Das Mainzer Schloss. Группа авторов

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Thukydides lobt Alberti die Klugheit der Alten, die ihre Stadt mit jeder Art von Gebäuden derart ausschmückten, dass sie weit mächtiger schienen, als sie waren.3 Direkt anschließend spricht Alberti das Motiv des Fürstenruhms an und stellt die rhetorische Frage: Und welchen gab es unter den mächtigsten und weisesten Fürsten, der nicht unter die vornehmsten Mittel, seinen Namen und Nachruhm zu verbreiten, die Baukunst gezählt hätte? 4

      Abb. 1: Berlin, Bundeskanzleramt

      Abb. 2: Wenzel Hollar, Martinsburg in Mainz im Jahr 1627 (kurz vor der ab 1628 erfolgten Errichtung des neuen Südflügels)

      Diese Einschätzung, dass Baukunst Fürsten und ihren Staaten sprichwörtlich ein Gesicht geben und staatliche Autorität verbildlichen könne, zieht sich wie ein roter Faden durch die Frühe Neuzeit. Rund zweihundert Jahre nach Alberti, in der Mitte des 17. Jahrhunderts, weist Jean-Baptiste Colbert, der für Ludwig XIV. als Finanzminister und Surintendant des Bâtiments du Roi tätig war, anlässlich der Louvre-Erweiterung ausdrücklich darauf hin, dass die Gestalt des königlichen Palastes die Menschen von der Stärke königlicher Macht überzeugen und zu untertänigem Gehorsam anhalten müsse.5 Nochmals einhundert Jahre später bringt der hessische Jurist und Diplomat Friedrich Carl von Moser die Sinnbildlichkeit von Schlossarchitektur als Ausweis fürstlich-königlicher Autorität auf eine prägnante Formel. So schreibt er in seinem Teutschen Hof-Recht von 1754: In der Residenz erscheinet der Fürst als Haupt seines Volcks und in dem Glanz der angebohrnen oder erlangten Würde.6

      Abb. 3: Ansicht von Mainz mit alter Martinsburg und neuem Südflügel, 1633 (Ausschnitt aus: Matthäus Merian: Topographia Archiepiscopatuum Moguntinensis, Trevirensis et Coloniensis, 1646)

      DAS MAINZER KURFÜRSTENSCHLOSS ALS VISITENKARTE VON ERZBISCHOF UND ERZSTIFT

      Die Neubaukampagne von 1628 ff.

      Als diese Auffassungen von der staatstheoretischen Sinnbildlichkeit eines fürstlichen oder königlichen Residenzschlosses formuliert wurden, befand sich das Residenzschloss der Mainzer Erzbischöfe und Kurfürsten gerade in einer großangelegten Umbauphase, die das Aussehen und die innere Raumorganisation des aus dem späten 15. und der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts überlieferten alten Residenzschlosses, der Martinsburg, deutlich verändern sollte. Dieser Umbau geschah ab 1628. Bis dahin blieb die ab 1477/1478 unter Kurfürst Diether von Isenburg neuerbaute und ab 1556 aufgrund von umfassenden, am 27. August 1552 im Markgräflerkrieg entstandenen Kriegsschäden7 unter Kurfürst Brendel von Homburg wiederaufgebaute Martinsburg in ihrer spätmittelalterlichen Gestalt (Abb. 2) äußerlich vollkommen unangetastet. Vor allem von der Rheinseite präsentierte sich das Mainzer Kurfürstenschloss als ein monumentaler Kubus, an dessen Ecken zinnenbekrönte Türme für das typische Bild spätmittelalterlicher Burgbzw. Schlossarchitektur sorgten.8 Aufgrund der L-förmigen Grundgestalt des Schlossbaus konnten Betrachter von der Rheinseite dabei durchaus den Eindruck erhalten, auf ein Schloss mit der vor allem im Mittelalter und der beginnenden Frühen Neuzeit prestigeträchtigen rechteckigen bzw. quadratischen Kastellform zu blicken (Abb. 3; vgl. Taf. 22)9. Dass zu dieser Form zwei Flügel fehlten, wurde durch die Anordnung der beiden übereck gestellten Flügel zur Rheinseite und die Ausbildung von zwei Turmaufsätzen auf der Westseite geschickt kaschiert. Zur Stadt hin war dem Kernbau eine Vorburg aus einzelnen Wirtschaftsgebäuden und zwei Rundtürmen vorgelagert. In dieser Form präsentierte sich der Bau bis 1628 äußerlich unverändert, wie auch Zeichnungen von Wenzel Hollar, darunter aus dem Jahr 1627/1628, belegen (vgl. Abb. 2).10 Wenn es bis dahin zu Neubauten kam, dann wurden diese – wie etwa das Kanzleigebäude von 1575 oder die ebenfalls ab 1575 erbaute Schlosskirche St. Gangolph – in den an das engere Burgareal angrenzenden Bereichen errichtet (vgl. auf Abb. 3 die Gebäude links von der alten Martinsburg und dem neuen Ostflügel sowie Taf. 26).11

