe, dass ich die Kleine noch einmal sehen konnte.«

      Sie trank ihre Tasse Kaffee aus und erhob sich.

      »Machs gut, Paul. Und pass gut auf sie auf!« Helene drehte sich noch einmal um, als sie zum Ufer ging. Dort strich sie der erstaunten Franziska übers Haar, die ihr verwundert nachschaute.

      Als Franzi zum Opa zurück kam, sah sie, dass er geweint hatte.

      »Opa, was hast du? Was ist mit der Frau?«

      Paul schaute seine Enkeltochter an. »Das war eine alte Freundin und nun ist sie krank und stirbt bald.«

      »Oh, das ist traurig.« Franzi streichelte dem Opa tröstend über den Arm.

      Sie hätte ihn gerne noch gefragt, wem sie ähnlich sehen sollte, aber sie wollte nicht, dass er noch trauriger wurde, also ließ sie es lieber.

      Die nächsten Tage waren ausgefüllt mit fröhlichem Spiel mit ihrer Freundin Gabi, ein Mädchen aus der Nachbarschaft. Gabi war ein Einzelkind und hatte so viele Spielsachen, dass man jede Stunde etwas anderes hätte nehmen können. An den Wochenenden war sie immer mit den Eltern unterwegs zu Ausflügen, aber in der Woche war sie froh, eine Spielgefährtin zu haben.

      Am Freitag erreichte die sommerliche Hitze ihren Rekord und am Mittag zogen dunkle Wolken auf, die sich schon bald in einem heftigen Gewitter entluden. Die beiden Mädchen saßen in Gabis Zimmer, dicht aneinander gekuschelt und zuckten bei jedem Blitz und jedem Donner zusammen. Der Regen fiel so dicht, dass man die Hand vor Augen nicht sehen konnte. Auf den Straßen ergossen sich wahre Sturzbäche. Und dann war mit einem mal Schluss. Doch erst jetzt nahmen die Menschen das ganze Ausmaß des Unwetters wahr. Das Wasser war in die Keller eingedrungen, die Gärten waren verwüstet und Straßen unpassierbar. Ein Nachbarsjunge brachte die Nachricht zu Gabi:

      »Die Bahnbrücke steht unter Wasser. Los, wir wollen hin gehen. Ehe die Feuerwehr das alles weggepumpt hat, können wir noch prima drin schwim-

      men.« Die Kinder der Siedlung kannten dieses Phänomen.

      »Klar, ich komme mit«, stimmte Gabi dem Plan zu und blickte fragend zu Franzi.

      »Ich muss erst fragen, ob ich darf«, warf Franzi ein.

      »Ich komme mit, und wenn ich frage, darfst du bestimmt.«

      Das war es nun nicht, was Franziska gewollt hatte, aber Gabi war schon auf dem Weg.

      So zogen sie bald darauf los. Eine ganze Kinderschar bewegte sich in Richtung Bahnbrücke, wo schon reges Treiben herrschte. Da diese Brücke nur eine Nebenstraße war, kam die Feuerwehr erfahrungsgemäß nicht so schnell. Und auch Franzi fand sich schon bald in dem lustigen Treiben wieder.

      Bis ihr plötzlich fast das Herz stehen blieb. Das Rattern, das Pfeifen, ein Zug! Nur, wohin jetzt so schnell laufen? Und die anderen Kinder würden sie bestimmt auslachen. Mit 12 noch vor einem Zug weglaufen! Sie drückte sich ganz eng an die Mauer. Ein Vibrieren ging durch das ganze Bauwerk. Sie hielt die Luft an, und dann, dann war es auch schon vorbei. Franzi atmete tief durch. Und in ihr kam eine große Freude auf: Ich habe es geschafft, die Angst endlich überwunden!

      Am Abend schrieb sie schließlich den versprochenen Brief an ihre Freundin Verena: »Liebe Reni, ich bin heute zum ersten Mal nicht vor der Eisenbahn weggelaufen und wenn wir uns wieder sehen, muss ich dir ganz genau erzählen, was ich hier erlebt habe… Liebe Grüße! Deine Franzi«

      »Opa, morgen fahre ich doch wieder nach Hause«, begann Franzi vorsichtig. Sie wollte den Opa um etwas bitten.

      »Na, frag schon, was hast du auf dem Herzen?« Ihr Opa hatte das Mädchen längst durchschaut.

      »Können wir noch mal runter zur Saale fahren? Ich möchte so gerne die Burg oben auf dem Felsen malen.« Franziska bekam zu Hause seit einigen Jahren einmal in der Woche zusätzlichen Zeichenunterricht. Sie war nicht untalentiert und es machte ihr großen Spaß. »Meinen Zeichenblock und die Stifte habe ich mit.«

      »Wie kann ich denn da noch nein sagen?«, erwiderte der Opa lächelnd.

      Franzi wollte eigentlich die Gelegenheit

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