Charlys Sommer. Anett Theisen
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Darunter fügte sie eine Skizze hinzu, die den Unterstand in der Seitenansicht zeigte. Dann ließ sie Zettel und Stift sinken und lehnte sich zurück. Wie gerufen tauchte Amadeus auf und machte es sich schnurrend auf ihrem Bauch bequem.
***
Eine knappe Stunde später erwachte Charly. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal derart königlich Mittagsschlaf gehalten hatte, wenn auch sehr verspäteten Mittagsschlaf. Sie streckte sich, was Amadeus ungehalten quittierte, indem er seine Krallen in ihren Bauch schlug.
„Autsch!“, protestierte sie, aber er sah sie nur aus unergründlich grünen Augen an.
Ergeben nahm sie ihre Schlafhaltung wieder ein und begann, den Kater zu kraulen. Ihre Gedanken wanderten.
„Was machst du denn für Sachen?!“
Charly zuckte zusammen, Amadeus schoss erschreckt von ihrem Bauch herunter, nicht ohne sie wiederum seine Krallen spüren zu lassen, und stolzierte mit ärgerlich wippender Schwanzspitze zum Apfelbaum.
„Hi Peter.“ Sie rieb sich die malträtierte Mitte. „Halb so wild. Hat Sepp es dir erzählt? Ich dachte, deine Skatrunde ist donnerstags?“
„Ist sie auch. Ich habe Sepp beim Einkaufen getroffen“, nickte Peter.
„Gut, dass du da bist.“ Sie reichte ihm das Blatt mit der Skizze. „Die drei in deinem Garten brauchen einen Unterstand.“
Peter angelte umständlich seine Lesebrille aus der Brusttasche seines Hemdes, setzte sie auf und studierte Charlys Notizen. „Nichts dagegen einzuwenden.“ Er sah auf.
Charly schnaubte. „Wegen Punkt eins hatte ich auch keine Bedenken. Ich hoffte, du könntest mir bei Punkt zwei behilflich sein?“
Er schmunzelte. „Dachte ich mir schon. Auch kein Problem. Ich vermute, es soll möglichst schnell gehen?“
„Ja, wäre nicht schlecht. Wobei ich sowieso nicht gleich loslegen kann.“ Sie hob die bandagierte Schulter und seufzte. „Dabei hatte ich heute so viel vor.“
„Ein bisschen Ruhe schadet dir nicht.“ Peter betrachtete sie. „Was gibt’s zum Abendessen?“
Sie deutete auf die Schokolade.
„Was sagst du zu Wildschweinschinken und Hirschsalami?“, fragte er. „Nicht zu vergessen, frisches Brot?“
Charly blinzelte schelmisch. „Ich sage, ich decke den Tisch und denke, es findet sich bei mir ein guter Rotwein dazu.“
‚Abendessen in Gesellschaft, besser geht’s nicht’, dachte sie vorfreudig.
Who’s That Girl? – Eurythmics
Christian schwang sich aufs Fahrrad und pfiff Napoleon zu sich. Begeistert stob dieser von seinem Schattenplatz auf ihn zu und sprang schwanzwedelnd um ihn herum. Er nahm den Wirtschaftsweg, der am Waldrand zum Nachbardorf hinüberführte. Den ganzen Nachmittag über hatte er gegrübelt, aber trotzdem keine Idee, wo sie ‚hingehörte‘. Vielleicht konnte Peter ihm weiterhelfen.
Nur schien der nicht zu Hause zu sein, obwohl sein kleiner roter Golf in der Einfahrt stand. ‚Oder hört er die Klingel nicht, weil er im Garten zugange ist?’
Kurz entschlossen umrundete Christian die Hausecke und fand sich unversehens vor breitem, weißem Weidedraht wieder. Dahinter hatte sich ein großer Schimmel in unmissverständlich drohender Haltung aufgebaut. Naja, Kopf und Beine des Tieres waren eher gräulich-schwarz. Außen am Draht entlang führte eine Trampelspur im Gras zu einem neuen kleinen Tor in der Feldsteinmauer, durch das soeben Peter hereinkam.
