Im Weihnachtswunderland. Gisela Sachs

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Im Weihnachtswunderland - Gisela Sachs

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du dir das vorstellst, funktioniert das mit der Zauberei wirklich nicht«, mahnt der Großvater. »Dazu brauchen wir Zauberstäbe, Nüsse, Schlangeneier, Fliegendreck. Zauberhüte, Zauberkugeln und …«

      »Bitte, bitte, Opa.«

      »Und vor allen Dingen müssen wir den richtigen Zeitpunkt abwarten.«

      »Den richtigen Zeitpunkt?«

      »Im Leben gibt es für alles den richtigen Zeitpunkt«, brummt der Großvater vor sich hin. »Für alles! Zudem müsstet ihr erst einmal das Gespenstereinmaleins beherrschen, Kinder.«

      »Dann fangen wir doch gleich mal mit dem Gespenstereinmaleins an, Opa«, sagt Minkie. Sie fängt zu zählen an. »Eins, zwei, drei, Kartoffelbrei, Hexenei, so einfach geht die Zauberei.«

      Der Opa schüttelt den Kopf, mahnt »Minkie!« Doch Minkie lässt sich nicht beirren und plappert munter weiter: »Vier, fünf, sechs und sieben, lasst euch nicht betrügen, ihr Lieben.«

      »Miinkie!«, mahnt der Großvater.

      Minkie beachtet den Großvater nicht weiter. Sie hüpft von einem Fuß auf den anderen, trällert: »Acht, neun, zehn, ihr werdet es sehen, der Zauber wird schon gehen. Elf, zwölf, dreizehn, vierzehn, fünfzehn. «

      »Du nervst, Schwester«, rügt Pinkie. »Sehr sogar! Nein heißt nein, beim Opa. Hast du das immer noch nicht kapiert?«

      »Verrate mir nur noch einen Zauberspruch, bitte, Opa.«

      »Simsalabim«, lacht der Opa. Und noch mehr erfährst du heute wirklich nicht, da musst du schon bis zu deinem zehnten Geburtstag warten, so wie dein lieber Bruder auch.«

      »Du bist ja so gemein, Opa«, schmollt Minkie. Sie trinkt die Tasse mit dem Kräutertee leer, stampft mit den Füßen auf den Boden und marschiert beleidigt aus dem Kaminzimmer. Als sie an Pinkie vorbeiläuft, streckt sie ihm mit einem lauten »bäh« die Zunge raus.

      »Hokuspokus Fidibus, dreimal schwarzer Kater«, flüstert da der Opa. »Meine Enkeltochter soll zehn Stunden lang schlafen.«

      Und kaum hat der Opa ausgeflüstert, liegt Minkie schlafend auf dem Fußboden. Der Großvater trägt seine Enkeltochter über den Flur ins Kinderzimmer und legt sie ins Bett. Er deckt sie liebevoll bis zur Nasenspitze hin zu, sagt lächelnd: »Gute Nacht, mein kleines Naseweismädchen.«

      »Aha«, murmelt der aufmerksame Pinkie vor sich hin. »Hokuspokus Fidibus, drei Mal schwarzer Kater!« Er wühlt in seiner Schreibtischschublade, findet nach langem Suchen endlich seinen Papierblock und einen zur Hälfte abgebrochenen Bleistift. »Hokuspokus Fidibus«, flüstert er vor sich hin, als er die magischen Worte zu Papier bringt. »Drei Mal schwarzer Kater.« Er reißt den Zettel vom Block ab, macht eine Kugel daraus und versteckt ihn im Kleiderschrank, ganz hinten, unter dem Ballen weißen Stoff für sein erstes Gespenstermännerfestgewand. Dann legt auch er sich ins Bett, kuschelt sich eng an seine tief schlafende Schwester Minkie, flüstert »gute Nacht Schwesterchen«, und auch Pinkie ist in Sekundenschnelle eingeschlafen.

      Aber in der Nacht suchen ihn wilde Träume heim. Er träumt von Zauberstäben, Zauberhüten, von Zauberkugeln, von Spukschlössern, von böse kichernden Hexen. Er wird von Fabelwesen mit Riesenschwertern in den Händen auf Riesenpferden verfolgt, von Wölfen, Eisbären, Klapperschlangen. Schweißgebadet wacht er auf, versucht Minkie zu wecken, aber sie schläft tief und fest, exakt zehn Stunden lang.

