Charlys Sommer. Anett Theisen
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Ihr Vater antwortete nicht sofort und sie sah ihn vor sich, wie er mögliche Antworten überdachte.
‚Was ist es?’, dachte sie hektisch. „Ist er gefährlich?“, brach sie die Stille.
„Nein“, antwortete er ohne zu zögern, aber auch nicht übertrieben schnell, und eine Spannung, die sie bisher nicht gespürt hatte, fiel von ihr ab.
„Er mag es, junge Frauen ein Wochenende lang wie eine Königin zu behandeln und ihnen alles zu bieten, was ihr Herz begehrt. Ohne Gegenleistung“, betonte er.
‚Er verschweigt mir etwas’, dachte sie, beschloss aber, es nicht weiterzuverfolgen. Sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass alles Nachbohren vergeblich sein würde. „Da hatte er sich mit mir die Falsche ausgesucht“, lachte sie und erzählte nicht ohne Stolz ihre Lösung. „Wobei ich zu gern sein Gesicht gesehen hätte …“
„Man kann nicht alles haben“, mischte sich Steven lapidar ein. „Was stand denn auf dem Zettel?“
„Geht dich nichts an, Bruderherz“, flötete sie ins Telefon und legte mit einem kurzen Gruß auf, ehe er antworten konnte.
***
Eine Viertelstunde später stand sie mit Beatrix auf deren kleinem Hof. Der rappelvoll war mit Pferden. Elendsgestalten, mager, zerzaust und verdreckt.
„Dir ist klar, dass ich sie nicht alle nehmen kann?“
„Ich dachte, du könntest den Hengst nehmen“, Beatrix wies auf einen nervösen Schimmel.
„Und vielleicht zwei oder drei der Wallache. Weiß der Himmel, wo ich die anderen unterbringen soll.“ Sie seufzte.
„Hmmm“, brummelte Charly. In ihren Gedanken reifte eine Idee. Um Zeit zu schinden, fragte sie nach der Herkunft der Pferde.
„Standen in einem nicht mehr fahrtüchtigen Viehtransporter auf dem Waldparkplatz neben der Autobahnauffahrt. Ohne Wasser. Ohne Futter. Mindestens seit Freitag. Sind vermutlich aus Polen. Die Jungs vom Tierschutzverein haben sie heute Mittag rausgeholt“, berichtete Beatrix im Telegrammstil.
„Hmmm.“ Das Problem war nur, dass sie sich nicht wieder trennen konnte. So war sie zu Fred gekommen und zu den beiden Eseln. Sie fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare. „Lass mich kurz telefonieren, ja?“
***
"Ich nehme sie doch alle. Peter überlässt mir die Bachwiese. Er geht mir seit Jahren auf den Geist, dass ich die übernehme. Also soll es wohl so sein.“ Bevor Beatrix etwas dazu äußern konnte, fragte sie weiter: „Du übernimmst die Vermittlung der Pferde?“
„Ja, das mache ich. Einer vom Verein schaut auch täglich nach ihnen, du musst dich nicht um sie kümmern.“
Charly nickte abwesend, noch immer mit ihren Gedanken beschäftigt. „Ich möchte ein Vorkaufsrecht. Ich kenne mich", erklärte sie.
„Das ist kein Problem.“ Beatrix lachte befreit laut auf.
Sie besprachen die Überführung der Pferde auf die Weiden für den nächsten Tag, um die müden Tiere nicht noch einmal aufzuscheuchen, zumal die Dämmerung eingesetzt hatte. Dann zögerte Beatrix. „Allerdings gibt es noch einen Haken: Zu dem Schimmel gehört ein Hund.“ Sie wies auf eine Art Schäferhund, den Charly nicht bemerkt hatte, weil er unbeweglich zu Füßen des Hengstes im Schatten lag.
„Na bravo, Amadeus wird sich freuen ...“
***
Der erwartete sie bereits an der Haustür und schlüpfte mit ihr ins Haus. Sie fütterte ihn, fischte sich einen Apfel aus der Obstschale und packte den Tankrucksack für den nächsten Morgen. Mit Handy, Buch und Decke machte sie es sich auf ihrem Big Sofa bequem.
