Charlys Sommer. Anett Theisen

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Charlys Sommer - Anett Theisen

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zum Henker, macht der hier?’

      „Sepp?“, fragte sie halblaut.

      „Hm?“

      Sie wies beiläufig mit dem Kinn nach unten.

      „Der Architekt. Kennst du den nicht?“

      Sie schüttelte den Kopf. Dann kletterte sie eilig zum Giebel, hielt sich mit einer Hand am Dachfirst fest und beugte sich so weit wie möglich vor, um dem Mann nachzusehen. ‚Ich will nicht, dass er mich sieht, dem will ich auf der Straße begegnen!’ Das Bild stand ihr lebhaft vor Augen. Im Prinzip eine ähnliche Hetzjagd wie am Samstag, gerne noch etwas flotter, aber nicht mit verschiedenen Richtungen endend, sondern mit einem gemeinsamen Abend im Biergarten.

      ‚Romantisch im Sonnenuntergang’, dachte sie ironisch. ‚Ich wusste gar nicht, dass ich so kitschig sein kann.’

      „Soll ich dich vorstellen?“, schmunzelte Sepp, der sie offensichtlich amüsiert beobachtet hatte.

      Wieder schüttelte sie den Kopf. „Eher das Gegenteil.“

      Sepps Augenbrauen schnellten in die Höhe. „Ab mit dir, für kleine Mädels. Ich pfeif, wenn die Luft rein ist.“

      When Will I See You Again – The Three Degrees

      Gereon schaute auf die Uhr und sprang die letzten vier Stufen mit einem Satz hinunter. Er war spät dran. Zügig umrundete er den braunen Transporter, als sein Blick aufs Kennzeichen fiel. „CAT 2014.“

      ‚Zufall?’ – Er blickte zum Neubau zurück, zögerte, sah erneut auf die Uhr und stieg ins Auto. ‚Nachher, beim Richtfest’, sagte er sich.

      ***

      Bei den nächsten Terminen war er unkonzentriert und hibbelig. Schließlich setzte er sich aufatmend in den Porsche. Am Neubau erwartete ihn jedoch eine herbe Enttäuschung.

      Der Bus war weg.

      Und die anwesenden Männer der verschiedenen Gewerke schwiegen sich auf seine vorsichtigen Nachfragen hin auffällig eisern aus.

      Ridin’ Easy with the Sun – Sons of the San Joaquin

      Charly bog in ihre Einfahrt, parkte den Bus vor der Scheune und sprang aus dem Auto. Ihr erster Weg führte ums Haus. Amadeus, der sonst das Empfangskommitee auf dem Sims des Küchenfensters stellte, war nirgends zu sehen. An der Koppel erwartete sie eine Überraschung. Beatrix und Peter standen am Zaun, dahinter trabte nervös der Schimmel auf und ab. Der Hund lag zwischen den beiden und beäugte Charly aufmerksam.

      ‚Das erklärt Amadeus‘ Abwesenheit.’

      Auch die anderen Pferde vom Transport waren auf zwei Koppeln verteilt, fünf unter den alten Obstbäumen in Peters weitläufigem Garten, der Rest auf der Bachkoppel vorm Waldrand.

      „Wir haben sie schon rübergebracht. Der Doc war grade da und einige Helfer. Ich hoffe, das ist ok?“, erkundigte sich Beatrix. „Es sind alle gesund, entwurmt und geimpft haben wir sie trotzdem. Der Hengst verträgt sich auch gut mit deinen Tieren.“

      „Passt schon. Ich bin ganz froh, jetzt nicht noch fremde Rösser he­rumführen zu müssen“, antwortete sie und lehnte sich mit verschränkten Armen auf die oberste Latte des Koppelzaunes. Das Holz war rissig und rau, aber noch sonnenwarm. „Habt ihr Amadeus gesehen?“

      Peter deutete zum Apfelbaum. Dort saß der Kater in einer Astgabel, seine grünen Augen leuchteten misstrauisch durchs Laub und die weiße Schwanzspitze kräuselte sich aufgeregt hin und her. Charly ging zu ihm und hob ihn herunter, behielt ihn jedoch im Arm. Als sie zu den anderen zurückkehrte, knurrte er missbilligend und krallte sich in ihre Weste. Der Hund sah aufmerksam zu ihnen hoch, rührte sich aber nicht.

