Drei Historische Liebesromane: Das 1500 Seiten Roman-Paket Sommer 2021. Alfred Bekker

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Drei Historische Liebesromane: Das 1500 Seiten Roman-Paket Sommer 2021 - Alfred Bekker

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Gebiete verloren. Nur so konnten sich wohl auch diese verfluchten Tanguten-Emporkömmlinge, die sich Kaiser nennen, von elenden Vasallen zu unabhängigen Herrschern emporschwingen. Damals sollen mit den Kriegsgefangenen die ersten Papiermacher nach Samarkand und Buchara gekommen sein, wo man fortan mehr Bücher geschrieben hat, als ein einzelner Mensch in zwei Leben zu lesen vermag.“ Der Ältere Toruk lächelte in sich hinein. Erinnerungen schienen in ihm im Augenblick wieder gegenwärtig zu sein. „Als ich noch ein junger Mann war, ritt ich einmal durch die Tore von Samarkand. Ich habe eine Stadt gesehen, die prachtvoller war, als alles, was ich bis dahin gesehen hatte. Aber einer wie du wird wohl behaupten, dass meine Bewunderung nur daher rührte, weil ich die Residenz der Himmelssöhne in Bian nie gesehen habe.“

      Wang blieb höflich, so wie man es ihm beigebracht hatte. Und Li bewunderte ihren Vater in solchen Situationen für die Ruhe, die er zu bewahren wusste. Ihr selbst kam es manchmal so vor, als müsste sie explodieren, wie einer der Feuerwerkskörper, die man im Reich der Mitte zu Ehren des Kaisers bei besonderen Anlässen entzündete. Sie selbst hatte das nie gesehen, denn in Xi Xia hatte es solchen Luxus nicht gegeben. Aber ihr Vater hatte ihr mit so großer Lebendigkeit davon erzählt, dass sie glaubte, es sich sehr gut vorstellen zu können.

      „Man erzählt sich viel über die Städte des Westens“, sagte Wang. „Über Samarkand, über Bagdad und vor allem über Rom...“

      „Rom?“, fragte der Ältere Toruk stirnrunzelnd.

      „Man sagt, es gäbe neben dem östlichen Reich der Mitte auch ein westliches Reich der Mitte, in dessen Mittelpunkt Rom liegt... Zwei Reiche und zwei Kaiser, die die Welt ausbalancieren wie die Gewichte einer Waage.“

      „Wer weiß, ob du von diesem westlichen Reich nicht mehr zu sehen bekommst, als es mir vergönnt war“, sagte der Ältere Toruk. Fast klang darin ein wenig Bedauern mit. Er hob das Buch, das er schon die ganze in der Hand gehalten hatte. „Ich glaube an die alte Lehre des Propheten Mani – und nicht an die neue des Propheten Mohammed, der auch so viele junge Leute in unserem eigenen Volk verfallen sind. Und ich habe mich immer gefragt, warum die Lehre Mohammeds so viel machtvoller ist als jene des Mani ist und warum sich der Glaube an Allah scheinbar von allein verbreitet...“

      Li hielt den Blick gesenkt. „Habt Ihr eine Antwort darauf gefunden, Herr?“

      „Es hat mit eurer Kunst zu tun. Die Anhänger Mohammeds schreiben ein Buch nach dem anderen. Sie verbreiten Abschriften ihres heiligen Koran, aber auch auch andere Schriften in so großer Zahl, dass sie bald in jeder Jurte zu finden sein werden. Es sind Bücher aus Papier, die die Worte und Taten eines Propheten oder eines anderen große Mannes bewahren und verbreiten.“ Er warf ihr das Buch hin, dass er die ganze Zeit in den Händen gehalten hatte. „Kannst du mir so etwas herstellen?“, fragte er an Li gewandt. Sie nahm das Buch. Die Seiten waren mit Schriftzeichen bedeckt, die Li nicht lesen konnte. Eine Schrift aus fliehenden Linien und Haken und Bögen, dazu jede Menge Striche und sehr feine Zeichen, die wie in großer Eile geschrieben wirkten. Und doch erkannte Li sofort, dass dies nur dem ersten Eindruck entsprach und der Schreiber in Wahrheit ein Kalligraph gewesen sein musste, der sehr sorgfältig vorgegangen war. Man konnte es daran erkennen, wie er die Feder an- und wieder abgesetzt hatte und mit welcher Präzision die Striche geführt worden waren.

