Stolz und Vorurteil. Jane Austen

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Stolz und Vorurteil - Jane Austen Reclam Taschenbuch

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zwischen uns. Dich überraschen Komplimente immer, mich nie. Was sollte für ihn wohl näherliegen, als dich zum zweiten Mal aufzufordern? Er musste doch merken, dass du zehnmal so hübsch wie alle anderen Mädchen im Saal bist. Dafür hat seine Galanterie keinen Dank verdient. Ja, er ist unbedingt liebenswürdig, und ich gestatte dir, ihn gern zu haben. Du hast schon Dümmere gemocht.«

      »Aber Lizzy!«

      »Oh, du fällst im Allgemeinen viel zu leicht auf Leute herein. Ihre Fehler übersiehst du immer. In deinen Augen ist alle Welt liebenswürdig und gut. In meinem ganzen Leben habe ich dich noch von keinem Menschen Schlechtes sagen hören.«

      »Ich möchte keinen voreilig verurteilen, aber ich sage immer ehrlich meine Meinung.«

      »Ja, das stimmt; und das ist gerade das Wunder. Wie kann jemand mit deinem gesunden Menschenverstand auf die Albernheiten und Dummheiten anderer hereinfallen! Offenheit aus Berechnung kommt oft genug vor – man trifft sie überall. Aber offen zu sein ohne Angeberei oder Hintergedanken, Gutes in jedem zu finden, darin noch zu übertreiben und das Schlechte zu unterschlagen – das bringst nur du fertig. Womöglich findest du auch die Schwestern dieses Mannes sympathisch? Ihre Manieren sind mit seinen jedenfalls nicht zu vergleichen.«

      »Natürlich nicht – jedenfalls nicht auf den ersten Blick. Aber wenn man sich mit ihnen unterhält, gewinnen sie sehr. Miss Bingley soll bei ihrem Bruder wohnen und ihm den Haushalt führen; und ich müsste mich sehr irren, wenn wir an ihr nicht eine sehr charmante Nachbarin haben.«

      Elizabeth hörte schweigend zu, war aber nicht überzeugt davon. Das Benehmen der Schwestern auf dem Ball erweckte jedenfalls nicht den Eindruck, als wollten sie allgemeinen Anklang finden; und da Elizabeth mit mehr Beobachtungsgabe und weniger Nachsicht ausgestattet war als ihre Schwester und sich in ihrem Urteil nicht durch eigene Interessen beirren ließ, fanden sie in ihren Augen wenig Gnade. Sie waren zwar vornehme junge Damen, reizend, wenn man ihnen schmeichelte, und umgänglich, wenn ihnen danach zumute war, aber im Grunde stolz und eingebildet. Sie waren ziemlich hübsch, erzogen in einer der besten Mädchenschulen Londons, hatten ein Vermögen von 20 000 Pfund, gaben mehr aus als nötig, gingen gern mit Leuten von Rang um und hatten deshalb in jeder Hinsicht das Recht, viel von sich und wenig von anderen zu halten. Sie stammten aus einer angesehenen Familie im Norden Englands, und dieser Umstand hatte sich ihrem Gedächtnis tiefer eingeprägt, als dass ihr Vermögen und das ihres Bruders durch Geschäfte zusammengekommen war.

      Mr. Bingley hatte ein Vermögen von beinahe 100000 Pfund von seinem Vater geerbt, der eigentlich einen größeren Herrensitz hatte erwerben wollen, aber durch seinen Tod daran gehindert worden war. Auch Mr. Bingley hatte dies vor und suchte hin und wieder nach einer geeigneten Gegend dafür; aber da er nun mit einem angemessenen Haus versorgt war und die Freiheit des damit zusammenhängenden Jagdrechts genoss, fragten sich viele, die seine Unbeschwertheit am besten kannten, ob er nicht den Rest seines Lebens in Netherfield verbringen und den Kauf der nächsten Generation überlassen würde.

      Seine Schwestern wollten unbedingt, dass er einen großen Besitz sein Eigen nannte. Aber obwohl er sich jetzt nur als Pächter angesiedelt hatte, war Miss Bingley durchaus gewillt, an seiner Tafel die Rolle der Hausherrin zu übernehmen, und auch Mrs. Hurst, die eher einen Mann von Mode als von Vermögen geheiratet hatte, war nicht abgeneigt, sein Haus als ihres zu betrachten, wann immer sie Lust dazu verspürte. Mr. Bingley war erst knapp zwei Jahre volljährig, als er durch eine zufällige Empfehlung dazu verleitet wurde, sich Netherfield anzusehen. Er sah sich den Besitz an, eine halbe Stunde lang auch von innen, war angetan von der Lage und den Wohnräumen, einverstanden mit dem, was der Besitzer zu seinem Lob vorbrachte, und nahm ihn sofort.

