Im Weihnachtswunderland. Gisela Sachs

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Im Weihnachtswunderland - Gisela Sachs

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bis auf ihre Schultern herab und rotgoldene Lockenkringel umrahmen das liebliche Gesicht mit der kleinen Stupsnase und den übergroßen blauen Augen. Das Mädchen hat lustige Sommersprossen auf der Nase, obwohl sie noch nie die Sonne gesehen hat. Die kleine Eiskristallprinzessin trägt den Namen Tirza. Tirza, die Schöne, das Wunschkind, ist das erste Kind des Königspaares. Die kleine Familie wohnt im Eiskristallwunderschloss Nummer eins im Eiskristallwunderland, im Stadtteil Sternstaubglitzerhausen. Und die Weihnachtszeit ist die schönste Zeit im Eiskristallwunderland. Da laufen die Weihnachtsvorbereitungen auf Hochtouren. Es riecht nach Lebkuchen, Glühwein, Zimt, Nelken, Piment, Anis, Mandarinen, Bratäpfeln, Vanille, Tannenzweigen …

      Zauberer reisen an. In Hubschraubern. Auf fliegenden Teppichen, auf Reismatten, in unbekannten Flugobjekten. Und zum Fest der Feste werden Verwandte, Freunde und Bekannte aus allen Ländern der Welt anreisen, um gemeinsam Weihnachten zu feiern. In Sternstaubglitzerhausen ist das Glück zuhause.

      Kerzenschein und Plätzchenduft, Weihnachtsfreude liegt in der Luft.

       Die Zwillingsgespensterkinder Minkie und Pinkie

      Es war einmal ein bezauberndes, schönes, junges Gespensterehepaar, das wünschte sich von Herzen ein Kind ...

      Minka und Jakob Geist wohnten in einem kleinen Holzhaus inmitten eines wunderbaren Mischwaldes. Die Luft war klar und rein und es wuchsen dort viele kräftige, gesunde Ahorn-, Birken-, Buchen-, Erlen-, Linden-, Tannen-, Eiben-, Eichen-, Kiefern-, Lindenund Kastanienbäume. Und von jedem der Bäume wurde mindestens ein Ast zum Bau des Hauses verwendet. Der Rest wurde aus dem Holz der 1001-jährigen Eiche gezimmert, der Königin der Bäume. Das würde Glück bringen, meinte der Bauherr, der gleichzeitig auch der Architekt und Baumeister des kleinen Holzhauses war. Und Jakob Geist sollte recht bekommen.

      Der Wald war umgeben von Streuobstwiesen, Feldern und Weinbergen und es gab sogar einen See. Um den See herum standen 22 uralte Pappeln, die waren mindestens 303 Meter hoch, vielleicht sogar noch höher. Sie wiegten sich des Abends leise im Wind und das Rauschen hörte sich wie das Flüstern von Feen an. Aber es gab auch noch viele andere Bäume und Sträucher dort, immergrüne und Laub abwerfende, manche waren schon viele Hunderte Jahre alt, man konnte das Alter an den Jahresringen ablesen. Auf dem See drehten unzählige Enten mit grün schillerndem Gefieder, schneeweiße Schwäne und ein schwarz-braunweiß gefiedertes Wildgänsepaar zogen Bahnen, zwischen knallgelben Dotterblumen, sonnengelben und tiefblauen Wasserlilien und weißen, roten und gelben Seerosen. Das Wildgänsepaar hatte sieben Junge. Und in der untergehenden Abendsonne leuchtete deren Gefieder auf wie flüssiges Gold. Man konnte das Aufblitzen von Fischschwänzen sehen, kurz nur, dann waren die schuppigen Leiber auch schon wieder untergetaucht. Man hörte zärtlichen Schwanengesang, so leise wie das liebliche Singen von Engeln. Die Waldbewohner nannten den See Engelstimmensee.

      Und mitten in diesem Paradies stand eine Bank aus Eichenholz. Und auf dieser Holzbank saß der große, schlanke Jakob mit den schwarz gelockten Haaren und den rehbraunen Augen jeden Abend zum Sonnenuntergang, mit seiner großen Liebe Minka, gleich neben den duftenden Holunderbüschen. Sie schauten den Tieren beim Spielen zu, sahen zu, wie diese sich neckten, wie sie Wettschwimmen miteinander veranstalteten, sich mit den Schnäbeln liebkosten, aber auch lautstark ums Essen stritten. Minka und Jakob waren erstaunt darüber, wie schnell die Federtiere sich vom Wasser aus in die Luft erheben können, über den schnellen, kräftigen Flügelschlag. Und das Paar bewunderte ausgiebig die Schönheit der schneeweißen Schwäne, die mit lang ausgestreckten Hälsen der nahe gelegenen Stadt entgegenflogen, eine Wendung machten und ebenso schnell wieder zurückflogen und auf dem Teich landeten.

