Drei Historische Liebesromane: Das 1500 Seiten Roman-Paket Sommer 2021. Alfred Bekker
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„Unter meinen Sachen war ein Sieb aus Rosshaar, das mit dieser Kunst zu tun hat...“
Die Frau mit den freundlichen Augen rief eine der anderen Frauen des Badehauses herbei. Die Worte, die bei diesem überraschend barschen Ruf benutzt wurden, verstand Li nur zum Teil. Im nächsten Moment wurde Li das Sieb aus Rosshaar zurückgegeben.
„Was deine anderen Sachen angeht, so wird man sie am besten zu dem verarbeiten, was du herzustellen vermagst: Papier!“, meinte die Frau mit den freundlichen Augen dann und lächelte.
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Meister Wang und Gao waren ebenfalls gebadet worden und hatten frische Kleidung bekommen. Helle Gewänder und Umhänge, die von einem Gürtel zusammengehalten wurden und offenbar als vornehm genug angesehen wurden, um damit dem Statthalter von Samarkand gegenübertreten zu können.
Warum drei einfachen Papiermachern eine solche Ehre zuteil werden sollte, hatte Li noch nicht richtig verstanden und sie fragte sich, ob das vielleicht daran lag, dass sie einfach nur nicht in der Lage gewesen war, alles von dem, was die Frau mit den freundlichen Augen ihr berichtet hatte, richtig zu verstehen.
Oder hatte es vielleicht mit den besonderen Beziehungen zu tun, die der Nordmann Thorkild Eisenbringer zum Hof des Statthalters zu pflegen schien und dass ihnen deshalb diese bevorzugte Behandlung zuteil wurde?
Jedenfalls konnte es sich Li nicht vorstellen, dass in einer Stadt, in der angeblich jeden Tag ein Buch geschrieben wurde und in der es eigentlich von Gelehrten nur so wimmeln musste, die Kunst eines Papiermachers etwas so Besonderes und Außergewöhnliches sein konnte, dass allein dadurch schon ein solcher Empfang gerechtfertigt war.
Meister Wang schien die Verwunderung seiner Tochter zu teilen. „Ich frage mich, welche Wunderdinge man hier von uns erwartet“, raunte er Li zu. „Vielleicht sollen wir ein Papier erschaffen, das sich von allein beschriftet oder derlei unmögliche Dinge!“
„Man spricht immer davon, dass die Menschen des Westens sehr auf die Macht der Magie vertrauen“, gab Li zurück.
Meister Wang zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich nicht mehr als andernorts auch“, meinte er. „Hauptsache, man vertraut nicht unserer Magie, denn auch wenn das, was wir tun, manchen wie Magie vorkommen mag, so hat unsere Kunst doch rein gar nichts mit der eines Magiers gemein!“
Auch ihrem Vater und Gao hatte man die Siebe gelassen. Li sah darin ein Zeichen der Hoffnung, denn es bedeutete schließlich, dass die Kunst des Papiermachens offenbar bekannt genug in Samarkand war, dass auch die Bediensteten eines Badehauses es gleich als Werkzeug eines Papiermachers erkannten.
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Wächter führten Li, Meister Wang und Gao in den eigentlichen Palast, dessen Pracht sie sprachlos werden ließ. Die kunstvollen Mosaiken mussten von großen Künstlern geschaffen worden sein, die ihr Handwerk in wahrhafter Perfektion ausgeübt hatten. Formen, die an die fließenden Schriftzeichen des Koran erinnerten, waren darunter zu sehen und manchmal war sich Li nicht sicher, ob es nicht tatsächlich auch arabische Schriftzeichen waren, die in kunstvollen Ligaturen erhabene Worte in persischer oder arabischer Sprache festhielten. Ein Grund mehr, auch diese Zeichen noch zu lernen, ging es Li durch den Kopf.
