Das Mainzer Schloss. Группа авторов
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Unter Erzbischof Anselm Franz von Ingelheim (1679– 1695) wurde dann der Anbau eines zweiten Flügels rechtwinklig an das nördliche Ende des bereits errichteten Rheinflügels vorbereitet, aber nicht ausgeführt. Davon zeugen die erhaltenen Fundament- und Sockelreste unter dem heutigen Nordflügel des Schlosses, welche an der Nordwestkante die Jahreszahl 1687 tragen (Taf. 17). Das westliche Ende dieser Fundamente zeigt mit der Diagonalstellung des Sockels eine ähnliche Gestaltung wie das südliche Ende der Fundamente unter dem Renaissanceflügel. Sie dürften damit ähnliche Kantenerker wie die Südfassade vorbereiten haben. Interessanterweise sparen die angelegten Fundamente den Bereich der älteren Wirtschaftsbauten am nördlichen Ende des rheinseitigen Schlossflügels aus, sodass diese mit Sicherheit zum älteren Bestand der Martinsburg gehörten.
Zwei wichtige Beobachtungen ergeben sich aus einem Vergleich der Lage der 1687 angelegten Fundamente (Abb. 7) mit den älteren Lageplänen der Vorburg (Abb. 8; Taf. 23). Für den geplanten Nordflügel des Schlosses hätten nicht nur die älteren Wirtschaftsbauten und der Mauerzug am nördlichen Ende der Vorburg, sondern auch der nördliche Turm im stadtseitigen Bereich der Ummauerung der Vorburg abgebrochen werden müssen. Folglich dürften die gezeigten Pläne nicht um 1700 entstanden sein, da sie einen Zustand vor der Anlage der Fundamente des geplanten Nordflügels zeigen.16 Wichtiger noch ist die Beobachtung, dass mit der Anlage der Fundamente die Verteidigungsfähigkeit der Vorburg und damit der gesamten Anlage aufgegeben werden musste. Damit unterscheidet sich diese Maßnahme deutlich von der Erweiterung des Schlossgebäudes, welche die Sicherheit der Gesamtanlage nicht in Frage stellte. Mithin ist erst in den 80er Jahren des 17. Jahrhunderts die Verteidigungsfähigkeit der Burg für den geplanten repräsentativen Ausbau des Kurfürstlichen Schlosses aufgegeben worden.
DER BAROCKE AUSBAU DER RESIDENZ
Den Plan, einen zweiten nördlichen Schlossflügel zu errichten, griff erst Franz Anselm Freiherr von Ritter zu Groenesteyn um 1749 auf (Abb. 10; vgl. Taf. 28–31).17 Seine Planungen sahen vor, an den bestehenden Schlossflügel einen Nordflügel anzubauen, der sich in seiner Fassadengestaltung, insbesondere mit den Risaliten der Hofseite und den Kantenerkern, an die Formen des Rheinflügels anlehnen sollte. Darüber hinaus wurde geplant, die Martinsburg vollkommen niederzulegen und an ihrer Stelle um den Burghof herum drei weitere Flügel um einen geschlossenen Schlosshof anzubauen. Auch diese sollten sich in ihrer Gestaltung, insbesondere durch die Übernahme der Kantenerker, am älteren Schlossflügel orientieren. Auf der Nordseite, wo der Nordflügel und der nördliche Flügel des Burghofs aneinanderstoßen, wäre eine sehr lange Schaufassade entstanden, die lediglich durch einen Mittelrisalit gegliedert werden sollte (Taf. 27). Der Erdgeschossbereich dieses Mittelrisalits sollte eine dreiachsige Durchfahrt aufnehmen. Diese Pläne, die ein repräsentatives Schloss mit den Grundformen der spätmittelalterlichen Burg kombinieren sollten, wurden nicht realisiert. Der Abriss der Martinsburg und die Errichtung der drei Schlossflügel um den ehemaligen Burghof erfolgten ebenfalls nicht.
Der Mainzer Erzbischof Johann Friedrich Carl von Ostein (1743–1763) ließ von 1750 bis 1752 auf den älteren Fundamenten den Nordflügel des Schlosses errichten. Auf der Hofseite orientiert sich der Bau stilistisch an der Fassadengliederung des Renaissancebaus, während er ansonsten eine eigene, spätbarocke Gestaltung findet (Taf. 8, 10). Die Fertigstellung des Nordflügels kennzeichnen zwei Inschriften an den attikaartigen Aufsätzen der Stirnseiten, deren Chronostichon auf das Jahr 1752 verweist (Taf. 16). Der geplante Abriss der Martinsburg fand allerdings wiederum nicht statt, sodass auf der Rheinseite des Mainzer Schlosses immer noch die spätmittelalterliche Burg stand.
