Im Weihnachtswunderland. Gisela Sachs

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Im Weihnachtswunderland - Gisela Sachs

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Anfang Juni und an den Kirschbäumen hängen kleine grüne Kugeln. »Sie werden zu süßen Kirschen reifen«, freut sich Oma Lea. »Ich werde Kirschkuchen backen, Marmelade daraus kochen, sie als Kompott in Gläser abfüllen, für den Winter trocknen«, jubelt sie.

      »Die Apfelbäume sind teilweise verfroren, hm, hm, hm«, brummt Opa Aram. »Hm, hm, hm«, brummen Minkie und Pinkie in Einklang. »Ebenso die Pfirsichbäume«, stellt der Großvater entsetzt fest, macht wieder: »Hm, hm, hm.«

      »Hm, hm, hm«, brummen Minkie und Pinkie wiederum in Einklang. Sie halten die Hände vor den Mund und kichern.

      »Und die Walnüsse auf den Bäumen sind viel zu groß für diese Jahreszeit«, seufzt der Großvater. »Es wird ein früher Herbst werden, hm, hm, hm.«

      »Das wäre echt Scheiße«, schimpft Minkie. »Dann wird es ja wieder so früh dunkel und wir können nicht ...«

      »Das Wort Scheiße will ich aber jetzt mal großzügig überhört haben«, tadelt die Großmutter. Und sie zupft aufgeregt am linken Ohrläppchen.

      Und genau zwölf Wochen später ist es soweit. Dichte Nebelschwaden hängen über dem Holzhaus. So dicht, dass man keinen Zentimeter weit schauen kann. Die Luft ist feucht, es weht ein eiskalter Wind, schwarze Krähenscharen flattern in den Lüften auf und nieder, man kann die Flügelschläge durch die geschlossenen Fenster hören. Die Waldkäuze versammeln sich mit den Eulen auf den Tannenspitzen, die Raben krächzen heiser und vom Teich her hört man das laute Unken und Rülpsen der Riesenunke.

      Großvater Aram schaukelt wie wild in seinem Holzstuhl hin und her. Minkie und Pinkie sitzen voller Erwartung auf dem Dielenboden. Sie wissen, heute ist es wieder einmal so weit. Der Großvater wird eine Geschichte aus seiner Jugendzeit erzählen. Und tatsächlich. Der Opa räuspert sich. Er räuspert sich immer, bevor er zu singen anfängt. Und er singt immer, bevor er zu erzählen anfängt, obwohl er gar nicht schön singen kann.

      »Nebelschwaden, Nebelschwaden, kriechen durch den Fensterladen, kriechen in den Blumentopf, aber nicht in meinen Kopf.«

      Minkie und Pinkie kuscheln sich ganz eng aneinander. Der Großvater singt gar zu grausig. Die Großmutter bringt auf einem Tablett heißen Lindenblütentee, ein Glas mit frischem Waldhonig und Gebäck in Halbmondform. Sie stellt die Köstlichkeiten auf dem kleinen, runden Holztischchen ab, setzt sich in den Sessel daneben. Es wird ein langer Abend werden, wie immer, wenn der Großvater erzählt.

      »Es ist schon weit über tausend Jahre her, als ich mit meiner Zwillingsschwester Magdalena im Gespensterwald ankam. Es war kein Geld da für die Reise der Eltern und Großeltern, aber das wisst ihr ja schon. Sie kamen erst fünfhundert Jahre später nach Deutschland. Mit den anderen Verwandten. Mit Onkel Paul, Onkel Peter, Tante Hedwig, Tante Hiltrud und den anderen.«

      Der Großvater zieht die Luft durch die Nase, seufzt laut, dann nimmt einen großen Schluck Tee, bevor er weiter erzählt.

      »Es war ein kalter, ungemütlicher Novembertag. Nebelschwaden hingen in der feuchten Luft, so dicht, dass man keinen Zentimeter weit sehen konnte, die Waldkäuze schrien zum Gotterbarmen, ein Krähenschwarm flatterte aufgeregt durch die Lüfte hoch und nieder, es waren mindestens zweitausend Tiere, wenn nicht noch mehr, man sah nur noch schwarz. Und die Flügelschläge hörten sich wie das Donnern von Kanonenkugeln an. Raben krächzten so schaurig, wie ich nie wieder Raben habe krächzen hören, in meinem ganzen Leben nicht.«

      Der Großvater schüttelt sich. »Eulen hingen in den Tannenspitzen, Fledermäuse und …«

