EMP. Andrea Ross

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу EMP - Andrea Ross страница 6

EMP - Andrea Ross

Скачать книгу

benötigen, um die wenigen fahrbaren Untersätze überhaupt benutzen zu können. Wenn die Pumpen in den Tankstellen auch nicht funktionieren, womit sicher zu rechnen ist, dann muss man wohl früher oder später Treibstoff aus den gefüllten Tanks von nicht mehr fahrbereiten Autos ablassen und sich ein Lager anlegen. Dumm nur, dass die meisten Fahrzeuge seit einigen Jahren mit Elektromotoren ausgerüstet sind.

      Hausmeister Klaus gedachte mit der dritten Gruppe, der »Informations-Task Force«, so weit wie möglich aus der Stadt hinaus zu fahren und nachzusehen, ob der EMP örtlich eng begrenzt ist. Vielleicht hätte ja Kulmbach Strom, Nürnberg oder Hof? In diesem Fall könnten wir uns alle dorthin begeben und abwarten, bis auch in Bayreuth langsam wieder die Normalität einkehren würde. Notfalls zu Fuß.

      Auf ihrer Reise sollen nebenbei möglichst viele Leute befragt werden, ob sie über weitreichendere Informationen verfügen als wir. Womöglich existieren gute Ideen, wie man mit der Krise umgehen kann, auf die wir bisher noch nicht gekommen sind.

      Wenn schon das World Wide Web zumindest temporär nicht mehr existiert, dann muss eine andere Art von Informations-Netzwerk aufgebaut werden. Ein persönliches, von Mensch zu Mensch. Die vierte Gruppe rund um Peter würde sich vorrangig um folgende Fragen kümmern: Könnten wir irgendwo zusammen kampieren, damit nicht jeder zurück in seine kalte Wohnung muss? Wie gelingt es, eine Wärmequelle zu schaffen und adäquate Möglichkeiten für die Körperhygiene zu finden, ohne sich mit eiskaltem Wasser waschen zu müssen?

      Was ist mit Medikamenten, die wir früher oder später sicher benötigen werden? Welche mechanischen Geräte funktionieren noch, so dass wir wenigstens ein paar Hilfsmittel für das tägliche Leben verwenden können? Peter bezeichnet diese Task Force mit den Begriffen »Gebrauchsgegenstände und Hygiene«.

      Spätestens dann, wenn unsere Gemeinschaft eines Tages gut funktionieren wird und über Hilfsmittel und Lebensmittel verfügt, die andere nicht besitzen, wird es gefährlich. Da sind wir uns ausnahmsweise alle einig!

      Es wird todsicher eigennützige Leute geben, die uns diese lebensnotwendigen Schätze wieder entreißen wollen, auch unter Gewaltanwendung. Also müssen wir uns mithilfe der Task Force 5 (Verteidigung) unbedingt um den eigenen Schutz kümmern, sei es durch einfache Waffen, sei es durch Verstecke oder Zäune. Mal sehen, was die zuständige Gruppierung sich hierzu ausdenken wird. Ich nahm mir schon mal vor, über Steinschleuderbau nachzudenken und fühlte mich in die Kindheit zurückversetzt. Im Grunde proben die Kinder dieser Welt spielerisch den Ernstfall, indem sie Verstecke anlegen, Kirschen in Nachbars Garten klauen und sich Pfeil und Bogen selber basteln. Wir Erwachsenen müssen all das erst wieder mühsam lernen. Nur mit dem Unterschied, dass unsere Geschicklichkeit letzten Endes wohl über Gedeih und Verderb entscheiden wird. Kein schöner Gedanke.

      Irgendwie ist es schon albern: Eine Horde von degenerierten Rathaus-Bediensteten zieht aus, um das Überleben zu lernen, anstatt dem berüchtigten Beamten-Dreikampf zu frönen oder Beamten-Mikado zu spielen, ha ha.

      Plötzlich ist nicht mehr der Dienstgrad entscheidend, um herauszufinden, wer der Boss ist; im Augenblick füllt diese Rolle Peter aus, einfach weil er die größte Klappe besitzt und auf ein breit gefächertes Allgemeinwissen zurückgreifen kann.

      Hausmeister Klaus ist immens wichtig, weil er die Schlüssel zum Rathaus besitzt und das einzige fahrbereite Auto sein eigen nennt. Außerdem lagert in seinem dienstlichen Fundus jegliches Werkzeug, das man sich nur vorstellen kann. Vieles davon funktioniert auch ohne Strom, kann uns somit noch sehr nützlich werden.

      Wenn ich dran denke, dass Letzterer früher immer heimlich ausgelacht wurde, weil er stundenlang mit einem Laub-Föhn unterwegs war und der Herbstwind seine Bemühungen binnen Sekunden wieder zunichte machte … So einige Kollegen vertrieben sich früher gerne die dienstliche Langeweile mit diesem Anblick. Eine gewisse Situationskomik ist unbestreitbar vorhanden, auch wenn die Lage in Wirklichkeit sehr ernst ist.

