Verlorener Sohn. Brennan Manning
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Sein Vater sah aus, als hätte man ihm einen Schlag versetzt. „Ich … ähm … Jack, ich glaube, ich hab keinen Zwanziger.“
Jack lachte, tatsächlich. Er schüttelte den Kopf. Natürlich. War ja klar. „Oh, macht nichts. Wirklich.“
Tom griff zu seiner Brieftasche, blätterte einen Zehn-Dollar-Schein und drei Einer heraus und reichte sie Jack. Seine Hand zitterte leicht.
„Lasst euch den Auflauf schmecken“, warf Jack in den Raum. Er drehte sich um und ging durch den Flur und zur Tür hinaus in die kalte Nacht. Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, stand er einen Moment lang fröstelnd unter dem Vordach. Er hatte keinen Mantel an, aber es war ihm egal.
Von allen Möglichkeiten, sich den Tod zu holen, war dies nicht die schlechteste.
Er stiefelte über den Rasen in Richtung Stadt.
Dann hörte er, wie sich hinter ihm die Tür öffnete und Mary seinen Namen rief. Sie rannte ihm nach.
„Jack“, wiederholte sie und fasste ihn am Ellbogen.
„Geh wieder rein, Mary“, sagte er. „Es ist zu kalt hier draußen.“
„Jack“, sagte sie und er sah, dass sie weinte. „Wenn du gehst, brichst du ihm das Herz. Noch einmal. Weißt du überhaupt, warum er gekommen ist, um dich zu holen – nach allem, was passiert ist? Hast du überhaupt eine Ahnung?
„Nein“, gab Jack zurück und entzog ihr seinen Ellbogen. „Und es ist mir auch egal. Er war ein hundsmiserabler Vater. Ja, es war nett von ihm, dass er mich aus Mexiko zurückgeholt hat. Warum auch immer er das gemacht hat. Aber eine nette Geste ist noch lange kein Ausgleich für …“
„Er stirbt“, sagte sie und nahm wieder seinen Arm. „Er lebt nur noch von geliehener Zeit. Ich glaube nicht, dass er gehen könnte, ohne dass du …“
Sie verstummte. Einen Moment lang konnte sie vor Schluchzen nicht sprechen. Jack spürte, wie er gegen seinen Willen schlucken musste, sein Magen krampfte sich zusammen.
„Das tut mir leid“, sagte er. „Aber was kann ich schon machen? Ich habe nicht mal einen einzigen Dollar, der mir gehört. Ich kann noch nicht mal …“
„Das kannst du ihm nicht antun“, schluchzte sie. „Nur dieses eine Mal könntest du es dir überlegen, bevor du ihm das Herz brichst.“
Jack sah sie an.
Er schüttelte den Kopf und löste seinen Arm sanft aus ihrem Griff.
„Vielleicht hätten wir dieses Gespräch schon viel früher führen sollen“, sagte er. „Jetzt ist es zu spät.“
„Jack“, flehte sie.
„Zu spät“, wiederholte Jack. Er ließ sie stehen, seine Schritte knirschten im Schnee.
Dieses Mal folgte sie ihm nicht, und er sah sich nicht um.
Er ging an den acht Häuserblöcken entlang in Richtung Innenstadt – man nannte es jedenfalls noch so –, vorbei an der Bank, Chisholm’s Eisen- und Holzhandel und dem kleinen Supermarkt an der Ecke. Die Stadt schrumpfte jedes Jahr ein wenig, wurde ein wenig schäbiger, rückte ihrem Ende näher. Was hielt die Leute eigentlich noch hier?
Endlich schob er sich in die Wärme von „Buddy’s“, der örtlichen Bar, die schon seit ewigen Zeiten heruntergewirtschaftet war und wenigstens nicht vorgab, etwas anderes zu sein, als was sie war: der einzige Ort in der Stadt, wo man seine Probleme herunterspülen konnte.