      »So wie heute«, wirft Minkie aufgeregt ein. Der Opa nickt: »So ungefähr, nur viel, viel schlimmer. Es regnete Sturzbäche und der eiskalte Wind pfiff so laut, dass man seine eigenen Worte nicht mehr verstehen konnte. Magdalena und ich konnten uns tagelang nur noch mit Handzeichen verständigen.«

      »Und was war mit dem Onkel Paul, dem Onkel Peter und der Tante Hedwig und all den anderen, Opa?«

      »Die kamen doch erst fünfhundert Jahre später nach, Minkie, pass doch erst einmal auf, was der Opa erzählt, bevor du ihm dazwischen plapperst«, rügt Pinkie.« Der Großvater erzählt unbeirrt weiter. »Aber Opa, warum hatte die Tante Magdalena denn keine Brille auf?«, ruft Minkie dazwischen. Pinkie gibt seiner Schwester einen Puff in die Rippen. »Wie wäre es, wenn du endlich einmal deine Klappe halten würdest, Schwesterchen!«

      »Brillen gab es damals noch keine, Minkie«, erklärt der Großvater geduldig. »Es war eine bittere Zeit, damals.« Großvater Aram wischt sich die Tränen von den Wangen. »Zudem hatte die Magdalena eine außergewöhnliche Augenkrankheit.«

      »Eine außergewöhnliche Augenkrankheit?«, ruft Minkie aus.

      »Was denn für eine, Opa?«

      Pinkie gibt seiner Schwester einen Puff in die Rippen. Der Großvater erzählt weiter. »Meine liebe Schwester schielte, aber nicht nach außen wie normale Gespenster, sondern nach innen. So sah sie alles doppelt.«

      »Ach?«, staunt Minkie. »Na so was! Das habe ich ja noch nie gehört.«

      »Magdalena rutschte über einer nassen Walnuss aus«, erzählt der Großvater weiter, sie wollte in den Keller um Kartoffeln zu holen. Für den Kartoffelsalat. Sie wollte Eier dazu braten und …«

      Minkie hält sich die Hände vor den Mund und kichert. »Wie kann man nur so blöd sein und über eine Walnuss stolpern?«

      Der Großvater starrt mit weit offenen Augen in das Kaminfeuer, nippt immer wieder an seiner leeren Teetasse. Dann flüstert er: »Sie purzelte die gesamten dreiunddreißig Kellerstufen herunter, blieb leblos auf der untersten Stufe liegen und wachte nicht mehr auf.«

      »Oh je«, murmelt Minkie kleinlaut. »Das tut mir aber leid, Opa.«

      Großvater Aram liebte seine einzige Schwester sehr. Mit Magdalena konnte er die besten Streiche der Welt machen. Gemeinsam sind wir stark, war das Motto des Geschwisterpaares. Und sie machten alles zusammen. Sie besuchten zusammen den Kindergarten, die Schule, den Musikunterricht, arbeiteten gemeinsam auf dem Feld, versorgten gemeinsam die zahlreichen Nutztiere wie Kühe, Hühner, Schweine, Kaninchen, Tauben. Und in der Freizeit spielten sie miteinander Fußball, Federball, Tischtennis oder Wasserball. Magdalena war verrückt nach Ballspielen. Und an einem Tag im Jahr zauberten sie zusammen, an ihrem Geburtstag, am Nikolaustag. Sie nannten den Tag ‚Magdalena-Aram-Zaubertag’.

      Die Geschwister hatten ihre eigenen Zaubersprüche. Und genau in diese Magdalena-Aram-Zaubersprüche sollten Minkie und Pinkie vom Großvater eingeweiht werden. Am zehnten Geburtstag aber erst. Sie waren damals noch zu jung dafür, waren erst fünf Jahre, fünf Monate, fünf Wochen, fünf Tage und fünf Stunden alt.

      Minkie kann es kaum abwarten, die Magdalena-AramZaubersprüche zu erfahren. »Ach bitte, bitte, du liebster, du bester, du gütigster, du schönster aller Gespensteropas. Gib mir doch bitte, bitte einen Zauberspruch preis, nur einen. Ich bin doch jetzt schon sechs, Opa«, quengelt sie ein paar Tage nach ihrem sechsten Geburtstag.

      »Abrakadabra«, lacht der Opa. »Und mehr erfährst du heute nicht, da musst du schon bis zu deinem zehnten Geburtstag warten.

      »Ach bitte, bitte, mein herzallerliebstes, bestes, schönstes, gütigstes Opilein …«

      »Ihr müsst erst die Regeln für Gespensterzauberer lernen«, sagt der Großvater in ernstem Ton. »Es kann nicht jedes Gespensterkind einfach so draufloszaubern, Minkie. Ohne Regeln, wie stellst du dir denn das vor, Kind, wo kämen wir denn da hin?«

      »Dann

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