Zeitgleich mit der Errichtung des Nordflügels erfolgte der weitere Ausbau der Residenz (Taf. 46). Seit der Anlage einer Wasserleitung ab 1724, die mit der Aufstellung des Neubrunnens 1726 abschloss, entstand eine Residenzstadt im sogenannten Bleichenviertel. Unmittelbar an den Schlossbereich schlossen sich zunächst militärische Bauten wie der Marstall, dann adelige Höfe wie die Eltzer Höfe und zuletzt bürgerliche Wohnhäuser an. Südlich der Schlossanlage entstand in unmittelbarer Nähe zur Schlosskirche St. Gangolph in den Jahren 1749 bis 1756 der Neubau von St. Peter. Auch an der Rheinfront erfuhr die Residenz durch den Neubau der Deutschordenskommende südlich der Schlosskirche zwischen 1730 und 1740 sowie des Neuen Zeughauses südlich davon zwischen 1738 und 1740 eine bedeutende Erweiterung (s. S. 159, Abb. 12). Die barocke Deutschordenskommende, das sogenannte Deutschhaus, das aus einem Hauptgebäude (Corps de Logis), einer Kapelle und einem Verwalterhaus bestand, konnte erst durch einen Grundstückstausch zwischen dem Mainzer Erzbischof Franz Ludwig von Pfalz-Neuburg (1729–1732), der zugleich Ordensmeister war, und dem Deutschen Orden erfolgen.18
DER VERLUST DER RESIDENZFUNKTION
Der bis ins frühe 19. Jahrhundert erhaltene Zusammenhang des Mainzer Schlosses mit den restlichen Residenzbauten und der Residenzstadt ging unter der napoleonischen Besatzung weitgehend verloren. So wurde 1807 zunächst die Kanzlei niedergelegt und im selben Jahr auf der Westseite der Zweiflügelanlage ein vermutlich vom französischen Architekten Eustache St.-Far entworfener, eingeschossiger Flügel als Zollmagazin errichtet, der den Schlosshof endgültig von der sich westlich anschließenden Residenzstadt abriegelte. 1809 erfolgte schließlich der endgültige Abbruch der Martinsburg und 1814 die Niederlegung der Schlosskirche St. Gangolph (Taf. 50, 51).
Abb. 10: Kurfürstliches Schloss, Grundrissplan des Obergeschosses für die Erweiterung der Schlossanlage, 1749
Die Verlängerung der Großen Bleiche bis zum Rhein in hessischer Zeit trennte das Schloss vom Deutschhaus und vom Neuen Zeughaus ab, sodass ihr ursprünglicher baulicher Zusammenhang endgültig verloren ging.
Die starken Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg sowie die Bautätigkeit in der Nachkriegszeit hatten zur Folge, dass das Mainzer Schloss heute nur noch eingeschränkt im Zusammenhang mit den erhaltenen Residenzbauten wie dem Deutschhaus und dem Neuen Zeughaus sowie mit der einstigen Residenzstadt und ihren erhaltenen Bauten wie dem Marstall wahrgenommen wird.
ANMERKUNGEN
1Die vorliegenden Beobachtungen basieren auf den Ergebnissen bauhistorischer Untersuchungen, die im Auftrag der Stadt Mainz und des Landesamts für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz vom Autor 1996 durchgeführt wurden. Vgl. Frank, Lorenz: Ergebnisse der bauhistorischen Untersuchungen am ehemaligen Kurfürstlichen Schloß in Mainz. In: Denkmalpflege in Rheinland-Pfalz. Jahresberichte, 47–51, 1992–1996, S. 66–86. Die Baugeschichte des ehemaligen Kurfürstlichen Schlosses war zuvor bereits mehrfach Gegenstand kunsthistorischer Betrachtungen. Vgl. Neeb, Ernst: Das Kurfürstliche Schloss zu Mainz. (Rheinische Kunstbücher, 1), Wiesbaden 1924; Wegner, Ewald (Bearb.): Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland. Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Bd. 2,2: Stadt Mainz. Altstadt, hg. im Auftrag des Kultusministeriums vom Landesamt für Denkmalpflege. Düsseldorf 1988, S. 164–169; Zahler, Ursula: Das Kurfürstliche Schloss zu Mainz. Studien zur Bau- und Stilgeschichte. (Saarbrücker Hochschulschriften, 8), St. Ingbert 1988 [zugl. Diss. Univ. Saarbrücken 1988], mit umfangreichem Verzeichnis der älteren Literatur. Bei der Beschreibung der einzelnen Bauphasen stützten sich die bisherigen Bearbeiter nicht nur auf die Interpretation der bekannten