Neben diesen Schriftzeichen ähnelnden Ornamenten herrschten vor allem Muster vor, die ihr gut gefielen, denn sie vermittelten etwas von jener Harmonie der Dinge, wie sie selbst hinter scheinbar widerstreitenden Kräften eigentlich stand, auch wenn es manchmal schwer war, dies zu erkennen. Diese Muster schienen Li ein Sinnbild dafür zu sein, dass die Welt im Innersten geordnet war. Auch wenn diese Wahrheit manchmal von dem Eindruck überlagert wurde, die Welt wäre ein Ort des undurchschaubaren Chaos und das Leben nur eine Abfolge unvorhersehbarer, plötzlich auftretender Ereignisse.
„Ich habe doch gesagt, dass sich alles zum Gute wenden wird“, sagte Meister Wang.
„Warten wir ab, ob es uns wirklich zum Guten gereicht, was hier auf uns wartet“, murmelte hingegen Gao zweifelnd vor sich hin.
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Prinz Ismail war ein Mann von schlanker Gestalt und einem scharf konturierten Gesicht. Der dunkle Oberlippenbart und das spitze Kinn unterstrichen die markanten Linien. Das Haupthaar war grau durchwirkt. Dunkle Augen unterzogen die drei Papiermacher einer kurzen, aber sehr intensiven Musterung.
Er trug ein einfaches weißes Gewand, das bis zum Boden reichte. Weiß, wie das Gewand eines Pilgers, der sich auf die Reise zu den heiligen Stätten im fernen Mekka gemacht hatte. Einzig die kostbare Gürtelschnalle und der juwelenbesetzte Griff des Zierdolches wiesen auf seinen Rang hin. In seinem Gefolge befand sich neben einem Leibdiener und mehreren Wächtern auch ein Hofbeamter mit einem Burnus auf dem Kopf und einer bunten Schärpe um die Schultern. Auch Thorkild Eisenbringer war anwesend. Im Gegensatz zu seinem sonstigen Auftreten war er allerdings unbewaffnet. Vermutlich duldete Prinz Ismail in seiner unmittelbaren Umgebung keine Bewaffnung, außer bei seinen Wächtern, um sich vor Attentaten zu schützen.
Meister Wang fiel vor dem Prinzen auf die Knie. Gao und Li folgten seinem Beispiel. Schließlich machte Prinz Ismail ein Zeichen, das ihnen gestattete, den Blick zu heben.
„Ich habe gehört, dass ihr unsere Sprache sprecht“, sagte der Statthalter von Samarkand.
„Wir bemühen uns um die richtigen Worte“, erwiderte Meister Wang.
„Ich hoffe, dass euer Handwerk gut ist, denn dann werdet ihr hier euer Auskommen haben. Ich selbst bin ein großer Freund des Glaubens und der Gelehrsamkeit und beide können den Unglauben und die Unwissenheit nur mit Hilfe von Büchern besiegen. Das ist der eigentliche Kampf, dem sich jeder Gläubige verschreiben sollte, die große Anstrengung, die von den Gelehrten auch der Djihad genannt wird. Und das Werkzeug dazu kann nicht nur das Schwert sein, sondern vor allem das Buch und die Schrift. Denn das Schwert trifft das Herz und tötet, aber die Schrift trifft das Herz und inspiriert mit Weisheit...“ Einige Augenblicke schwieg Prinz Ismail. Seine Sprache war gleichzeitig von großer Klarheit und Einfachheit. „Unglücklicherweise können wir auf das Schwert nicht zu Gunsten des Buchs verzichten, aber vielleicht wird das eines Tages der Fall sein, wenn sich die Einsicht und der Geist überall ausgebreitet haben und ein Kampf nur noch ein Kampf um die Wahrheit der Worte ist, wenn die Schärfe des Arguments die Schärfe der Klingen ersetzt. Aber bis dahin bedarf es vieler weiser Bücher, die auf Papier geschrieben werden. Papier, das die Weisheit Allahs trägt und doch von Heiden aus dem Bottich geschöpft wird. So kann aus Dummheit und Ahnungslosigkeit doch Weisheit geschaffen werden. Allah wird wird wissen, warum.“
„Herr,