Maria - Fräulein der Friesen. Andreas Scheepker

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Maria - Fräulein der Friesen - Andreas Scheepker

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Verhalten gegenüber einem Beamten des kaiserlichen Hofes in Brüssel«, erklärte Keno Middens. »Der Drost hat ihn gestern dafür zur Rechenschaft gezogen. Isko Onninga entschuldigt sich für sein grobes Benehmen. Der Drost hat ihn mit seinen Männern zurück nach Ostfriesland geschickt. Damit ist alles in Ordnung.«

      Rimberti zögerte. Wollte er Folkert Hedden und seine Männer nicht in Gefahr bringen, durfte er nicht von den Einzelheiten seiner verzögerten Reise berichten.

      Er sah die beiden Schwestern an. »Fräulein Anna, Fräulein Maria, Ihr habt an die Königin appelliert. Ich bin hier, um zu prüfen, ob Graf Ennos Schutzherrschaft über Jever und seine Ansprüche auf die Regentschaft zu Recht bestehen. Ferner muss ich mir ein Bild von den Eheversprechen machen, die Euer Vater Graf Edzard gemacht hat. Mit Eurer Erlaubnis werde ich in Eurer Kanzlei alle Dokumente und Urkunden studieren. Königin Maria hat den Staatsrat von Wittenvelde mit den Angelegenheiten beauftragt. Der Staatsrat will umfassend informiert werden und erwartet meinen Bericht. Sofern es ihm möglich ist, wird er noch in diesem Jahr hier eintreffen. Darum ist es vermutlich unerlässlich, Personen zu befragen und mir vor Ort einen Einblick in die Verhältnisse in Eurer Herrschaft zu verschaffen. Dazu brauche ich Eure Erlaubnis.«

      »Der Drost wird Euch im Namen Graf Ennos eine solche Genehmigung ausstellen«, stellte Keno Middens fest. »Ihr werdet feststellen, dass die freundschaftliche Umarmung durch die ostfriesischen Grafen in den vergangenen Monaten vielleicht etwas bedrückend gewesen sein mag, aber unsere Heimat ist in großer Gefahr. Das Jeverland ist wohlhabend genug, um sich Freunde zu machen. Aber es ist zu klein, um sich seiner Feinde zu erwehren. Solche unschönen Zwischenfälle wie der in Grootewarden dürft Ihr nicht überbewerten. Anders führen sich auch viele Beamte nicht auf, die in ihrem eigenen Land für den Fürsten die Abgaben einfordern. Isko wird sich in Zukunft zurückhalten. Es wäre jedoch schade, wenn die Erwähnung dieses Vorfalls ein ungünstiges Licht auf die Regentschaft unserer Fräulein würfe.«

      Fräulein Maria sah Rimberti für einen Moment an und schlug dann die Augen nieder. Sie betrachtete ihre gefalteten Hände. Vom Hof waren Pferdegetrappel und laute Stimmen zu hören.

      Middens erhob sich und trat ans Fenster. Er sah eine Weile nach unten und drehte sich wieder um. »Vielleicht können wir unsere Erörterungen ein anderes Mal fortsetzen. Mit Eurer Erlaubnis will ich nachsehen, was los ist.«

      Bevor Middens den Raum verlassen konnte, wurde die Tür geöffnet, und ein verschwitzter Mann mit verschmutzen Kleidern stolperte hinein. »Grootewarden …«, stieß er hervor, »sie waren in Grootewarden.«

      »Wer war in Grootewarden?«, herrschte Keno Middens ihn an. »Sprich nicht in Rätseln, erstatte deiner Herrin Bericht!«

      »Ewert Owelacker und seine Landsknechte sind über Grootewarden hergefallen.«

      Keno Middens verschränkte die Arme vor der Brust und sah Rimberti mit einem vorwurfsvollen Blick an. »Hätten wir Herrn Isko und seine Männer nicht fortgeschickt, so hätten sie diesen Überfall abgewehrt.«

      4

      Rimberti stand vor der rußgeschwärzten Ruine, die einmal ein stattliches Bauernhaus mit großem Scheunenanbau gewesen war. An der Stelle der Nebengebäude waren nur noch verkohlte Holzreste zu sehen, die trübsinnig vor sich hin qualmten. Ewert Owelacker und seine Männer hatten ganze Arbeit geleistet. Noch schlimmer. Vor dem Hof hatte man die Leichen von zwei Knechten gefunden. Sie waren so töricht gewesen umzukehren und ihre wenige Habe retten zu wollen.

      Zornig und ohnmächtig fühlte sich Rimberti. Er sah sich um. Warmes und helles Sonnenlicht schien auf das weite Land. Leuchtend gelbe Getreidefelder, Wiesen und Weiden in sattem Grün, und darin ein qualmender, rußiger Haufen. Das war die Welt, die Gott geschaffen hatte, und mitten darin befand sich, was die Menschen schufen: Mord und Zerstörung.