      „Ein Meisterwerk“, sagte Li. „Auch wenn ich nur seine äußerliche Gestalt zu würdigen weiß, denn von dieser Schrift vermag ich nicht ein einziges Zeichen zu lesen. Ich weiß nur dass es arabische Buchstaben sind, mit denen auch die persische Sprache geschrieben wird.“

      „Ich vermag diese Sprache zu verstehen, aber nicht zu lesen“, sagte der alte Toruk. „Dieses Buch ist ein Stück, das mir ein Karawanenführer verkaufte und es enthält die Schriften eines berühmten Arztes aus Buchara. Sein Name ist Ibn Sina und er soll Methoden, das Leben zu verlängern und die Folge des Alters zu mildern gefunden haben, die es möglich machen, bei guter Gesundheit ein hohes Alter zu erreichen... Du wirst verstehen, dass mich das interessiert!“

      „Gewiss, Herr.“

      „Leider gibt es zwar viele Menschen entlang der Seidenstraße, die Persisch sprechen, aber nur wenige, die es lesen können und so konnte ich mir bisher nur wenige der Ratschläge erschließen, die dieser große Arzt gibt...“

      „Es tut mir aufrichtig leid, dass wir dir in dieser Sache nicht weiterhelfen können“, sagte Li. „Aber keiner von uns vermag diese Schrift zu lesen.“

      „Das habe ich auch nicht erwartet und ich bete, dass ich noch einem Schriftgelehrten begegnen werde, der mir diese Zeichen zu deuten vermag. Was ich von euch verlange, ist etwas anderes... Ich will, dass ihr ein Buch herstellt, das genau wie dieses ist, aber mit freien Seiten, ohne Zeichen darauf.“

      Li blickte kurz auf und schlug dann gleich wieder die Augen nieder. Sollte dies eine Probe ihrer Fähigkeiten sein? Hatten die Uiguren inzwischen Zweifel daran, dass ihr Vater, Gao und Li selbst tatsächlich in der Kunst der Papierherstellung bewandert waren? Vielleicht vermutete man an in dieser Behauptung nur eine List Wangs, um seine Tochter bei sich zu behalten und zu verhindern, dass sie an jemanden verkauft wurde, der an diesem Talent der jungen Frau kein Interesse hatte.

      „Fragt meinen Vater, er ist der Meister.“

      „Nein, ich frage dich!“, erwiderte der ältere Toruk scharf.

      „Gewiss ist es möglich, so ein Buch zu schaffen. Aber es ist schwierig. Wir haben nicht die nötigen Werkzeuge und wahrscheinlich auch keine geeigneten Lumpen.“

      „Es soll euch alles gegeben werden, was ihr braucht“, meinte der alte Mann. „Meine Tage sind gezählt. Mein Blick ist trüb geworden und meine Beine schmerzen bei jedem Schritt. Nicht mehr lange und ich werde für immer die Augen schließen. Aber ich will nicht, dass all das, was ich erlebt habe, mit mir vergeht. Darum soll alles aufgeschrieben werden, was mir erzählt wurde und was ich gesehen und getan habe. Doch ich will kein Tier dafür schlachten, um Pergament aus seiner Haut zu machen, die man viel besser gerben und zu Leder verarbeiten kann.“

      „Und wer soll die Zeichen in diesem Buch für dich niederschreiben?“, fragte Li.

      „Ich habe Freunde unter den Karawanenführern. Manche sind Turkmenen, andere Uiguren oder Choresmier und Perser oder haben längst vergessen, welchem Volk sie angehören, weil sie so viel herumziehen, dass sie kaum noch in der Sprache ihrer Mutter sprechen. Ich hoffe, dass sie mir Schreiber anwerben können, die dies für mich tun, bevor ich die Augen schließe. Denn die Schlachten und Kämpfe all der Männer, die mit mir zusammen durch das weite Land zwischen dem östlichen Reich der Mitte und Samarkand gezogen sind, werden sonst vergessen sein, aber sie haben mit ihrem Blut dafür bezahlt, dass man sich an sie erinnert.“ Er lächelte fast mild. „Ich werde nur mit meinem sauer erworbenen Silber dafür zu zahlen haben, aber das lässt sich verschmerzen.“ Er beugte sich vor. „Seid Ihr etwa nicht des Schreibens mächtig?“, wunderte er sich.

      „Doch, gewiss“, sagte Li.

      „Aber wir schreiben die Zeichen, die im Reich der Mitte üblich sind“, erklärte Wang sogleich. „Und ein wenig von der Schrift, in der das Uigurische geschrieben wird, Herr...“

      „Das ist gut“, sagte der Ältere Toruk und ein zufriedener Gesichtsausdruck machte sich auf seinem Gesicht breit. „Das ist sogar sehr gut, denn ich will, dass mein Buch nicht nur in einer Art von Zeichen verfasst wird! Dieselben Worte sollen in so vielen Arten von Zeichen wiederholt werden, wie möglich! Ich will, dass die Kunde meiner Taten und der meiner Gefährten von allen verstanden wird – gleichgültig, welche Sprache dort gesprochen und welche Zeichen geschrieben werden! So werdet ihr mir eine große Hilfe sein...“

      „Ja,

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