      Zwischen ihm und Darcy bestand trotz des großen Gegensatzes ihrer Charaktere eine sehr feste Freundschaft. Seine Ungezwungenheit, Offenheit und Anpassungsfähigkeit zogen Bingley zu Darcy hin, obgleich dessen Anlagen keinen größeren Kontrast zu seinen eigenen bilden konnten, mit denen er doch nie unzufrieden schien. Zu Darcys Ansichten hatte er unbegrenztes Vertrauen und vor seiner Urteilskraft die größte Hochachtung. An Intelligenz war Darcy ihm überlegen. Bingley war zwar keineswegs dumm, aber Darcy war gescheit. Dennoch war er hochmütig, reserviert und anspruchsvoll, und sein Benehmen, wenn auch untadelig, war nicht entgegenkommend. In dieser Hinsicht war ihm sein Freund weit überlegen. Bingley konnte sicher sein, Sympathie zu finden, wo immer er erschien; Darcy erregte ständig Anstoß. Die Art und Weise, wie beide über den Ball in Meryton urteilten, war bezeichnend dafür. Bingley hatte in seinem Leben nie angenehmere Leute oder hübschere Mädchen gesehen; alle seien außerordentlich freundlich und aufmerksam zu ihm gewesen; es habe weder Formalität noch Steifheit gegeben; er habe sich mit allen im Saal gleich gut verstanden; und was Miss Bennet betreffe, ein Engel könne nicht schöner sein. Umgekehrt hatte Darcy eine Ansammlung von Leuten von wenig Ansehnlichkeit und Geschmack erlebt. Keinem konnte er auch nur das geringste Interesse abgewinnen, und keiner war ihm aufmerksam oder freundlich begegnet. Er gab zu, dass Miss Bennet hübsch sei, aber sie lächle zu viel.

      Mrs. Hurst und ihre Schwester gaben ihm darin recht – aber sie fanden Jane sympathisch und mochten sie gern. Sie nannten sie ein reizendes Mädchen und hatten nichts dagegen, sie näher kennenzulernen. So wurde denn Miss Bennet zum reizenden Mädchen erklärt, und ihrem Bruder stand es nach diesem Kompliment frei, von ihr zu halten, was er wollte.

      Kapitel 5

      Nur einen kurzen Spaziergang von Longbourn entfernt wohnte eine Familie, mit der die Bennets besonders gut befreundet waren. Sir William Lucas hatte früher ein Geschäft in Meryton betrieben, wo er ein ansehnliches Vermögen erworben hatte und als Bürgermeister nach einer Ansprache an den König geadelt worden war. Diese ehrenvolle Auszeichnung war ihm vielleicht zu Kopf gestiegen, jedenfalls flößten ihm seine Firma und sein Wohnsitz in einer Kleinstadt nun Widerwillen ein; er hatte beides aufgegeben und sich mit seiner Familie in ein Haus – seitdem Lucas Lodge genannt – sieben Meilen vor den Toren Merytons zurückgezogen, wo er sich seiner eigenen Bedeutung widmen und, unbehindert von Geschäften, ausschließlich freundlich zu allen Leuten sein konnte, denn obwohl sein neuer Rang seine soziale Stellung erhöht hatte, war er nicht hochmütig geworden, sondern im Gegenteil liebenswürdig zu jedermann. Seine Einführung bei Hof hatte ihn, der von Natur verträglich, freundlich und entgegenkommend war, galant gemacht.

      Lady Lucas war eine gutmütige Frau, und ihre Klugheit hielt sich so in Maßen, dass sie für Mrs. Bennet eine unentbehrliche Nachbarin war. Sie hatten mehrere Kinder. Die älteste Tochter, eine vernünftige, kluge junge Frau von etwa 27 Jahren, war Elizabeths beste Freundin.

      Dass die Töchter der beiden Familien sich trafen, um über einen Ball zu sprechen, lag auf der Hand; und am Morgen danach kamen die Damen von Lucas Lodge nach Longbourn, um ihre Eindrücke auszutauschen.

      »Für dich fing der Abend großartig an, Charlotte«, sagte Mrs. Bennet mit höflicher Selbstbeherrschung zu Miss Lucas, »du warst Mr. Bingleys erste Wahl.«

      »Ja, aber anscheinend zog er seine zweite Wahl vor.«

      »Oh, du meinst sicher Jane, weil er zweimal mit ihr getanzt hat. Es sah zwar so aus, als ob er sie wirklich anhimmelte – ja, ich glaube, das tat er wirklich –, ich habe so etwas gehört, aber ich erinnere mich nicht, was – irgendetwas über Mr. Robinson.«

      »Meinen Sie das Gespräch zwischen ihm und Mr. Robinson, das ich mit angehört habe? Habe ich es Ihnen nicht erzählt? Wie Mr. Robinson ihn fragte, ob ihm der Ball in Meryton gefalle und ob er nicht auch finde, dass es viele hübsche Mädchen hier gebe, und wen er am schönsten finde, und wie er auf die letzte Bemerkung sofort antwortete: ›Na, Miss Bennet natürlich, keine Frage; daran gibt es nichts zu deuteln.‹«

      »Was du nicht sagst! Das klingt ja wirklich sehr vielversprechend, das klingt, als ob … aber, wer weiß, vielleicht wird ja gar nichts daraus.«

      »Ich

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