Drei Leute saßen an der Bar, Jack eingeschlossen. Er erkannte die Bedienung, ein Mädchen, das zu Schulzeiten zwei Klassen unter ihm gewesen war. Inzwischen war sie zweimal verheiratet und wieder geschieden und lebte jetzt unverheiratet mit einem Mann zusammen. Ein weißhaariger Mann saß mit dem Rücken zu ihm am Tresen. Jack beachtete ihn nicht und hockte sich an die Bar. „Hi, Shayla. Einen Krug Bud Light. Ein Glas.“ Es war alles, was er sich von seinem geborgten 13-Dollar-Kapital leisten konnte.
Sie starrte ihn an. „Hey“, sagte sie. „Mmmmh. Okay. Kommt sofort.“
„Na, wenn das nicht Jack Chisholm ist“, sagte eine spöttische, aber überraschend freundliche Stimme rechts von ihm. Er wandte sich um und beobachtete, wie der Sprecher seinen Drink über den Tresen schob und sich auf den Stuhl neben ihm setzte. Die Stimme gehörte einem Priester – zumindest war der Mann ganz in Schwarz und trug einen Stehkragen. „Ich bin Francis Xavier Malone.“
Jack erkannte ihn sofort; trotzdem nahm er die ausgestreckte Hand und schüttelte sie.
„Pater Francis“, sagte er. „Was machen Sie denn hier? Ich dachte …“
Er bremste sich. Francis Malone war schon Priester in Mayfield gewesen, als Jack noch nicht geboren war. Und Jack war mit zwei unumstößlichen Gewissheiten aufgewachsen: In Mayfield drehte sich alles um Football, und Pater Francis musste man vom Alkohol fernhalten.
Na gut. Jetzt war er sowieso schon ins Fettnäpfchen getreten. Also nickte er knapp in Richtung der goldbraunen Flüssigkeit auf Eis in Francis’ Glas. „Ich dachte, in dieser Gegend sei kein harter Drink zu bekommen.“
Francis lächelte grimmig. „Traurige Sache, wenn ein privater Fehltritt in aller Munde ist.“ Er hob sein Glas und schwenkte es, sodass das Eis klirrte. Er nahm einen Schluck und leckte sich die Lippen. „Gingerale, Jack. Aber du hast es schon richtig in Erinnerung. Man kann in dieser Gegend hier tatsächlich keinen Drink bekommen; und selbst wenn es legal wäre, würde ich sicher hier keinen kriegen.“
„Die reine Wahrheit, Pater“, sagte Shayla und stellte Jack eine schaumgekrönte Kanne mit Bier und sein Glas hin. „Ich habe strikte Anweisung, ihm nichts anderes zu servieren als Gingerale“, bemerkte sie zu Jack. „Würde mich sonst den Job kosten.“
„Tja, das ist Mayfield“, sagte Francis, „das weißt du sicher noch ganz gut. Hier wissen wir alles voneinander. Aber an den guten Tagen lässt dich auch niemand im Stich, wenn du Hilfe brauchst.“ Er ließ wieder die Eiswürfel in seinem Glas kreisen. „Und wie kommt’s, dass du hier bist?“
„Familienbesuch“, sagte Jack wie nebenbei. „Ich bin nur für ein paar Tage da.“ Er begann, das Bier einzuschenken.
„Soso“, sagte Pater Francis und legte die Hände spitz vor seinem Gesicht zusammen. „Was ich sehe, ist, dass du hier im ‚Buddy’s‘ sitzt, wo man dich sonst eigentlich nie sieht, und dass es der Tag nach Weihnachten ist. Der Gedenktag des heiligen Stephanus.“
Er warf den Kopf in den Nacken. „Was ich außerdem sehe, ist, dass du in der kältesten Nacht des Jahres ohne Mantel aus dem Haus gegangen bist. Und“, er nickte in Richtung des Biers, das Jack in sein Glas goss, „was ich sehe, ist, dass du trinkst wie für zwei. Und dabei nicht sehr wählerisch bist, wenn ich mal so sagen darf.“
„Versuche nur, meine mädchenhafte Figur zu erhalten“, sagte Jack. Er nahm einen Schluck und verzog das Gesicht; es schmeckte bitter und wässrig. „Grrr.“
„Weiß schon“, seufzte Pater Francis. „Aber trotzdem hab ich immer noch einen Japp drauf.“
Jack betrachtete