Herr über Leben und Tod bist du. Olaf Müller

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Herr über Leben und Tod bist du - Olaf Müller страница 6

Автор:
Жанр:
Серия:
Издательство:
Herr über Leben und Tod bist du - Olaf Müller

Скачать книгу

nix. Ich geh hier rum, sehe den Toten und ruf die Polizei. Und kalt ist mir auch. Ist ja nicht verboten, was gegen die Kälte zu tun. Oder?« Norbert Jörres geriet trotz der Frische des Tages ins Schwitzen.

      »Sagt Ihnen der Name Eugen Kaltenbach etwas?«

      »Kaltenbach. Ja. Eugen Kaltenbach. Ein Stinkstiefel. Ist der das da oben?« Jörres hob das Kinn leicht in Richtung Turm.

      »Warum ein Stinkstiefel?«

      »Der hat Ärger gehabt und Ärger gemacht. Alle hassten ihn. Fragen Sie doch rum. Mehr sag ich nicht. Fragen Sie die anderen im Dorf.«

      »Halten Sie sich zu unserer Verfügung. Rocky auch. Und schlafen Sie Ihren Rausch aus.« Fett hatte genug von dem Alkoholiker.

      »Rocky, komm!« Herr und Hund machten sich nachdenklich auf den Weg zurück nach Bergstein. Was der Hund dachte, wusste niemand. Norbert Jörres überlegte, dass er bei der nächsten Leiche einfach die Klappe halten würde. Er sehnte sich nach seinem Hobbykeller und der Flasche Wodka im Werkzeugschränkchen neben der Laubsäge.

      »Schmelzer, gehen Sie mit Holz und Dillinger zu den Häusern am Ortsrand«, befahl Fett. »Vielleicht hat jemand was gehört oder gesehen. Ich bleib bei Frau Unsleber. Die prüft die möglichen Positionen, aus denen geschossen worden sein könnte.«

      »Positionen prüfen. Na dann. Viel Vergnügen. Dafür hab’ ich eh nicht die richtigen Schuhe an.«

      Kollegin Unsleber stakste bereits wie ein Storch im weißen Overall durch das Unterholz in einem Graben nahe des Krawutschketurms. Immer wieder blickte sie hoch zum Turm, wo ein Kriminaltechniker an der Brüstung stand. Sie legte an, als ob sie ein Gewehr halte, und zielte auf den Kollegen. Der warf die Spule mit einer dünnen roten Schnur zu ihr hinunter. Sie schritt vorsichtig damit weiter bergab bis zu einer Vertiefung. Dort aus der Kuhle, vielleicht ein Bomben- oder Granattrichter, von dort musste der Schuss erfolgt sein. Die Schnur war gespannt. Der Polizist auf dem Turm hielt sie in Höhe des Kopfs vom Toten an der Stelle auf dem Turm, wo er gestanden haben musste.

      »Was gefunden?« Fett stand am Turm, um nicht Spuren zu zertreten,

      »Der Täter muss von hier geschossen haben.« Sie zeigte in Richtung des Kollegen. »Keine brauchbaren Spuren.«

      Super, dachte Fett. Ein toter Senior, ein betrunkener Senior, ein nüchterner Dobermann. Alles super an diesem Montagmorgen am Krawutschketurm. Frohe Weihnachten. Er betrachtete die Infotafel am Turmaufstieg, las die Geschichte, wartete auf Elke Unsleber.

      »Wir prüfen alles. Es sieht nicht gut aus.« Elke Unsleber schwitzte unter dem Overall.

      Ihre Sommersprossen mochte Fett. Er hatte sie häufig an Tatorten beobachtet. Sie behielt den Überblick und gab entscheidende Tipps. Nur heute war Essig.

      »Sieben Stiche, Schuss in die Stirn, mitten zwischen die Augen. Muss ein guter Schütze gewesen sein.« Fett schaute die Kollegin fragend an.

      »Bestimmt. Die Kriminalmedizin soll auf den Schusskanal achten. Sagte ich bereits. Kaliber neun Millimeter war es nicht.«

      »Werde ich ausrichten, danke. Freue mich auf Ihren Bericht, Kollegin.« Fett reichte ihr die Hand. Er nahm den steilen Weg hinunter in Richtung Bergstein. Nach wenigen Metern hielt er an dem Kreuz für den amerikanischen Soldaten. Er las die Inschrift: »PFC Paul Peternell. 121. US-Infanterieregiment. 8. US-Infanteriedivision. Vermisst seit dem 9. Dezember 1944 im Bereich des Burgbergs. Gefunden im Juli 1981 am Burgberg durch Stefan Hoven. Beigesetzt auf dem amerikanischen Soldatenfriedhof Neupre (Neuville-en-Condroze) in Belgien. Möge er in Frieden ruhen.«

      Die amerikanische Spur

      und das Monster

      Fett beugte sich hinunter zu den drei Kerzen vor dem Gedenkkreuz, von denen eine brannte. Er stutzte, nahm einen kleinen Zweig und spießte etwas auf: eine Patronenhülse. Die Hülse war nicht verrostet, sie glänzte, er hielt sie an seine große Nase. Die Patronenhülse roch nach Pulver. Vorsichtig legte Fett sie wieder vor das Kreuz, zog sein Handy aus der Jackentasche und rief Elke Unsleber an.

