Die Unerwünschten. Owen Jones

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Unerwünschten - Owen Jones страница 9

Die Unerwünschten - Owen Jones

Скачать книгу

Du bist es nicht gewöhnt, drinnen zu sein.“

      Heng sah sie an, als ob er eine Fremdsprache hörte, dann blickte er auf seine Frau.

      „Musst du auf die Toilette, Heng? Du warst schon ziemlich lange nicht mehr, ist unten herum alles in Ordnung? Willst du jetzt auf die Toilette oder soll ich dir einen Eimer hochbringen?“

      „Ja, gute Idee, ich will unten auf die Toilette, aber erst noch mehr Milchshake.“

      Da keine der Frauen wusste, wie viel er trinken sollte, gaben sie ihm so viel er wollte und Heng trank einen ganzen Liter.

      Da setzte sich zurück und sah zu, wie Wan ihm half, sich anzuziehen. Als der Milchshake seine Wirkung entfaltete, wurde Heng lebhafter.

      „Komm, mein Lieber, jetzt helfe dir, dich fertig anzuziehen, dann gehen wir hinunter.“

      Jede Frau nahm einen Arm und sie halfen dem zitternden Mann auf die Beine. Er ähnelte einem Fahrrad mit eiernden Reifen. Als sie mit ihm draußen auf dem Treppenabsatz standen, zuckte er im hellem Tageslicht etwas zusammen, aber das hätte wohl jeder getan, der eineinhalb Tage in einem dunklen Zimmer gelegen war. Den und Din sahen zu, als ihr Vater, unterstützt von der Tante und seiner Frau, wie ein Alkoholiker die Treppe hinunterschwankte.

      Sie waren entsetzt, wie gebrechlich und verändert er aussah. Heng war immer schon dünn gewesen, aber jetzt war er hager, schneeweiß und seine Augen ähnelten zwei rote Mandeln. Sie machten Platz, als er sich zu einer Atempause auf den Tisch kauerte.

      „Den, hast du noch die alte Sonnenbrille? Ich glaube, dein Vater braucht sie heute, seine Augen sind ein bisschen empfindlich.“

      Da sagte: „Wan, schaffst du es alleine, Heng auf die Toilette zu bringen oder soll dir Den helfen?“

      „Nein, ich glaube es geht schon.“

      Sie führte ihn weg, dabei benutzte Heng seine freie Hand, um die Augen abzuschirmen. Als sie ihm eine Viertelstunde später wieder auf den Tisch halfen, schien er von der Anstrengung erschöpft zu sein.

      „Din, lauf doch bitte nach oben und hole ein Betttuch und ein paar Kissen. Dein Vater wird sich heute hier unten ausruhen, damit er ein bisschen an der frischen Luft und in der Sonne ist. Er war noch nie in seinem Leben so lange drinnen, das ist sein Körper nicht gewöhnt. Schau nur, in welchem Zustand er ist …“

      Während der ganzen Zeit sah Heng von einer Sprecherin zur anderen, aber er schien die Unterhaltung nicht zu verstehen. Sie machten es ihm mit dem Bettzeug bequem und Den fand die pechschwarze Sonnenbrille mit den verspiegelten Gläsern, auf die er vor zehn Jahren, als sie in Mode war, so stolz gewesen war.

      Das Ergebnis war, dass Heng mit Sonnenbrille und eingehüllt in ein weißes Betttuch einem schrägen Vogel ähnelte, den man an eine Dachstütze gelehnt hatte.

      „Gut, Kinder, ich glaube ihr geht besser und bereitet mehr Milchshake für euren Vater zu. Heute hat er scheinbar großen Hunger und das ist ein gutes Zeichen. Das heißt, dass wir etwas richtigmachen! Du fühlst dich heute viel besser, nicht wahr, Paw?“

      Sie warteten alle auf seine Reaktion und dann nickte er, wobei er auf eindrucksvolle Weise einer Eule ähnelte. Den und Din liefen kichernd davon, sie fanden es schwierig, in dem Wesen, das da auf dem Tisch saß, ihren Vater vor 24 Stunden zu erkennen.