      „Du wirst dich mit ihm anfreunden müssen, Amadeus, oder zumindest abfinden“, sagte sie zum Kater, trug ihn dann zur Haustür, ließ ihn hinein und kehrte mit einer Decke, einem Sack Hundefutter und zwei Schüsseln zurück. Sie deponierte die Decke neben der Futterkiste, füllte eine Schüssel mit Wasser, die andere mit Futter und stellte sie daneben.

      „Ich hoffe, es gefällt dir hier, Hund. Demnächst überlegen wir uns einen Namen für dich. Und für deinen großen Kumpel.“

      Peter schmunzelte. „Der wird sich bald wie zu Hause fühlen. Ich schau morgens und abends nach den Pferden, damit du nicht soviel extra Arbeit hast.“

      „Danke“, lächelte sie zurück. „Ist mir ganz recht, ich werde die nächsten Wochenenden unterwegs sein. Ach, und am Donnerstag bleibe ich über Nacht weg. Ich besuche meine Mutter“, erklärte sie schuldbewusst.

      Beatrix lachte. „Mach dir keine Sorgen. Ich bin auch noch da. Nach deinen Pferden zu schauen, kriegen wir so eben hin, und einen Haus- und Hofhund hast du jetzt auch, der ungebetene Besucher fernhält.“

      Peter legte den Kopf schief. „Hoffentlich wagt sich überhaupt noch jemand her. Charly ist ein bisschen jung fürs Einsiedlerleben.“

      Sie zuckte die Schultern. „Ich kann keinen herbeizaubern.“

      Sie trennten sich mit einem kurzen Gruß.

      ***

      Charly baute die Batterie in die Suzuki, fütterte Amadeus, der im Haus schmollte, machte sich selbst etwas zu essen und setzte sich damit auf die Terrasse, um den Pferden zuzusehen.

      Ihre Gedanken lungerten unbehaglich oft in der Nähe eines gut aussehenden, Porsche fahrenden jungen Mannes herum.

      Nachdem sie das Geschirr ins Haus gebracht hatte, holte sie Napoleon von der Koppel, putzte und sattelte ihn und ritt Richtung Aussichtsturm. ‚Napoleon ist zwar kein nervöses Pferd, aber vor mich hinträumen kann ich nicht. Das ist ganz gut so.’

      Who Is She – Patrick Doyle

      „Ja, sicher bewege ich Flori für dich.“ … „Nein, das wird mir nicht zu viel.“ … „Ehrlich gesagt, kommt es mir ganz recht.“ … „Soll ich vorher bei dir vorbeikommen?“ … „Ganz sicher?“ Gereon lauschte dem Tohuwabohu am anderen Ende der Leitung.

      ‚Was ist bei meinem Schwesterchen nur wieder los? Wer’s woas, werd’s wiss’n,’, dachte er ‚vielleicht erzählt sie es mir später.’

      „Ok, dann schau ich nachher bei dir rein.“ Kopfschüttelnd unterbrach er die Verbindung, ließ den Porsche im Hof stehen, hetzte ins Haus, zog sich um, wieder landeten die Kleidungsstücke verstreut im Haus und markierten seinen Weg durch die Wohnung, dann sprang er in Reitklamotten ins Auto und schoss zurück auf die Straße.

      Der Chef des Reitstalls erwartete ihn mit der geputzten, gesattelten und warm gerittenen Florentine, er brauchte nur noch in den Sattel zu steigen. Zügig ritt er zum Aussichtsturm hoch. Er hatte Hunger und die kleine Ausflugsgaststätte dort bot gutes Essen an.

      Am Anbindebalken stand bereits ein großer Brauner und brummelte ihnen freundlich entgegen. Er band Florentine mit etwas Abstand neben ihm an, klopfte beiden Pferden den Hals und setzte sich im Biergarten so, dass er sie im Blick hatte. Prüfend musterte er die anderen Gäste, einige ältere Wanderer, niemand, der als Reiter zu dem Braunen

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