„Grüß dich, Christian, was verschafft mir die Ehre?“
Bevor er antworten konnte, tauchte im Nachbargarten ein löwengelber zottiger Schäferhund auf, schlüpfte durch das neue Törchen und setzte sich abwartend neben die Pferdekoppel. Napoleon kannte keine solche Zurückhaltung und rannte auf den fremden Hund zu, der sich zu Christians Erleichterung sofort demütig auf den Rücken fallen ließ, dann Napoleons Aufforderung zum Spiel Folge leistete und mit ihm durch Peters Garten tobte. Nur wenn sie der Pferdekoppel nahe kamen, änderte sich die Haltung des Fremden zu argwöhnischer Wachsamkeit.
Das Zwischenspiel mit den Hunden hatte ihn abgelenkt.
„Eigentlich nur eine Frage …“
„Schieß los!“ Peter winkte ihm zu folgen, trat ins Haus und reichte ihm aus der Vorratskammer einen nach frischem Holzrauch duftenden Schinken und eine Salami, während er seiner Beschreibung lauschte.
„Du hoffst, dass ich dir sagen kann, wo sie wohnt?“
Etwas ratlos und verwirrt ob Peters augenscheinlichem Amüsement rieb Christian sich übers Kinn. „Das war mein Gedanke.“
„Und dann?“ Peter nahm ihm die Lebensmittel ab und trat aus dem Haus.
‚Ja, was dann? Bei ihr klingeln? Versuchen, sie abzupassen? Bin ich für solche Spielchen nicht langsam zu alt?’ Diesmal rieb er sich den Nacken, merkte es und schob die Hände in die Hosentaschen. „So weit war ich noch nicht.“
„Aha. – Komm mal mit.“
Gehorsam folgte er Peter in den Nachbargarten. Er sah sich nach den Hunden um und pfiff Napoleon zu sich; der fremde Hund folgte, hielt aber Abstand zu ihm. Derweil hatte Peter den lila blühenden Fliederbusch umrundet und sprach mit jemandem. Er beeilte sich und betrat die Terrasse in dem Augenblick, als sie, ‚Charly’, erinnerte er sich, mit Tellern, Besteck und Rotweingläsern aus der Tür trat. Sie schien überrascht, ihn zu sehen, fing sich aber sofort und grinste ihn an.
„Du hast mich ja schnell gefunden!“
„Ah, ihr kennt euch schon?“ Peter schaute erstaunt von ihr zu ihm. „Auch gut. Dann können wir uns die Formalitäten sparen und gleich essen.“
„Du kannst mich doch nicht bei ihr einladen!“, protestierte er.
„Kann er schon. Genau genommen ist es sein Essen, ich stelle nur die Lokalität. Wenn es dich beruhigt, ich würde mich freuen, wenn du bleibst.“ Sie beschäftigte sich scheinbar beiläufig damit, den Korkenzieher in den Korken einer Weinflasche zu drehen.
Let Me Help – Billy Swan
„Dann bleibe ich gerne.“ Seine Stimme war tief und warm wie seine Hand, die ihre streifte, als er ihr die Flasche aus der Hand nahm und den Korken herauszog. Sie verfolgte es amüsiert, und als er ihr die Flasche zurückreichte, fragte sie in leichtem Tonfall: „Woran liegt es, dass Männer meinen, eine Frau könne keinen Korken aus der Flasche ziehen?“
„Was andere Männer betrifft: keine Ahnung. Ich will meine gute Erziehung zur Schau stellen“, konterte er.
Sie lachte.
Während des Essens herrschte zunächst hungrige Stille. Dann deutete Peter mit der Gabel in Richtung ihrer Notizen. „Magst du Christian deine Unterstandsüberlegungen zeigen? Er ist Ingenieur und hat vielleicht noch