Charlys Sommer. Anett Theisen
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Sie stellte ihm Futter hin. Wie in den vergangenen Tagen auch blieb er genau außerhalb ihrer Reichweite. Mit einem kurzen Gute-Nacht-Gruß sammelte sie Amadeus aus dem Apfelbaum ein und nahm ihn mit ins Haus. Sie packte die Alukisten der BMW für die kommenden Tage, kochte Nudeln, feuerte nebenher den Kamin an und machte es sich nach dem Essen im Wohnzimmer mit einem Buch gemütlich.
Blaue Augen – Ideal
Als Charly kurz vor sechs erwachte, war es bereits hell. Ausgiebig geduscht wanderte sie, sich genüsslich streckend, in die Küche, goss Kaffee in den Becher und trat auf die Terrasse hinaus. Beim Blick über die Koppel vergaß sie den Kaffee.
„Der Hengst ist weg!“
***
"Ruhe bewahren!", ermahnte sie sich selbst, stellte den Pott achtlos auf dem Terrassentischchen ab und lief zur Koppel. Auch auf der dahinter liegenden Bachkoppel war er nicht zu sehen. ‚Wo ist der Hund?’
Mit wenigen Schritten war sie beim Unterstand. Er lag auf der Decke und sah ihr mit schräg gelegtem Kopf aufmerksam entgegen. Irritiert blickte sie wieder über die Koppel. Hinter ihr ertönte ein halblautes „Wuff“. Sekunden später antwortete ein Wiehern aus Peters Garten und der Kopf des Hengstes erschien über der Feldsteinmauer.
„Was in aller Welt ...“
Das Törchen knarrte, dann stand sie auf Peters Obstwiese und staunte. Unter dem alten Birnbaum stakste auf langen Beinen ein wolliges, hellbraunes Fohlen neben seiner sichtlich erschöpften Mutter her und suchte eifrig unter deren Bauch herum. Der Hengst drehte aufgeregt Runden um die beiden, hielt die anderen Pferde fern und baute sich dann drohend zwischen Charly und der Stute auf.
Der Hund war ihr gefolgt und hatte sich in die Toröffnung gesetzt. Er schien zu wissen, dass der Hengst jetzt niemanden in der Nähe dulden würde. Letzterem gut zuredend und ihn nicht aus den Augen lassend ging Charly vorsichtig zurück zum Törchen und schloss es hinter sich. Der Hengst beruhigte sich sichtlich.
Sie benachrichtigte Peter, den Tierarzt und Beatrix. Nacheinander trafen sie an der Koppel ein und bestaunten das Schauspiel, das der Hengst ihnen bot. Noch immer umkreiste er Mutterstute und Fohlen, zwischendurch trat er an die Stute heran, beschnoberte sie und beknabberte ihren Rücken, kam aber nie dem Fohlen zu nahe.
„Ein Geburtshelfer“, schmunzelte Dr. Schnellenbach. „Kann man gelegentlich bei Wildpferden oder nahezu wild gehaltenen Pferden bei Nomaden beobachten. Die meisten Hengste passen nur auf, dass sich die Stute zur Geburt nicht zu weit von der Herde entfernt, aber manche kümmern sich rührend um Mutter und Kind. Mit dem Nachteil, dass man bei Komplikationen an beide nicht rankommt.“ Er pausierte mit nachdenklich geschürzten Lippen. „Aus der Ferne sieht alles normal aus. Ich bleibe eine Weile hier und beobachte das Trio. Auch danach sollten sie nicht unbeaufsichtigt bleiben.“ Der Tierarzt sah fragend in die Runde.
Charly schüttelte den Kopf, aber Peter nickte bestätigend und Beatrix fügte hinzu: „Ich löse dich nachmittags ab, Pit.“
Charly verabschiedete sich und wandte sich zum Gehen, kehrte jedoch nach wenigen Schritten zurück. „Beatrix? Ich will die drei haben. Machst du die Papiere fertig? Ich komme heute Nachmittag vorbei.“ Bevor ihre Nachbarn und der Tierarzt sich von ihrer Überraschung erholen konnten, war sie verschwunden. Sie war spät dran.
***
Die Kollegen saßen bereits zur Frühstückspause zusammen, als Charly die BMW an der Baustelle abstellte. Sie kletterte in den Firmentransporter, zog sich um und hockte sich dazu.
