14 Falken. Kathrin Schobel
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Gwen duscht nicht so lange, wie sie gerne würde, um sich überall zu waschen. Sie riecht jetzt nach offenen Poren, Unschuld und Nivea Sport. Und ihre Klamotten riechen dafür stechend sauer, aber Gwen wirft sie sich trotzdem über. Sie müssen es für ein Frühstück und das seltsame Gespräch danach noch tun, dann kann sie sich umziehen, ohne von ihrer Paranoia gehetzt zu werden. Gwen rubbelt sich mit dem Handtuch trocken wie ein Rennpferd, hängt es wieder an den Haken und verlässt das Bad. Sie hätte die Tür gerne im Wohnzimmer, aber irgendjemand mit fragwürdigem Hang zur Avantgarde, der gerade erst den B.A. In Architektur erworben hatte, hat sich gedacht, dass moderne Großstädter im Schlafzimmer gerne direkten Zugang zu Abstellkammer und Bad hätte.
Gwen hat erwartet, dass der Falke inzwischen vom Duschgeräusch wachgeworden ist. Und wenn nicht davon, dann von der Straßenreinigung, die inzwischen lauter piept als die Vögel im Baum vor dem Fenster. Vielleicht hätte Gwen einen weichen Moment gehabt, in dem sie die Kleine gefragt hätte, was von beidem es war.
Aber das Schlafzimmer ist leer.
»Wo bist du?«, fragt sie und stellt fest, dass die Brille fehlt. Jetzt sucht sie nach dem Haufen aus Hose und Shirt, doch beides ist weg. Durch die Nase schnaubend geht sie zur Wohnzimmertür. War die gestern Abend schon angelehnt gewesen?
»Bist du da?«, fragt sie nochmal und hat für einen Moment Panik und eine unwillkommene Vorfreude zugleich bei dem Gedanken, dass das Schönchen vielleicht Frühstück machen könnte.
Je näher ein Morgen einer RomCom mit Julia Roberts kommt, desto schlimmer ist er für Gwen. Die Bindungsängste hat sie sich nicht ausgesucht, aber sie trägt sie trotzdem meistens wie ein leuchtendes Warnsignal vor sich her. Vermutlich hat der Falke das bemerkt, denn sie ist verschwunden. Dabei hätte ihre warme Haut dem kühlen Morgen gutgetan. Gwen fühlt sich einer Chance beraubt, die sie nicht genutzt hätte.
Sie schließt das Fenster und reibt sich das Gesicht. Dann sieht sie noch mal auf das leere Bett und flucht. Mitten darauf, halb verdeckt von knittrigen Laken, liegt ihr Geldbeutel. Schnell geht sie den Inhalt durch. Ausweis, Führerschein, EC-Karte, Versicherungskarte, irgendeine Kundenkarte, die sie schon ewig wegschmeißen will und ihr Dienstausweis. Die Ratte hat ihn gar nicht übersehen können, aber ist trotzdem mit dem Bargeld verschwunden.
»Scheiße«, flucht Gwen und wirft ihren Geldbeutel zurück auf die Matratze.
Der Falke muss ihre Jacke durchsucht haben, als sie Duschen war. Ihre Jacke!
Die offene Schranktür. Dahinter liegen Klamotten ordentlich gefaltet, ihre farblosen Shirts über der Dienstkleidung neben den Sportsachen. Darauf hängt nichts mehr. Gwens Nase zuckt.
»Dieses verdammte Miststück.«
IIII
»Dieses verdammte Miststück«, fluche ich.
Kid nimmt sich mäßig interessiert einen Kopfhörer aus dem Ohr. »Was, hat sie nicht zurückgerufen?«
Ich blase Luft durch die Nase aus und kontrolliere noch mal alle vier Hosentaschen und die der Jacke, falls ich vergessen habe, dass ich umgepackt habe. Jesse beobachtet mich dabei, grinst und schmiert sich Lippenstift an die Zigarette.
»Die hat mir mein Zeug geklaut«, rufe ich dann, als ich mir sicher bin.