      „Meinst du, dass ich Heng heute Abend etwas zu essen kochen soll, Tante Da?“

      „Es wird ihm nichts schaden, wenn er etwas isst, aber es ist kein Ersatz für die Milchmischung.“

      „Heng, willst du später mit uns essen?“

      Heng legte seinen Kopf von einer Seite auf die andere und starrte seine Frau an.

      „Was kochst du heute Abend, Wan?“, fragte Da.

      „Huhn oder Schwein … was er möchte.“

      Heng blickte weiterhin von einer Sprecherin zur anderen wie jemand in einem Land, dessen Sprache er nicht verstand.

      „Warum fragst du ihn nicht? Er ist ja nicht dumm geworden, wenigstens glaube ich es nicht.“

      „Was möchtest du heute Abend essen, Heng? Schwein oder Huhn?“

      Er sah sie ein paar Sekunden an und dann sagte er:

      „Kind …“

      „Aha, und welches? Ach Heng, du kannst doch nicht die Kinder essen … das wäre völlig daneben.“

      „Nicht unsere Kinder … Ziegenkinder … Wir haben ein paar, oder?“, meinte Heng.

      „Ja, wir haben noch ein paar, aber ich dachte, dass wir die behalten und die Herde vergrößern.“

      „Nur ein Kind.“

      „Na ja, also gut, Heng, weil du krank bist, mache ich dir heute Abend Zicklein-Kotelett und der Rest von uns bekommt Schwein.“

      „Ich will meines blutig vom Grill, nicht als Curry, Wan. Ich habe so einen Appetit auf Fleisch, richtig rotes Fleisch.“

      Die Kinder waren äußerst erleichtert, dass ihr Vater bis jetzt noch keine Absicht zeigte, sie zu essen.

      Als es so aussah, als sei Heng in Erwartung des Abendessens eingeschlafen, fragte Den seine Mutter, ob sie glaubte, dass er sie eines Tages aufessen wollte.

      „Oh, ich glaube nicht, Den. Nicht, wenn wir geben, worauf er Appetit hat, obwohl wir noch nicht wissen, was das ist. Tante Da, was hältst du von Hengs Zustand?“

      „Ich denke, das Ganze ist sehr interessant … in der Tat äußerst interessant. Wie ihr ja gesehen habt, war Heng gestern praktisch an der Schwelle des Todes, aber jetzt wird er stündlich aktiver, obwohl er scheinbar nicht mehr der Heng ist, den wir alle kennen und so gernhaben.

      Wir müssen sehen, was aus diesem neuen Heng wird, vielleicht bekommen wir den alten Heng zurück, wenn er sich an seine neue Diät gewöhnt und sich davon erholt hat, dass kein richtiges Blut mehr in seinem Körper war.

      Ich habe vielleicht etwas mehr Ahnung als du, aber ich gebe zu, das hier ist Neuland für mich. Ich muss zusätzlich zu einigen Vorschlägen meiner Geisterfreunde improvisieren, obwohl einer meinte, es wäre gnädiger ihn einfach umzubringen, damit er ein neues Leben anfangen kann. Was hältst du von diesem Vorschlag, Wan?“

      „Äh, um ehrlich zu sein, ich glaube, das wäre doch eine etwas drastische Maßnahme, meinst du nicht auch, Tante Da?“

      „Doch, das finde ich auch, deswegen habe ich es auch nicht vorgeschlagen, aber es ist immerhin eine Option, wenn alles außer Kontrolle gerät.“

      Heng schien während des Gesprächs zwar zu schlafen, aber vergewissert hatten sich die Frauen nicht.

      „Glaubst du, dass er leidet, Tante Da?“

      „Er scheint doch ganz friedlich zu sein, oder? Er spricht jetzt wieder und hat nicht über Unwohlsein geklagt. Ich würde mir an deiner Stelle nicht so viele Sorgen um seine körperliche Verfassung machen, aber du kennst ihn besser als alle anderen. Achte also auf irgendwelche Anzeichen geistiger Veränderung und gib mir Bescheid, damit wir das bereden können.“

Скачать книгу