Das 1x1 der Baumkontrolle. Forum Verlag Herkert GmbH
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Durch eine entsprechende Organisation muss sichergestellt werden, dass die Aufzeichnungen auch tatsächlich durchgeführte Kontrollen repräsentieren und nicht nur „Phantomüberprüfungen“ darstellen. Der Vorgesetzte der Baumkontrolleure hat insoweit eine Kontroll- und Überwachungspflicht. Dringend zu empfehlen sind Dienstanweisungen {Dienstanweisung}, aus denen sich insbesondere ergibt, wer für die Kontrolle zuständig ist, wie der Kontrollnachweis geführt wird, wie zu kontrollieren ist, wie oft (Kontrollzeitraum), welchen Umfang die Kontrolle haben muss und wer was wann zu tun hat, wenn Mängel festgestellt werden.
Bei vorgeschädigten Bäumen mit hohem Gefahrenpotenzial empfiehlt sich die Führung einer eigenen Risikoliste, um die Vornahme regelmäßiger Sonderüberprüfungen überwachen und ggf. auch nachweisen zu können. Hier kann auch ein Baumkataster gute Dienste leisten, in dem die Bäume, soweit sie Dritte gefährden können, erfasst sind. Anhand dieses Katasters können dann je nach Alter der Bäume, Verkehrsbedeutung des Standorts usw. das Gefährdungspotenzial eingeschätzt und die Intensität der Kontrollen festgelegt werden.
Im Schadensfall {Schadensfall}
Wenn ein Baum einen Schaden verursacht hat, ist generell unverzüglich eine Ortsbesichtigung durchzuführen. Dies gilt insbesondere bei Personenschäden. Es sind ggf. Zeugen festzustellen und Ort, Datum, Zeit, Beteiligte, Sachverhaltsschilderung usw. zu dokumentieren. Dazu gehört insbesondere eine Dokumentation des eingetretenen Schadens (z. B. durch Fotos oder Skizzen), ebenso des Baumzustands. Beweisrelevante Ast-, Stamm- oder Wurzelteile (z. B. abgebrochener Ast) sind vor einer Entfernung des Baums sicherzustellen und aufzubewahren[27]. Die bewusste Beseitigung von Beweisstücken während eines Rechtsstreits und vor der erforderlichen Begutachtung durch einen Sachverständigen stellt grundsätzlich eine Beweisvereitelung dar, die zu einer Umkehr der Beweislast zulasten des Baumeigentümers führt.[28] Besteht nach dem Schadenseintritt weiterhin eine erhöhte Gefahr, ist der Bereich abzusperren.
Übertragung der Verkehrssicherungspflicht {Verkehrssicherungspflicht, Übertragung der}
Die zivilrechtliche Verkehrssicherungspflicht kann auf Dritte übertragen werden. Sicherungspflichten sind nicht höchstpersönlich zu erfüllen. Es ist nicht nur erlaubt, sondern bei fehlender eigener Qualifikation u. U. sogar geboten, fachlich geeignete Dritte bei der Pflichterfüllung einzuschalten. Eine Übertragung der Verkehrssicherungspflicht setzt prinzipiell eine eindeutige Vereinbarung voraus, allerdings kann im Einzelfall auch eine faktische Übernahme ausreichen. Zu empfehlen sind aus Gründen der Nachweisbarkeit ausdrückliche schriftliche Vertragsregelungen. Mit der Übernahme wird der Übernehmer selbst verkehrssicherungspflichtig und damit seinerseits auch im Außenverhältnis deliktsrechtlich (§ 823 Abs. 1 BGB) verantwortlich. Verletzt er schuldhaft die übernommene Pflicht zum Schutz anderer vor Gefahren, die von Bäumen ausgehen, so ist er gegenüber dem Geschädigten unmittelbar schadensersatzpflichtig.
Der originär Sicherungspflichtige wird dadurch jedoch nicht generell von der Haftung freigestellt. Seine Sicherungspflicht wandelt sich in sog. Auswahl-, Überwachungs- und Kontrollpflichten um. Nur wenn er diesen besonderen Sorgfaltspflichten ordnungsgemäß nachkommt, scheidet seine Verantwortlichkeit aus.