      Abb. 5: Mainz, erzbischöfliches Residenzschloss, Ansicht des Nordwestflügels (oberhalb des Sockelmauerwerks zwischen 1750 und 1752 errichtet) mit dem Sockelmauerwerk von 1687

      Abb. 4: Mainz, erzbischöfliches Residenzschloss, Ansicht von der Rheinseite (heutiger Zustand nach Abriss der Martinsburg unter Napoleon 1809)

      1628, mitten im Dreißigjährigen Krieg, entschloss sich Kurfürst Georg Friedrich von Greiffenclau zu einer großangelegten Neubaukampagne.12 Der Verlauf dieser Baukampagne sollte jedoch bereits drei Jahre später durch den Einmarsch des schwedischen Königs Gustav Adolf und seiner Truppen in Mainz abrupt unterbrochen werden. Dennoch gelang es den Bautrupps des Mainzer Erzbischofs bis dahin, an das südöstliche Ende der Martinsburg einen achtachsigen und drei Geschosse hoch aufragenden Neubau anzufügen, der bis an die Südmauer der Martinsburg heranreichte. Allerdings konnten bis 1631 zunächst nur die Außenmauern – vermutlich nur mit einem Notdach abgedeckt – fertiggestellt werden (vgl. hierzu Abb. 3, Taf. 22), während unter der schwedischen Besatzung die Baustelle ruhte. Doch auch danach, 1647, erfolgte kein Weiterbau, dieses Mal offensichtlich wegen zwischenzeitlich festgestellter Probleme mit dem durch den nahe gelegenen Rhein und Hochwasser durchfeuchteten Baugrund (weil man dn [sic] Boden nicht allzu gut befunden hat). So begründet jedenfalls Balthasar de Moncony in seinem Reisebericht vom 16./17. Januar 1664 die Ursache für den damals immer noch unfertig als Bauruine herumstehenden neuen Schlossflügel (Taf. 20).13 Beinahe wäre das unvollendete Bauwerk deswegen durch den damals amtierenden Fürstbischof Johann Philipp von Schönborn wieder abgetragen worden, um seine sehr schön aus jenem roten Stein ausgeführt[en] Mauern anschließend im Bereich der Mainzer Zitadelle neu aufzubauen. So schildert es der Jesuit Daniel Papebroch 1660 in seinem Reisebericht.14

      Ob dieser neue Flügel, dessen Architekt nach wie vor nicht identifiziert werden konnte,15 von vornherein nach Norden weitergeführt werden sollte oder – wie es Lorenz Frank rekonstruiert16 – zunächst als abgeschlossener, achsensymmetrischer Gebäudetrakt mit zur Stadtseite hin sichtbarem nördlichem und südlichem Eckerker sowie Walmdach konzipiert war, muss derzeit offen bleiben.17 In den Jahren zwischen 1675 und 1678 ließ dann Kurfürst Damian Hartard von der Leyen das im Dreißigjährigen Krieg begonnene Werk des Kurfürsten Georg Friedrich von Greiffenclau fortsetzen und den neuen Schlossflügel um weitere acht Achsen nach Norden (Abb. 4; vgl. Taf. 4) erweitern. Direkt anschließend war ein weiterer Flügel geplant, der an der Nordwestseite der Martinsburg ansetzen sollte. Dieser unter Kurfürst Anselm Franz von Ingelheim ab 1687 in den Fundamenten und im Sockelmauerwerk vorbereitete Nordwestflügel18 (Abb. 5; vgl. Taf. 10, 17) blieb aber für viele Jahrzehnte – u. a. auch als Folge des Pfälzischen Erbfolgekrieges – ebenfalls als Bauruine stehen und konnte erst zwischen 1750 und 1752 unter Kurfürst Johann Friedrich Carl von Ostein im aufgehenden Mauerwerk errichtet

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