      So! Jetzt brauche ich schon wieder Teelichter, um weiterschreiben zu können. Lange werden sie nicht mehr reichen, dann ist es vorbei mit meinen nächtlichen Aktivitäten.

      *

      Wir zählen 8 Personen in unserer neu gegründeten LebensmittelTask Force. Neben Alexandra und mir gingen heute Morgen zwei Kollegen aus dem Versicherungsamt sowie vier aus dem Sozialamt auf die Suche nach etwas Essbarem. Anfangs bewegten wir uns sehr vorsichtig über die glatten Gehsteige, wenig später kam die Sonne hervor und taute den eisigen Überzug auf, so dass wir weitaus schneller vorankamen.

      Auf dem Weg in die Innenstadt schmiedeten wir einen groben Plan, wie wir der Reihe nach vorgehen würden. Zunächst zählte jeder den Geldbetrag in bar, welchen er bei sich trug. Falls irgendwo wider Erwarten ein Geschäft geöffnet wäre, wollten wir als erste Maßnahme ganz normal haltbare Lebensmittel einkaufen gehen, vorrangig selbstverständlich Konserven.

      Schon nach wenigen Metern wurde es unübersehbar, dass sich seit gestern bereits so einiges verändert haben musste. Neben den überall nutzlos herumstehenden Autos waren erste Spuren der Verwüstung sichtbar.

      Was ich eigentlich nicht für möglich gehalten hatte, war wohl längst zur bitteren Realität geworden. Es musste da draußen schon heute am zweiten Tag der Krise Menschen geben, die sich um Gesetz und Ordnung keine Gedanken mehr machten und für sich selbst zusammenrafften, was immer sie zwischen die Finger bekommen konnten.

      Der erste Supermarkt einer kleinen regionalen Kette kam in Sicht. Selbstverständlich war mangels Beleuchtung hinter den mit Werbung plakatierten Schaufensterscheiben nichts als Dunkelheit zu erkennen. Dennoch zwang uns ein törichtes Fünkchen Hoffnung, bis zur Glas-Eingangstür zu gehen und nachzusehen, ob sie nicht doch zu öffnen ginge.

      Natürlich war das nicht der Fall. Wir liefen um das Gebäude herum bis zur rückwärtigen Metalltür des Warenlagers, weil wir hofften, dort vielleicht Personal anzutreffen, welches uns unkonventionell ein paar Lebensmittel hätte verkaufen können.

      Offensichtlich waren wir aber zu spät gekommen, jemand musste dem Anschein nach bereits hier gewesen sein. Die schnell verderblichen Lebensmittel aus den Eistruhen und Kühlregalen waren in und neben den Müllcontainern entsorgt worden.

      »Nehmen wir uns doch einfach von hier etwas mit!«, schlug Alexandra spontan vor und begutachtete schon einmal die traurige Ansammlung von Joghurtbechern und aufgetauten Gemüsebeuteln, die neben den Müllcontainern aufgetürmt lagen.

      Die anderen schüttelten entsetzt den Kopf. »Spinnst du? Was ist, wenn wir von diesem verdorbenen Gammel-Essen eine Lebensmittelvergiftung kriegen? Das Zeug riecht bereits streng, weil die Sonne voll draufscheint. Meinst du wirklich, die hätten etwas entsorgt, das noch essbar und damit verkäuflich gewesen wäre?«, fragte Selina und rümpfte angeekelt die Nase.

      »Ach was, wir müssen einfach ein wenig wühlen und stöbern, es kann ja nicht alles gleichzeitig schlecht geworden sein! Schließlich haben wir Mitte Februar, da geht es nicht so schnell mit dem Schimmel und der Fäulnis«, konterte ich genervt. Alexandra und ich hätten nämlich überhaupt kein Problem damit gehabt, den Müllberg Stück für Stück zu untersuchen, um Brauchbares zu extrahieren.

      Selina verschränkte trotzig die Arme. »Peter hat aber gesagt, wir müssen als Team arbeiten! Die Mehrheit von uns ist eindeutig dagegen, dass wir uns mit diesem dreckigen Müll aufhalten. Wir haben vorhin einstimmig beschlossen, zuerst nach geöffneten Märkten zu sehen, in denen man noch ganz normal gegen Bezahlung einkaufen kann. Schon vergessen?«

      Das konnte ja heiter werden! Ich suchte Alexandras Blick und sah, dass sie die Augen nach oben verdrehte. Wir fragten uns wohl beide, ob ein gemeinsames Überleben mit solchermaßen anspruchsvollen und empfindlichen Mitstreitern überhaupt gelingen kann, oder

Скачать книгу