Maria - Fräulein der Friesen. Andreas Scheepker

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Maria - Fräulein der Friesen - Andreas Scheepker

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ihm einen ungehaltenen Blick zu. »Wie ich hörte, habt Ihr dafür gesorgt, dass Isko sich mit meinen Männern zurückziehen musste. Hättet Ihr ihn nicht in seinen Aufgaben behindert, hätte er die Plünderer vertrieben.«

      »Ich glaube nicht, dass Isko Onninga den Schneid gehabt hätte, gegen Owelacker und dessen Leute anzutreten. Das sind gut ausgebildete Kämpfer. Männer wie Isko kämpfen nur gegen Schwächere.« Rimberti sah Enno herausfordernd an.

      Graf Enno hielt seinem Blick stand. »Doktor Rimberti, Ihr seid nicht von der Königin geschickt worden, um Euch in die Geschicke unseres Landes einzumischen. Eure Aufgabe ist es, Papiere zu lesen, Paragrafen zu reiten und mit Tinte zu klecksen. Verseht Ihr Euren Dienst und lasst uns das Unsrige tun.«

      Graf Enno winkte mit der Hand, um Rimberti zu entlassen. Der jedoch tat, als hätte er die beiläufige Geste nicht bemerkt und erklärte: »Die Statthalterin persönlich schickt mich, um die Urkunden und die Situation vor Ort zu prüfen. Ihr werdet erstaunt sein, wie genau die junge Königin alles und alle im Blick hat. Es ist noch nicht lange her, da hat Herzog Karl die Reichsacht gegen Euch gefordert. Hätte er es durchgesetzt, würde er selbst statt Eurer vermutlich als neuer Herr von Ostfriesland regieren oder Junker Balthasar. Ich habe die Königin beruhigt und ihr versichert, dass sie auf Euch als treuen Lehensmann setzen kann, und dass ich hier alles in wohlgeordneten Verhältnissen vorfinden werde.«

      Für einen Moment war Enno verunsichert. Dann grinste er und hielt dem Diener seinen Pokal hin. Als der nicht sofort einschenkte, funkelte Enno ihn wütend an und zischte: »Will Er hier Maulaffen feilhalten? Schenk Er ein!«

      Der Alte neben Fräulein Maria sah Rimberti aufmerksam an. Er kniff die Augen zusammen, als könne er nicht mehr gut sehen.

      Nachdem der Diener rasch vorgetreten und den Pokal aufs Neue gefüllt hatte, stürzte Graf Enno den Wein hinunter. »Bestellt der Statthalterin, dass wir hier alles im Griff haben. Plünderer gibt es überall, und Isko Onninga wird sie aus dem Verkehr ziehen, sobald ihr Versteck gefunden ist.«

      Rimberti wollte die Gefangenen erwähnen, entschied sich aber anders. Die Befragung der drei Männer würde er selber vornehmen.

      »Ich hörte, wir haben drei von den Plünderern gefangen genommen«, erklärte Fräulein Maria und sah dabei auf den Tisch. »Sie befinden sich unten im Verlies. Wir werden sie verhören und erfahren, wo sich ihr Lager befindet.«

      »Bestens«, erwiderte Graf Enno und stopfte sich ein Stück Weißbrot in den Mund. »Isko soll sich die drei vornehmen. Stellt eine Wache auf und sorgt dafür, dass niemand mit den Männern spricht. Und mit niemand meine ich genau, was ich gesagt habe.«

      Auf seinen Wink erhob sich einer der Offiziere diensteifrig und verließ den Raum.

      »Ist es nicht klüger …«, wollte Fräulein Maria einwenden.

      Graf Enno unterbrach sie: »Ihr zweifelt nicht im Ernst an meiner Klugheit?« Er räkelte sich in seinem Stuhl mit den ausladenden Armlehnen und drehte sich wieder Rimberti zu.

      »Seht, Rimberti, die Sache ist doch sehr einfach«, erklärte er. »Vor 20 Jahren verstarb Häuptling Edo Wiemken. Einige Jahre später erfolgte dann der unglückliche Tod seines Sohnes, Junker Christoph. Im gleichen Jahr haben die fünf Regenten, die noch von Häuptling Edo ernannt worden waren, meinem Vater die Treue geschworen und ihn als Bewahrer des Jeverlandes und als Beschützer der Fräulein von Jever anerkannt.«

      Fräulein Anna steckte sich ein großes Stück von dem kandierten Ingwer in den Mund, während Maria den Grafen mit großen Augen ansah.