      Jakob und Minka erfreuten sich an der üppigen Pflanzenwelt rings herum. Die Geschwister waren sehr dankbar dafür, dass sie im gesegneten Gespensterwald leben durften. Jakob küsste und herzte seine Frau ausgiebig: auf die Stirn, auf die Nasenspitze, hinter die Ohren, auf den Hals und auf den Mund. Dann schnitzte er mit seinem Taschenmesser ein großes Herz in die Lehne der Bank, verewigte darin die Namen ‚Minka und Jakob’. Danach fragte er seine große Liebe »willst du mich heiraten, Minka?« Und Minka sagte freudestrahlend »ja.«

      »In diesem Paradies sollen unsere Kinder aufwachsen«, flüsterte er der zierlichen, blauäugigen Minka mit den langen, blonden Haaren ins Ohr. Er wünschte sich Kinder. Viele. Am liebsten eine ganze Fußballmannschaft. Und alle sollten aussehen wie seine geliebte Braut Minka. Aber es sollte noch lange dauern, bis es endlich soweit war. Die Gebete des Paares wurden erst zweiundzwanzig Jahre nach der Hochzeit erhört. Dann, völlig unerwartet, ging der sehnliche Wunsch in Erfüllung. Am Heiligen Abend, gerade als die Familie das Lied ‚Ihr Kinderlein kommet’, angestimmt hatte, kam urplötzlich Minkie zur Welt. Es war 22:22 Uhr.

      Die Eltern und die Großeltern betrachteten voll Staunen und in großer Ehrfurcht das winzige Geschöpf unter dem geschmückten Tannenbaum, seine kleinen Fingerchen, die kleinen Zehen, den zarten, flauschigen, goldenen Flaum auf dem kleinen Köpfchen. Sie bewunderten die himmelblauen Äugelein des zartgliedrigen Mädchens, das kleine Näschen, die kräftige Stimme. Sie dankten Gott von Herzen für dieses große Weihnachtsgeschenk. Und als neun Minuten später der Knabe Pinkie das Licht der Welt erblickte, weinte die Familie Sturzbäche vor Freude. So viel Glück auf einen Schlag konnte die Familie kaum fassen. Sie legten Pinkie zu Minkie unter den Weihnachtsbaum und die Kinder sollten von diesem Augenblick an unzertrennlich sein.

      »Und das am Geburtstag von Jesus«, flüsterte die Großmutter ergriffen. Sie wischte sich die Tränen mit dem Handrücken von den Wangen und stimmte das Lied ‚Großer Gott wir loben Dich’ an.

      Das überglückliche Elternpaar und der stolze Großvater stimmten in das Lied mit ein. Sie sangen aus übervollen Herzen und vollem Hals ‚Großer Gott wir loben Dich’. Danach gab es Tee und Plätzchen. Die Großmutter hatte Lebkuchen und Butterkekse gebacken. Heimlich. Immer dann, wenn Minka und Jakob unterwegs waren. Lebkuchen und Butterkekse waren nämlich die Lieblingsleckereien der Tochter und des Ehemanns. Und Oma Lea wollte Jakob und Minka mit dem Lieblingsgebäck überraschen, versteckte die verbeulte, moosgrüne Blechdose ganz weit unter dem Ehebett, in der äußersten Ecke, gleich neben dem mit alten Stofflappen zugestopften Mauseloch. Oma Lea freute sich über den Streich. »Sie werden die Dose nicht finden«, flüsterte sie verschmitzt lächelnd vor sich hin.

      Und auch an die Tiere des Waldes hatte Großmutter Lea gedacht: an die Hasen, Rehe, Füchse, Dachse, Schweine, Eulen, Falken, Kaninchen, Eichhörnchen und die vielen anderen Tiere. Für sie legte sie ein großes Paket mit ‚Woodys Weihnachtsknochen’ vor die Tür des Holzhauses.

      Die gebackenen Knochen mit geraspelten Karotten und Ingwer für die Tiere hat uralte Tradition bei der Familie Gespenstermann. Leas Eltern hatten das schon so gemacht und Lea hatte das Rezept von der Mutter übernommen. Ihre Tochter Minka wird es gleichtun. Für Großmutter Lea sind Traditionen sehr wichtig. Für die kleineren Tiere, wie die Vögel, Mäuse, Käfer, Ameisen und andere Krabbeltiere, zerbröselte sie die Plätzchen mit den Händen und streute sie mit einem Segensspruch im Wald aus.

      Minkie und Pinkie waren das größte Glück der Eltern und Großeltern. Und die vielen Verwandten und Freunde, die auch im Gespensterwald wohnten, erfreuten sich an dem Zwillingspärchen, das so unterschiedlich in Aussehen und Charakter war, wie es nicht unterschiedlicher hätte sein können.

      Minkie war vom ersten Augenblick an ein sehr lebhaftes Baby gewesen, immer hungrig, neugierig, fröhlich und äußerst wachsam. Am dritten Lebenstag, in den frühen Abendstunden, konnte sie schon die Stimmen der Eltern und der Großeltern unterscheiden. Und wenn Pinkie zum Füttern und Windel wechseln aus dem gemeinsamen Bettchen genommen wurde, brüllte sie wie am Spieß. Sie wollte keine einzige Sekunde lang von ihrem geliebten Bruder getrennt sein. Im Alter von sieben Wochen konnte Minkie schon Pinkie sagen, Mama, Papa, Oma und Opa und Wald. Mit sieben Monaten konnte sie laufen, Gebete aufsagen, Flöte spielen und viele Kirchenlieder singen. Und mit acht Monaten

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