Weisheit des Lebens für Dummies. Marco Kranjc
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Viele Wege führen zum Misserfolg
Wie auch immer Sie Scheitern persönlich oder im Bekanntenkreis erleben – jeder Mensch wünscht sich, dass er auch nach Misserfolgen von seinen Mitmenschen freundlich und wohlwollend angesehen und behandelt wird. Was natürlich nicht immer so ist. Das Scheitern einer Unternehmung (oder auch eines Studiums, einer Ehe oder was auch immer) macht den Erfolglosen in den Augen vieler Menschen zum Versager. Es fällt uns oft schwer, zwischen dem Menschen und dem, was ihm mehr oder weniger widerfährt, zu trennen. Wir neigen dazu, Glück und Unglück mit der Persönlichkeit eines Menschen zu verknüpfen. Nicht umsonst kennen wir das Glückskind und den Pechvogel – als wären Glück beziehungsweise Unglück mit diesem Menschen direkt verbunden. Sozusagen als Persönlichkeitsmerkmal. Dabei gibt es doch ganz verschiedene Arten von Misserfolg und Scheitern:
Berufliches Scheitern kann viele Gründe haben – vom Niedergang einer bestimmten Branche bis zu Burn-out.
Beziehungen scheitern oft aus Gründen, die wir nicht wirklich durchschauen.
Wirklich dramatisch wird es, wenn ein ganzer Lebensentwurf scheitert: ein Glaube, den man verliert, ein Todesfall, der die geplante Zukunft mit einem Mal auslöscht, ein Studium, in dem man Semester für Semester weniger Sinn sieht.
Die Gründe können vielfältig sein:
Man hat falsche Entscheidungen getroffen.
Man hätte mehr Information gebraucht.
Oder man hatte einfach nur Pech.
Doch wenn wir ehrlich sind: Ist es nicht die Möglichkeit des Scheiterns, die den Erfolg erst so großartig macht? Ein »Erfolg«, der von vornherein gesichert ist – ist das überhaupt ein Erfolg? Wohl kaum. Die Freude und die Begeisterung über den Erfolg einer Sache empfinden wir zuerst vielleicht nicht vorrangig deshalb, weil eine Sache geglückt ist. Oft genug sind wir einfach erst mal froh darüber, dass etwas nicht schiefgegangen ist. Denn wir können planen und arbeiten so viel und so gut wir können, letztendlich müssen wir aber auch einsehen, dass vieles nicht in unserer Hand liegt.
Als meine Frau ihre Prüfung zur Sommelière (eine Weinbegleiterin in Restaurants oder Weinverkauf) ablegte, wurde es uns bei den Anforderungen schon mulmig zumute. Alles, was die Kandidaten bei der schriftlichen Prüfung nicht wussten, wurde in der mündlichen Prüfung noch mal gefragt – ohne dass einem gesagt wurde, was man in der schriftlichen Prüfung nicht gewusst oder falsch gemacht hatte. Ich hatte jedenfalls vorher noch nie von einer Prüfung gehört, in der man 100 Prozent wissen muss, um überhaupt zu bestehen. Noch entmutigender wurde es, als ein junger Prüfling vor uns aus der Tür trat und alle fragten: »Hast du bestanden?« – »Nein!« – »Warum nicht?« – »Ich hab den Hauch Vanille im Wein nicht erkannt!« An der Prüfung zu scheitern war sozusagen fast schon mehr als nur eine Möglichkeit. Als meine Frau dann mit Bravour bestand, war hinterher der Freudentanz im Park umso ausgelassener. Auch eine Seite im Spiel von Erfolg und Misserfolg: Je geringer die Aussichten sind, desto mehr zählt der Erfolg!Unberechenbar: Erfolg ist auch Glückssache
Wenn Sie die Listen über das Scheitern und die Gründe dafür noch einmal durchgehen, wird Ihnen vielleicht auffallen, dass Sie sehr vieles davon gar nicht in der Hand haben. Und wenn wir dem libanesischen Philosophen Nassim Nicholas Taleb Glauben schenken, ist Letzteres ein Hauptgrund für Misserfolge oder auch Erfolge: Pech oder eben Glück, oder mit Talebs Worten »unvorhergesehene Ereignisse«. Sicher wünschen wir uns, das Leben um uns herum kontrollieren und beeinflussen zu können. Aber sosehr wir es uns auch wünschen mögen: Das ist nicht der Fall.