Got My Mind Set on You – George Harrison
Der nächste Morgen hielt eine unliebsame Überraschung für sie bereit. Ihr Transportesel, die kleine schwarze GS 500 E, sprang nicht an. Noch nicht mal “Klack” machte es, als sie den Zündschlüssel drehte.
Ehe Charly einen bewussten Gedanken fassen konnte, griff sie automatisch den Schraubenschlüssel vom Bord und war dabei, die Batterie auszubauen. Als sie dies erledigt hatte, räumte sie den Schlüssel zurück an seinen Platz, drückte die Sitzbank in die Halterung und trabte zum Haus. ‚Lästig, aber nicht wirklich ein Problem. Ich hänge sie eben in der Werkstatt an den Strom und morgen läuft sie wieder.’
Mit zwei Einkaufskörben am Arm kehrte sie zurück und ging zu dem großen Seitengebäude, dessen Stirnseite die Rückwand des Carports bildete. Die zur Straße gewandte Längsseite bestand aus zwei riesigen Schiebetoren. Charly stemmte sich mit ihrem ganzen Gewicht gegen den rechten Flügel und langsam rollte das schwere Tor auf. Dahinter herrschte Dunkelheit. Sie packte Körbe und Tankrucksack ins Auto, kletterte auf den Fahrersitz und parkte aus. Mühsam zerrte sie das Tor wieder zu und kurvte aus der Einfahrt.
‚Mit dem Tor muss ich mir etwas einfallen lassen – entweder saubermachen und ölen oder in eine neue Führung und Rollen investieren. Das eine ist zeitlich aufwendiger, das andere finanziell. Wenn ich meine Arbeitsstunden mit ansetze, kommt es wahrscheinlich auf das Gleiche raus’, überlegte sie. ‚Kaum bin ich rum, geht es am anderen Ende wieder los.’ Sie seufzte.
***
"Hoi, Mopped kaputt?", wurde sie von den Kollegen begrüßt.
„Batterie“, nickte Charly.
„Na, man gut, dass du den Bus erwischt hast“, brummte Sepp, der Älteste unter ihnen, und alle lachten. Nur der Azubi schaute irritiert von einem zum andern. „Hier fährt doch gar kein Bus.“
„Meiner schon“, grinste Charly schelmisch, obwohl ihr der Bursche leidtat. Aber so war es nun mal: Die Azubis hatten es auf der Baustelle nicht leicht, und das bisschen Neckerei schadete nicht. ‚Ich habe es schließlich auch überlebt.’
„Ganz einwandfrei“, betonte sie noch.
Die Männer lachten wieder.
„Sie fährt einen Transporter“, erbarmte sich Sepp schließlich des Jungen, der immer noch verständnislos dreinschaute.
„Kann ich doch nicht wissen“, maulte der.
„Jetzt weißt du es ja“, antwortete Charly begütigend. „Ich geb dir heute Mittag was aus. Komm, sei ein Gentleman und pack mit an!“ Sie hievte sich einen der Balken für die Dachkonstruktion auf die Schulter. Gemeinsam bugsierten sie ihn nach oben.
Der Vormittag verging in komfortabler Zusammenarbeit. Für den Nachmittag war das Richtfest geplant, das Wetter schön, die Aussicht auf die Fränkische Schweiz atemberaubend. Charly liebte die Bauzimmerei und das Dachstuhlsetzen ganz besonders. Auch wenn es oft schwere Arbeit war. Die Männer achteten darauf, dass es für sie nicht zu viel wurde; manchmal musste sie die Jungs eher bremsen, dass sie ihr nicht zu viel abnahmen. Anfangs hatten sie sich gegenseitig misstrauisch beäugt, aber inzwischen hatte sie sich Respekt und Achtung erarbeitet und ihren Platz im Team gefunden. Pfeifend hämmerte sie einen unterarmlangen Nagel in