      »Du hast Geheimnisse vor mir, kleiner Bruder!«, beschwert sich Minkie. Sie krabbelt aus dem Schrank heraus und hält den zerknautschten Zettel mit dem Zauberspruch hoch in die Luft. »Was sind denn das für neue Sitten, kleiner Bruder?«, motzt sie. Pinkie mag es nicht leiden, wenn Minkie in seinen Sachen rumschnüffelt. Und er mag auch nicht leiden, wenn seine Schwester ihn kleiner Bruder nennt. Pinkie verdreht die Augen. »Antwort«, fordert Minkie und klopft den Zettel auf den Schreibtisch. »Gib her, Minkie«, fordert Pinkie. »Das hättest du wohl gerne, Brüderchen«, ruft Minkie und rennt aus dem Zimmer, den Flur entlang, aus der Haustür über die Felder. Sie peilt den Weg zum Engelstimmensee an. Manchmal bleibt sie stehen, winkt Pinkie zu und brüllt: »Du kriegst mich nicht, kleiner Bruder, du kriegst mich nicht!«

      »Und ob ich dich kriegen werde, du kleines Biest«, brüllt Pinkie zurück. Er hetzt der Schwester hinterher, holt sie keuchend ein und erwischt sie am Ende des Jackenärmels. Pinkie lacht freudig auf. »Ich hab dich, du Zicke!«

      Mit einem Ruck kann Minkie sich befreien und sie springt kurzerhand in den See, wohl wissend, dass Pinkie nicht hinterher springen wird. Sie macht ihm eine lange Nase, schlägt Purzelbäume im Wasser, ruft: »Spring doch rein, du Angsthase.« Prustend fängt sie zu singen an.

      »Mein Bruder ist ein Hasenfuß, ein Hasenfuß, ein Hasenfuß.« Sie spritzt Pinkie nass und lacht höhnisch: »So spring doch du Feigling! Mein kleiner Bruder ist ein Feigling, ein Feigling, ein Feigling.« Und irgendwann wird Pinkie wütend. Sehr wütend. So wütend wie noch nie in seinem Leben. Und er zischt: »Hokuspokus Fidibus, drei Mal schwarzer Kater, Schlangenei, und ab geht’s mit meiner Schwester nach Shanghai.«

      Und kaum hat das letzte Wort Pinkies Mund verlassen, landet er auch schon mit einem lauten Plumps auf dem harten Steinboden im Keller eines Hochhauses. Die klatschnasse Minkie eine Sekunde später, direkt neben ihm. Sie schauen sich erstaunt an. Im Keller ist es dunkel. Die Luftfeuchtigkeit ist sehr hoch, die Kinder können kaum atmen. Und es ist fürchterlich laut. »Umdeshimmelswillen«, stöhnt Pinkie entsetzt. »So habe ich das doch nicht gemeint.«

      Minkie reibt sich die Pobacken, die Landung war sehr unsanft.

      »Gibt es hier auch Licht?«, fragt sie verzagt. Minkie hatte, obwohl sie ein sehr vorwitziges Gespensterkind ist, schon immer Angst im Dunklen. »Woher soll ich das wissen«, fragt Pinkie zurück.

      »Du weißt doch sonst auch immer alles besser als ich, große Schwester.«

      »Du hast uns doch in diese Misere gebracht«, schimpft Minkie.

      »Ich bin nur ganz friedlich im See geschwommen und habe …«

      »Hättest du nicht in meinem Schrank herumgeschnüffelt und den Zauberspruch geklaut, dann wären wir jetzt nicht hier«, schimpft Pinkie zurück. Minkie reibt sich das Gesäß, stöhnt:

      »Aua, das wird sicherlich einige blaue Flecken geben.« Dann steht sie auf und schaut aus dem mit Eisen vergitterten Fenster. »Wo sind wir hier denn eigentlich?«

      »In Shanghai«, sagt der alte Spinnenopa zwischen den unzähligen toten Fliegen auf dem Fenstersims. »In einem Hochhaus.«

      »In Shanghai?« fragen Minkie und Pinkie zu gleicher Zeit erstaunt. »In Shanghai«, bestätigt der alte Spinnenmann. »In einem Hochhaus. Um genau zu sein, im größten Hochhaus der Stadt.«

      »»Ach du liebe Scheiße«, stöhnt Minkie laut auf.

      Der alte Spinnenmann lacht. »Ich bin ganz froh, dass ihr beiden da seid, ich habe mir schon lange Gesellschaft gewünscht. Im Keller gibt es nur ein paar Mäusekinder, deren Eltern von der Nahrungssuche nicht mehr heimgekehrt sind. Einen kleinen, grünen Grashüpfer. Er war im Sommer den Sonnenstrahlen hinterher gehüpft und hatte den Weg nach draußen nicht mehr gefunden. Eine alte, blinde Ratte …«

      »Und was machen wir jetzt?«, fragt Minkie.

      »Zurückzaubern natürlich«, antwortet Pinkie entschlossen.

      »Was sollen

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