»Marktforschung« hin oder her – Sie werden nie ganz sicher wissen, ob gerade Ihr Geschäftsmodell auch so viele Kunden anzieht, wie Sie vermuten. Sie werden nie ganz sicher wissen, ob Ihre Partnerschaft wirklich ein Leben lang halten wird. Von dem Maß an Kontrolle, das wir über Tod und Krankheit haben (oder eben nicht haben), ganz zu schweigen.
Es wäre schön, wenn wir das Leben unter Kontrolle hätten. Aber das haben wir nicht. Die meiste Zeit unseres Lebens verbringen wir eher damit, auf das zu reagieren, was uns so alltäglich passiert:
Jemand nimmt Ihnen die Vorfahrt und Sie bremsen.
Im Supermarkt ist Ihr Lieblingsbrot ausverkauft und Sie müssen sich ein anderes aussuchen.
Ihr Arbeitgeber genehmigt Ihnen den Urlaub nicht zu dem Zeitpunkt, den Sie eigentlich geplant hatten.
Ein Stau lässt Sie nicht rechtzeitig zur Arbeit kommen.
Sie stellen ein tolles Video auf YouTube und kaum jemand klickt es an.
Mit Freunden nehmen Sie in einer berauschten Nacht ein eher peinliches Video auf und stellen es aus Jux auf YouTube – und die »Klicks« gehen schnell durch die Decke.
Sie waren immer brav und fleißig und trotzdem verlieren Sie Ihren Job.
Es gibt jede Menge Beispiele, die deutlich machen, wie wenig wir unser Leben in der Hand haben und wie viel uns einfach nur widerfährt. Scheitern und Misserfolg sind also viel weniger, als wir meist annehmen, persönlich verursacht. Und bis auf wenige Ausnahmen sind Menschen, die scheitern, nicht einfach unfähige Verlierer, die sich mehr vorgenommen haben, als sie leisten konnten.
Auch wenn es nur ein schwacher Trost sein mag: In vielen Situationen, in denen Sie scheitern, können Sie kaum etwas dafür. Leider sind es zumeist die erfolgreichen Menschen, die wir in den Medien sehen und die uns über ihre Erfolge berichten. Und wer Erfolg hat, gibt nur ungern zu, dass er schlicht und einfach auch jede Menge Glück hatte. Aber je weiser ein Mensch wird, desto mehr erkennt er: Zum Erfolg braucht man auch Glück.
Das alles bedeutet natürlich nicht, dass Sie sich hängenden Kopfes einfach in Ihr Schicksal ergeben sollen. Auch wenn der Zufall die Welt zu regieren scheint, heißt das nicht, dass Ihnen die Hände gebunden sind. Weise werden bedeutet ja vor allem auch, weise zu reagieren und weise zu handeln. Was also können Sie tun?
Klingt einfach, aber zuerst einmal müssen Sie unterscheiden lernen zwischen den Dingen, die Sie ändern können, und denen, die Sie nicht ändern können. Einfach ist das nicht, aber auch dazu ist es nötig, Weisheit zu lernen.
Hilfreich ist auch der berühmte »Plan B«. Wenn etwas Unvorhergesehenes passiert, sollte es Ihnen so wenig wie möglich schaden können. Das könnte bedeuten, dass man nicht sein ganzes Hab und Gut in nur eine Sache investiert. Oder dass Lebenspartner vielleicht nicht in der gleichen Firma arbeiten sollten, um gleichzeitige Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Wenn möglich, sollte nichts, was Sie unternehmen oder entscheiden, so groß oder unsicher sein, dass ein Scheitern Ihr Leben total vernichtet. In der Liebe müssen wir da eine Ausnahme machen: Weniger als 100 Prozent zu geben ist in der Liebe sinnlos. Wer liebt, der gibt sich ganz und