"Kneipenschlägerei?", fragte Sepp mit einem Kopfnicken zu ihrem blauen Auge hin.
"Klar, im Dorfkrug. Hast du gestern Abend verpasst", grinste sie und Sepp lachte.
Zur Erheiterung aller berichtete sie die Ereignisse des Abends und des Morgens und musste sich den Rest des Arbeitstages die Sticheleien ihrer Kollegen gefallen lassen. Sie war froh, als sie aufs Motorrad steigen und losfahren konnte. Sie holte Geld von der Bank und fuhr zu Beatrix. Das erledigt, sah sie auf ihr Handy. Sie hatte jetzt überhaupt keinen Nerv für ihre Mutter. Aber es musste sein.
I Knew You Were Trouble – Taylor Swift
Der Motorradtreff kam in Sicht. Charly bremste kurz entschlossen scharf ab und bog in den Parkplatz ein, fuhr gemächlich zum hinteren Ende, wendete halb und ließ die BMW rückwärts in eine breite Lücke rollen. Der Parkplatz war zum Rand hin abschüssig und sie brauchte nur leicht mit den Fußspitzen zu steuern.
Auf der Straße röhrte ein Porsche vorbei. ‚Blau.’
Sie bemerkte ihren Fehler sofort und stemmte sich gegen die Maschine, die ihre Unaufmerksamkeit ausgenutzt hatte und sich gen Erde neigte. Unaufhaltsam, wie sich zeigte.
‚Verdammt!’ Charly gab auf und sprang zur Seite, die GS krachte zu Boden. Plastik splitterte. Fluchend riss sie sich den Helm vom Kopf und hob den Fuß, zielte aufs Hinterrad, überlegte es sich im letzten Moment anders und trat heftig gegen den Findling, der als Parkplatzbegrenzung schräg neben ihr lag. Mit einer fließenden Bewegung hängte sie ihren Helm an den Jägerzaun dahinter und umrundete die BMW, die halbmast auf der Ecke des Koffers hing. Sie registrierte, dass ein großer, breitschultriger Mann aus der gegenüberliegenden Parkreihe auf sie zusteuerte, beachtete ihn aber nicht und wuchtete ihr Motorrad erst in die Senkrechte und weiter auf den Hauptständer. ‚Wut ist mitunter ganz nützlich.’
Der Koffer hatte größere Schäden verhindert, nur der Handprotektor war zersplittert. Wie immer hatte sie ihr Bordwerkzeug schnell zur Hand und schraubte ihn bereits ab, als der Fremde sie ansprach.
“Kann ich dir helfen?”
Ohne aufzusehen schüttelte sie ablehnend den Kopf. “Ich komme klar.” Sie klang schroffer als beabsichtigt und die Abfuhr tat ihr leid, kaum dass sie sie ausgesprochen hatte. “Trotzdem danke für das Angebot”, setzte sie deshalb hinzu und sah zu ihm auf. Braune Augen und ein freundliches Lächeln, das sofort aus seinem Gesicht verschwand und einem eigenartigen Ausdruck Platz machte.
‚Mitleid’, dachte sie. ‚Mitleid und mühsam gezügelter Ärger.’
“Wer hat dir das Veilchen verpasst?”, fragte er scharf.
Charly verkniff sich mühsam die genervte Reaktion und antwortete so gleichmütig wie möglich: “Ein Pferd.”
Sie sah ihm an, dass er ihr nicht glaubte und beschäftigte sich angelegentlich mit dem Zusammenpacken des Werkzeugs. Er blieb, offenbar unschlüssig, ob er eine weitere Abfuhr riskieren sollte, neben ihr stehen und beobachtete ihre Handgriffe. Sie klaubte die Plastiksplitter vom Boden auf, bot ihm ein vages “Ich hol mir einen Kaffee” an und ging zum Kiosk.
Auf dem Weg versenkte sie den zerbrochenen Protektor im Mülleimer. Dabei warf sie einen verstohlenen Blick über ihre Schulter. Er musste gezögert haben, aber er folgte ihr mit langen Schritten und holte auf.
***
Melli, ihre Freundin, war wie erhofft im Dienst und reichte ihr einen Pott Kaffee, ohne die Bestellung abzuwarten.
„Wenn du schon ein blaues