      »Ich hab hier was. Kommen Sie 50 Meter den steilen Weg runter.«

      »Nichts berühren«, warnte die Kollegin, als sie Fett erreichte. »Die Hülse liegt noch nicht lange da. Guter Blick, Kollege Fett. Kaliber 7,62 Millimeter Springfield. Sieht mir nach amerikanischer Munition für das M1 aus.«

      »Geht es etwas genauer?«

      »Standardgewehr der US-Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg. Halbautomatisch. Bestimmt liegt hinten im Museum Hürtgenwald ein Exemplar.«

      »Das geht mir zu schnell. Sie meinen, die Kugel wurde aus einem amerikanischen Karabiner abgefeuert, der im Zweiten Weltkrieg hier zum Einsatz kam. Und drüben, im Museum in Vossenack, da liegt so ein Teil?«

      »Ich vermute. Den Rest nach der ballistischen Auswertung. Einen Reim müssen Sie sich darauf machen. Ich liefere Daten und Fakten. Wie immer, lieber Herr Fett.«

      »Der liebe Herr Fett hat da oben einen Toten mit Kopfschuss, sieben Messerstichen und hier, an dem Kreuz für den Private First Class Peternell, der im Dezember 1944 am Burgberg vermisst wurde, eine frische Patronenhülse. Nicht zufällig. Davon gehe ich aus.«

      »Würde ich auch so sehen. Viel Erfolg bei den Ermittlungen.« Elke Unsleber steckte eine Markierung in den Boden, rief den Kollegen Sonanini auf dem Krawutschketurm an und gab die Untersuchung der Bodenstelle in Auftrag.

      Schwer atmend stiegen Schmelzer, Holz und Dillinger, von den Anwohnern kommend, den steilen Weg hoch zum Kreuz von Peternell.

      »Und?« Fett schaute die Kollegen erwartungsvoll an.

      »Käse. Nichts. Die unmittelbaren Nachbarn haben das Gebell von Rocky gehört. Eugen Kaltenbach, der wanderte an jedem Tag morgens hoch zum Krawutschketurm. War wohl sein Sportprogramm. Beliebt war der nicht. Eigenbrötler und schnell mit dem Anwalt zur Hand wenn es Streit gab. Von Trauer keine Spur. Eher Erleichterung. Mit dem Rest können wir nichts anfangen.«

      Fett zeigte den Kollegen die Patronenhülse: »Haben wir an dem Kreuz gefunden. Amerikanischer Karabiner aus dem Zweiten Weltkrieg. Heute Morgen abgefeuert.«

      Schmelzer schaute überrascht. »Schon wieder eine alte Geschichte. Ich krieg die Motten. Wieder Zweiter Weltkrieg, Verbrechen, Krieg. Hört das denn nie auf? Vor 75 Jahren war die Hölle los im Hürtgenwald. Jetzt bekommen wir wieder Vergangenheit serviert. Das macht mich kirre. Herr Fett, da soll Kollegin Lövenich von den Kapitalverbrechen ermitteln. Ich bin zu. Mir reicht das. All dieser Nazikram, diese unendliche Geschichte, diese Netzwerke und Seilschaften.« Es platzte aus Schmelzer heraus. Er hatte genug Fälle erlebt, die tief mit der Geschichte des Dritten Reiches verbunden waren. »Zu allem Überfluss wird es auch mysteriös, Chef. Hier geht ein Monster um.« Schmelzer machte eine Kunstpause. »Sürches Mossel.«

      »Schmelzer, lenken Sie nicht ab von dem Schlamassel. Lassen Sie alle Kameras auswerten, Hotels und Pensionen abklappern, Museum Hürtgenwald checken, den Toten lebendig machen mit seiner Vita.«

      »Die Anwohner glauben, dass es der Überfall eines Offiziers der Truppen Karls V. war. Der spuke hier seit dem 16. Jahrhundert, und in jedem Jahr falle ihm ein Mensch zum Opfer.«

      »Zu viel Stephen King gelesen?«

      »Ich lese lieber Regionalkrimis,

Скачать книгу