Charlys Sommer. Anett Theisen

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Charlys Sommer - Anett Theisen

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Härchen auf ihren Armen hoben sich, beobachtete er mit Genugtuung. Aber sie hatte sich gut im Griff; ihre Antwort war leicht, unbeschwert, wenn auch flirtig. „Was nicht ist, kann noch werden.“

      ‚Oha, ist das ein Angebot?’ Die Ankunft der Bedienung enthob ihn einer sofortigen Reaktion. Die Atempause war bitter nötig. Das Mädel verwirrte ihn schneller, als er es je von einer Frau für möglich gehalten hätte.

      ***

      Die Vorspeise wurde serviert. Charly atmete langsam aus.

      ‚Ruhig!’, ermahnte sie sich. ‚Übertreibe es nicht.’ Sie konzentrierte sich auf ihr Essen, warf ihm nur gelegentlich einen verstohlenen Blick zu. Ihre Gedanken rasten.

      ‚Was ist ein unverfängliches Thema? Bei diesem Tempo werde ich morgen allen guten Vorsätzen zum Trotz im falschen Zimmer aufwachen.’

      ‚Ich habe einen leichten Vorteil’, überlegte sie. ‚Immerhin weiß ich, wer er ist. Er dagegen bringt mich sehr wahrscheinlich nicht mit der Motorradfahrerin von der Ampel vor einigen Wochen in Verbindung. Auf meine Kollegen ist Verlass; die haben nichts verraten, obwohl er sich zum Richtfest nach meinem Bus erkundigt hat, wie Sepp berichtete. Ob er den Bogen dahin schlägt, wenn ich meinen Beruf offenbare?’

      „Womit verdienen Sie Ihre Brötchen?“, fragte sie unvermittelt.

      ***

      Er konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen. ‚Sie will beeindrucken. Und nicht viel preisgeben. Was mich betrifft, so hat sie diese Ziele bisher übertroffen. Ihre Antworten haben mehr Rätsel aufgeworfen, als sie gelöst haben. Ihre letzte Frage allerdings verrät mir mehr, als ihr vermutlich lieb ist. Sie ist also doch nicht so cool, wie sie vorgibt.’ Er schob ihr sein Handy hin. „Mein Schreibtisch.“

      Sie studierte das Bild auf dem Display und ließ sich Zeit. „Ist das ein Modell der Dresdner Frauenkirche?“

      Erstaunt betrachtete er sie. Das Modell war auf dem Bild nur sehr verschwommen im Hintergrund zu sehen, noch dazu war es angeschnitten und es zeigte nur etwa ein Drittel davon. Ihr erwartungsvoller Blick erinnerte ihn, dass er noch nicht geantwortet hatte und er nickte.

      „Dann tippe ich auf Architekt.“ Sie sah ihn fragend an.

      „Stimmt“, fing er sich rechtzeitig. „Und Sie?“

      Das Bild, das sie ihm reichte, ließ nicht viel Aussage zu. Ein atemberaubender Blick über eine waldreiche, trotzdem abwechslungsreiche Hügellandschaft, die ihm vage bekannt vorkam. „Offensichtlich kein Bürojob.“

      „Blättern Sie eines weiter. Das ist zwar älter und woanders, aber aussagekräftiger.“ Ihre Stimme klang amüsiert.

      Es war ein beeindruckendes Foto. Ein dramatischer Wolkenhimmel, darunter hohe, schneebedeckte Berge, davor ein See. Ganz im Vordergrund war ein kleiner Teil eines Dachfirstes im Rohbau zu sehen – und sie in Zimmermannskluft, die darauf stand und sich zum Fotografen umwandte.

      „Wie hoch war das?“ Er merkte selbst, dass er sich aggressiv anhörte.

      „Zehn, zwölf Meter. Noch nichts, wo ich Herzklopfen bekomme.“ Ihre Antwort war spielerisch leicht, enthielt aber einen warnenden Funken.

      ‚Reiß dich zusammen!’ Er schluckte den Kommentar, der ihm auf der Zunge lag, hinunter und wechselte abrupt das Thema. „Womit verbringen Sie Ihre Freizeit?“ Er konnte nicht verhindern, dass auch aus dieser Frage eine gewisse Schärfe klang.

      „Es wird Ihnen nicht gefallen“, verhieß sie ihm.

      Er sah auf das Foto und spürte sein Herz stolpern. Es war ein Fallbild beim Klettern. ‚Vorstieg. Pendelsturz.’ Er lehnte sich tief durchatmend zurück. „Sie haben recht. Es gefällt mir nicht. Aber da sind Sie wenigstens gesichert. – Im Übrigen ein Hobby, das wir teilen.“

      Sein Foto ließ keine Fragen zu seinem muskulösen Oberkörper offen. Sie betrachtete es unter gesenkten Lidern.

      ‚Schau mich an, Kleine. Ich will wissen, wie dir gefällt, was du siehst!’ Leider tat sie ihm diesen Gefallen nicht.

      „Sächsische Schweiz?“, fragte sie.

      „Fränkische“, korrigierte er.

      Während des Hauptganges blieben sie zunächst beim Bergthema und schweiften später zu verschiedenen Ausflugs- und Urlaubszielen Deutschlands und deren Besonderheiten ab.

      ***

      „Sie sind viel unterwegs“, stellte er zusammenfassend fest.

      „An den Wochenenden. Unter der Woche, eher lazybones“, antwortete sie.

      „Wie darf ich mir das vorstellen?“ Diesmal verhinderte er nicht, dass seine Stimme einen verführerischen Singsang annahm.

      „Hmm“, wurde auch ihre Stimme dunkler. „Decke, Buch, Wein, Kater, Feuer. – Und Schokolade“, fügte sie hinzu. „Und selbst?“

      Er imitierte ein gelangweiltes Lümmeln und Zappen im Sekundentakt.

      Sie lachten gemeinsam.

      ***

      Sie genoss ihr Dessert sichtlich.

      Er genoss es, ihr dabei zuzusehen.

      „Waren Sie schon im Jugendstil-Kaufhaus?“, fragte sie plötzlich.

      Überrascht schüttelte er den Kopf.

      „Möchten Sie rein?“

      „Würde ich gerne“, zuckte er die Schultern. „Geht aber nicht.“

      „Was haben Sie morgen vor?“, fragte sie unbeirrt weiter.

      „Nichts Konkretes.“ – ‚Worauf will sie hinaus?’, wunderte er sich.

      „Vielleicht kann ich was arrangieren. Etwa am frühen Nachmittag.“ Sie pausierte kurz und ihre stahlblauen Augen fixierten ihn über ihren Löffel hinweg. „Sofern Sie eine Handynummer für mich haben.“

      ‚Und ich grübele die ganze Zeit, wie ich an ihre Nummer komme, ohne plump zu fragen. Raffiniert, das Mädel.’ Er reichte ihr seine Visitenkarte. „Ich freue mich darauf.“

      ***

      Die Tür des Hotels stand offen und sie trat aufatmend in den milden Frühsommerabend hinaus.

      „Ich mache noch einen Spaziergang zur Kirche.“

      „Darin?“ Zweifelnd nickte er in Richtung ihrer High Heels und zog die Augenbrauen hoch.

      „Natürlich.“ Anmutig schritt sie über die großen Pflastersteine aufs Kirchenportal zu.

      ‚Atemberaubend. Ihre Silhouette: perfekt.’ Seine Gedanken begannen sich damit zu beschäftigen, was sie wohl darunter tragen mochte.

      Ohne viel zu sprechen, umrundeten sie die Kirche halb. Eine Mauer begrenzte den Kirchhof

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