      Ein Offizier und Keno Middens standen abseits und sprachen mit dem Bauern. Zur Sicherheit hatten sie bewaffnete Reiter mitgebracht, obwohl nicht damit zu rechnen war, dass Owelacker und seine Männer noch einmal an diesen verwüsteten Ort zurückkehren würden.

      Rimberti hatte seine Zweifel, ob Isko Onninga und seine Männer wirklich bereit gewesen wären, gegen die Landsknechte zu kämpfen. Ein Mann kam auf sie zu. Folkert Hedden.

      »Wir waren bereit, als sie kamen«, sagte er. »Wir haben Tag und Nacht jemanden auf dem Kirchturm postiert. Gut zwei Dutzend Mann kamen. Sie dachten, sie kämen in ein leeres Dorf, dessen Einwohner davongelaufen wären, und dann schlugen wir los. Wir waren doppelt so viele wie sie, und wir haben sie völlig überrumpelt. Fünf von uns sind verletzt worden, einer wird es vielleicht nicht überleben. Dafür haben wir acht von ihnen erschlagen, und drei Verletzte mussten sie zurücklassen. Aber hier konnten wir nichts mehr tun. Bartels Hof ging in Flammen auf, und die beiden Knechte hier wollten ihre Sachen retten. Wir konnten sie nicht aufhalten. Und als Owelackers Männer vertrieben waren, war es zu spät. Wir konnten das Feuer nicht mehr löschen, und die beiden fanden wir hier tot. Wir werden alle helfen, wenn hier wieder aufgebaut wird. Das ist das Mindeste.«

      Hedden zeigte mit der Hand in die Ferne. »Steffens und seine Familie auf dem Hof da draußen haben nicht so viel Glück gehabt. Er wollte ihnen nicht verraten, wo er sein Geld versteckt hat. Ihn und seine Frau haben sie umgebracht, nur die Kinder ließen sie am Leben.«

      Hedden ballte die Faust, bis sie weiß wurde. »Ich weiß, was ich mit den drei Gefangenen machen werde. Ihre Köpfe werde ich in der Brandruine aufspießen.«

      »Das werdet Ihr nicht tun«, brummte plötzlich eine Bassstimme. Sie drehten sich um. Häuptling Fockena stand hinter ihnen.

      »Daran werdet Ihr uns nicht hindern«, erwiderte Hedden.

      »Und wie ich das werde«, antwortete Fockena angriffslustig. »Gleich neben den drei Halunken werde ich persönlich noch einen vierten Pfahl aufstellen. Und ratet mal, welches hübsche Köpfchen dort aufgespießt wird. Aber bitte lasst Euch vorher noch Euren Bart stutzen.«

      Hedden wollte sich auf den Häuptling stürzen, aber er sah plötzlich einen Dolch auf sich gerichtet. »Der gefällt mir gut, der Mann hier«, sagte Fockena gut gelaunt und wandte sich an Rimberti. »Der ist mir vorgestern schon aufgefallen. Es war übrigens klug von Euch, unsere Bekanntschaft verborgen zu halten. So war es mir ein wenig leichter, wieder einmal Euer Leben zu retten, mein lieber Rimberti.«

      »Ihr kennt …?«, stieß Hedden hervor.

      »Sehr gut sogar«, antwortete Rimberti. »Ihm würde ich mein Leben blind anvertrauen, und das Eure noch gleich mit dazu.«

      Fockena grinste Hedden an.

      »Frieden?«, fragte er und steckte den Dolch wieder weg. Hedden nickte. »Ich gönne Euch die Rache gern, aber lebendig nützen uns die drei vielleicht mehr. Wir wissen nicht, wo die Landsknechte ihr Lager haben. Dies wird nicht der letzte Überfall gewesen sein. Ich gratuliere Euch übrigens zu Eurem Sieg, Hedden. Viel besser hätte ich das vermutlich auch nicht hinbekommen. Wie viele Leute hatte Owelacker bei sich? Was schätzt Ihr?«

      »Es waren etwa zwei Dutzend, jetzt natürlich weniger«, antwortete Hedden.

      »Keine Sorge, die wachsen von selbst wieder nach. Bestimmt waren nicht alle dabei. Es ist das erste Mal, dass Owelacker mit seinen Männern ein Dorf überfallen wollte.«

      »Es wird ihm eine Lehre sein«, erwiderte Hedden.

      »Das wird es«, stimmte Fockena zu. »Das nächste Mal wird er es geschickter anstellen und mehr Männer mitbringen. Wo haben sie ihr Lager? So viele Männer können

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