Jesse lacht. Kurz und auf diese schrille RTL II-Weise, die ich nicht leiden kann. Ob Kit lacht, weiß ich nicht, weil sich der Feigling zwei Schritte aus dem Tunnel verzieht, um seine Kippe auszudrücken. Ich fange Simons Blick. Simon sagt nie viel, aber denkt umso mehr. Das sieht man in seinen kleinen, dunklen Raubfischaugen, die unaufhörlich zucken, auch, wenn er sich nur auf einen Punkt konzentriert. Würfelblick, kann auch sein. Als Kit zurückkommt, sehe ich ihn breit grinsen.
»Das ist nicht witzig, das war teuer«, knurre ich.
»Wer austeilt, muss auch einstecken können, Taylor«, zitiert Kit altklug.
»Auf welchem Shirt hast du das denn gelesen?«, gifte ich und suche noch mal, hauptsächlich, um meine Hände zu beschäftigen.
Jesse macht sich nicht die gleiche Mühe wie Kit und wirft ihre Zigarette einfach vor sich auf den Boden. Feiner Rauch steigt zwischen unseren Gesichtern auf und vermengt sich mit der Wolke unter der Tunneldecke.
»War nur eine Frage der Zeit, bis dir auch mal einer ans Bein pisst.«
»Tut mir fast weh, dir das sagen zu müssen, aber das kannst du nicht bezahlen«, legt Kit drauf und irgendwie habe ich das Bedürfnis, ihm was zu brechen. »Ach, warte mal!« Er schlägt sich gegen die Stirn. Jetzt sitzt seine Cap schief. »Unsere Meisterdiebin hat dem Bullen ja eine verdammte Markenjacke abgezogen. Piss dich nicht ein, davon kannst du dir zwei Tüten leisten.«
Er greift nach dem Kragen und ich ziehe mich mitsamt Jacke zurück. »Fick dich. Ich hab‘ dir schon mal gesagt, dass ich die nicht verkaufe.«
»Und warum nicht?«, fragt Jesse.
Warum nicht. Ich weiß ganz genau, warum nicht. Sie hält warm, aber ist mir noch immer zu groß. Außerdem geht Zigarettengeruch nicht gut aus Leder raus und ich hasse den. Ich trage sie noch immer über meiner eigenen Jacke, so, wie ich Gwens Wohnung verlassen habe und jetzt stinkt sie nicht mehr und nicht weniger als vorher auch schon. Trotzdem sträubt sich in mir alles, wenn ich daran denke, sie zu verscherbeln. Ich brauche sie, aber einen Teufel werde ich tun und versuchen, es Kit zu erklären.
»Weil ich darin verdammt heiß aussehe?«, improvisiere ich also und grinse.
Allgemeines Seufzen. Ich schiele zu Simon, der bassig brummt und rede mir ein, dass wenigstens er mir glaubt. Unauffällig schiebe ich mir die langen Ärmel über die Handgelenke. Sie rutschen sofort wieder runter.
Jesse lehnt sich mit verschränkten Armen an die Wand, genau an meinen Lieblingsplatz zwischen dem Brandfleck und dem Penisgraffiti.
»Wenn du Zeug schnorren kommst, schiebe ich dir das Teil wohin.«
»Mach das nicht, das ist die nicht gewohnt«, ergänzt Kit prustend.
Simon hält sich wie üblich raus und ich hebe eine Augenbraue. Wenn man als Frau auf Frauen steht, muss man für das flache Niveau der Comebacks regelmäßig die Füße heben. Mein wöchentliches Bingo ist damit fast voll, fehlt nur noch die obligatorische Frage nach einem Dreier, gefolgt von einem liebevollen Angebot, mir doch mal zu zeigen, was ein richtiger Mann ist, aber das wird Kit auch noch schaffen. Ich sehe meine Sowas-Wie-Freunde gebildet über den Brillenrand an und habe diesen Look, den sie »sexy Streberin« nennen.
»Wieso müsst ihr eigentlich immer reden wie die letzten Assis? Gibt euch das was, eure Stereotype zu befriedigen?«
Kit verdreht die