Die vorstehenden Ausführungen gelten bei Behörden nur für die privatrechtliche Aufgabenerfüllung, wie sie typischerweise z. B. auf Kinderspielplätzen stattfindet. Die Verkehrssicherung öffentlicher Straßen wird nach den Regelungen in den Straßengesetzen in allen Bundesländern (außer Hessen) als Amtspflicht in hoheitlicher Tätigkeit wahrgenommen. Beauftragt eine Gemeinde eine Privatfirma mit der Kontrolle von Bäumen an öffentlichen Straßen, haftet sie deshalb nach dem OLG Köln[29] allein gegenüber einem Geschädigten nach Amtshaftungsgrundsätzen (§ 839 BGB i. V. m. Art. 34 GG) für Pflichtverletzungen dieser Firma. Die Beauftragung hat nicht zur Folge, dass sich die haftungsrechtliche Verantwortung der Gemeinde auf die Verletzung von Kontroll- und Überwachungspflichten beschränkt. Aus dem Urteil des OLG Köln ist i. V. m. dem Urteil des LG Berlin[30] zu folgern, dass eine Behörde die bei Straßenbäumen bestehende hoheitliche Verkehrssicherungspflicht nicht auf eine Privatfirma übertragen kann. Die Privatfirma und deren Mitarbeiter handeln in diesem Fall immer als verlängerter Arm der Verwaltung (sog. Verwaltungshelfer). Die Behörde kann aber im Haftungsfall grundsätzlich im Innenverhältnis gegenüber der Privatfirma einen Regressanspruch geltend machen.
Der Auftrag des Baumeigentümers an eine Baumpflegefirma, den Baumbestand so zu pflegen, dass die Verkehrssicherheit gewährleistet ist, bedeutet nach gängiger Auffassung noch keine Übertragung der Verkehrssicherungspflicht auf die Baumpflegefirma.[31]
Lichtraumprofil {Lichtraumprofil}
Die Verkehrssicherungspflicht für öffentliche Straßen umfasst auch den Schutz vor Gefahren, die von angrenzenden Bäumen ausgehen, deren Stämme oder Äste in den Luftraum über die Fahrbahn ragen und zu Beschädigungen an Fahrzeugen mit hohen Aufbauten führen können. Dabei existiert allerdings keine gesetzliche Vorschrift, die das einzuhaltende Lichtraumprofil ausdrücklich regelt. Die Pflicht zum Freischneiden des Luftraums über der Straße folgt mittelbar daraus, dass nach § 32 Abs. 2 Satz 1 Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO) im Straßenverkehr Fahrzeuge bis zu einer Höhe von 4 m zugelassen sind. Wurde eine Straße dem allgemeinen Verkehr gewidmet, muss damit gerechnet werden, dass die Straße auch von allen Fahrzeugen, die für den allgemeinen Straßenverkehr zugelassen sind und hinsichtlich der Breite, Länge und Höhe den Vorschriften des § 32 StVZO entsprechen, benutzt wird. Nach den einschlägigen technischen Regelwerken zu Entwurf und Gestaltungen von Straßen (Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen (RASt 2006), Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA 2008), Richtlinien für die Anlage von Landstraßen (RAL 2012)) ist ein Lichtraumprofil von 4,50 m Höhe sicherzustellen.
Es besteht jedoch nach der Rechtsprechung[32] keine Verpflichtung, den Luftraum über einer Fahrbahn immer bis 4 bzw. 4,50 m von Hindernissen freizuhalten. Der Umfang der Pflicht zum Freischneiden richtet der sich nach Erkennbarkeit der Gefahrenstelle, der Verkehrsbedeutung der Straße, der Fahrbahnbreite sowie der Höhe des hineinragenden Asts. Zudem ist die ökologische Bedeutung des Baumbestands zu berücksichtigen. Bei Straßen mit hoher Verkehrsbedeutung, insbesondere Autobahnen, Bundes- und Ausfallstraßen, sowie sonstigen Straßen mit hohem Lkw-Verkehr ist das Lichtraumprofil stets freizuhalten. Dagegen müssen Nebenstraßen (z. B. Wohnstraßen) oder Feldwege mit nur untergeordneter Verkehrsbedeutung i. d. R. nicht von in den Lichtraum hineinragenden Ästen freigehalten werden. Besteht eine Pflicht zur Freihaltung des Lichtraumprofils, sollte eine Astfreiheit von 4,50 m angestrebt werden. Es ist zu berücksichtigen, dass regennasse oder mit Nassschnee beladene Äste tiefer hängen. Bei öffentlichen Gehwegen ist ein Lichtraumprofil von 2,50 m Höhe einzuhalten.
Verantwortlich für die Freihaltung des Lichtraumprofils ist in erster Linie der Baumeigentümer, der auch die Kosten selbst tragen muss. Bleibt er untätig, kann der Straßenbaulastträger nach den Regelungen in den Straßengesetzen öffentlich-rechtlich mittels Bescheid oder auch zivilrechtlich nach §§ 910, 1004 BGB gegen ihn vorgehen.