      »Nun«, fuhr Enno fort, »seitdem haben mein Vater, mein Bruder Johann und ich unser Bestes getan, um diesem Amt gerecht zu werden. Wir lassen das Land durch unseren Drosten verwalten und durch unsere Soldaten beschützen. Und ich werde nicht aufhören, nach einer passenden Partie für unsere Fräulein Anna und Maria zu suchen. Rimberti, Ihr verfügt doch über so glänzende Verbindungen zum kaiserlichen Hof. Könnt Ihr da nicht etwas in die Wege leiten?«

      Fräulein Anna sah zuerst den Grafen und dann Rimberti an. Dann senkte sie den Blick und sagte, während sie auf dem Ingwer kaute: »Habt Ihr da nicht etwas vergessen?«

      Graf Enno brummte. »Nach dem Willen meines Vaters würden Maria und ich heute Morgen nicht als gute Freunde, sondern als Mann und Frau am Tisch sitzen. Aber es hat sich anders ergeben. Das ändert jedoch nichts an der engen Verbindung zwischen Eurem und unserem Haus.«

      »Gibt es darüber einen Vertrag?«, erkundigte sich Rimberti.

      Enno schüttelte den Kopf. »Nein!«

      »Ja!«, hielt Fräulein Maria dagegen. »Graf Edzard hatte drei Söhne, und wir waren drei Schwestern. So sollten die beiden ältesten Kinder verheiratet werden. Würde aus dieser Ehe nichts, so sollten, dann …«

      »Die Wünsche der Eltern werden nicht immer erfüllt«, unterbrach Enno. »Vor allem war es der Wunsch unserer Väter, Ostfriesland und Jever zu vereinigen, damit daraus ein einiges Friesland wird.«

      »Ich glaube nicht, dass mein Vater derartige Pläne hatte.«

      »Ihr wart noch ein Kind, als Euer Vater starb. Unsere Väter waren sich einig, und mein seliger Vater war immer ein treuer Freund und Beschützer des Jeverlandes.«

      »Gibt es eine schriftliche Vereinbarung?«, hakte Rimberti noch einmal nach.

      »Graf Edzard hat uns ein schriftliches Eheversprechen gegeben«, erklärte Fräulein Maria. »Darin ist alles genau geregelt.«

      »Könnt Ihr es vorlegen?«, fragte Graf Enno lauernd.

      »Natürlich nicht«, antwortete Maria mit leiser, aber klarer Stimme. »Euer Vater hat uns das Dokument vor einigen Jahren weggenommen.«

      »Es war eher ein Brief«, wollte Enno richtigstellen und wandte sich wieder an Rimberti. »Ein Brief, in dem mein Vater seine Wünsche für eine gemeinsame Zukunft unserer Familien formuliert. Er wollte nicht, dass er in falsche Hände gerät und gegen ihn verwendet wird.«

      Enno fasste Fräulein Anna in den Blick, die so damit beschäftigt war, mit einem kleinen Messer zu großes Stück Ingwer in winzige Stücke zu zerschneiden, dass es den Anschein hatte, dass sie von dem Gespräch nicht viel mitbekam. »Das wollt Ihr doch auch nicht, oder Fräulein Anna?«, fragte er mit Nachdruck.

      »Maria und Ihr sollt ein Paar werden«, sagte Fräulein Anna, ohne ihren Blick von dem Teller vor sich zu nehmen. »Ihr beide seid die zweitältesten Geschwister. Ihr seid füreinander bestimmt. Enno, Ihr seid Marias rechtmäßig versprochener Ehemann.«

      Für einen Moment wurde es still. Ennos Offizier sah betreten auf seinen Teller.

      Enno sah Fräulein Anna scharf an. Dann drehte er sich zu Fräulein Maria hin. »Das schwere Essen und der süße Wein am frühen Morgen bekommen Eurer Schwester nicht. Ihre Rede ist genauso wirr wie ihr Blick. Lasst sie in ihre Räume begleiten.«

      »Ich finde meinen Weg allein«, sagte Anna. Sie nahm ihren kleinen Teller mit den Ingwerstücken und verließ den Raum.

      »War das nötig?«, fragte Maria verhalten.

      »War das nötig?«, polterte Enno und fegte mit einer Handbewegung seinen Pokal und die Reste seiner Mahlzeit von Tisch. »Muss ich mich von dieser Irren beleidigen lassen?« Er sah beiläufig zu Rimberti. »Das könnt Ihr auch Eurer Königin melden, was ich mir hier bieten

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