Verschollen in Ostfriesland. Ulrich Hefner

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Verschollen in Ostfriesland - Ulrich Hefner

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beschuldigen.«

      »Die Namen«, forderte Trevisan.

      »Na ja, da gibt es den Wilko Klaasen, der ist Großbauer in Jakobsiel. Der wollte eine Genehmigung für so eine Stinkeranlage auf seinem Grund, so eine, die Strom produziert, und das hat ihm Ollmert ganz schön versaut. Dann ist da noch der Thees, der heißt Geritt mit Nachnamen und ist der zweite Vorsitzende des Bürgerparkvereins Salzwiesen. Der läuft unserem Bürgermeister seit Wochen hinterher und will Klarheit über ein paar Details zur Planung der Windkraftanlagen. Der Bürgermeister ist Geschäftsführer, aber er weicht ihm ständig aus. Ein paar Mal ließ er sich sogar verleugnen.«

      »Das müssen Sie mir näher erklären«, hakte Trevisan nach.

      Die Frau wies aus dem Fenster in Richtung Westen. »Draußen, hinter Jakobsiel, da sind die Salzwiesen. Ein großes Gebiet, etliche Hektar groß. Dort war früher der Deichhof von Bauer Harms. Als der starb, alleine und ohne Verwandte, wie er war, vererbte er das Land der Stadt. Und da sollen in den nächsten Monaten Windräder gebaut werden. Da gibt es einen Verein zur Finanzierung, auch eine Bank ist dabei. Der Strom wird dann verkauft und alle profitieren davon, auch die Gemeinde.«

      »Und da stimmte was nicht?«

      Die Frau schüttelte den Kopf. »Quatsch, das macht doch alles das Planungsbüro aus Bremerhaven, die haben schon mehrere solcher Parks gebaut. Der Thees ist nur nervös, weil sich das mit dem Bau verzögert, und da macht er sich eben in die Hosen.«

      »Woher stammt dieser Thees Geritt?«

      »Der wohnt in Deichhagen.«

      Draußen tauchte die untergehende Sonne die Landschaft in ein rötliches Licht, und im Büro wurde es langsam düster.

      »Sie sagten, es gäbe eine ganze Menge Leute, die nicht gut auf den Bürgermeister zu sprechen sind. Das waren schon alle?«

      Frau Haferkamp schüttelte den Kopf. »Die Rose, Rose Sielmann aus Wiesenstede, würde ihm Gift geben, wenn sie könnte.«

      »Und weshalb?«

      »Die waren kurz zusammen, direkt nach seiner Wahl. Die wollte ihm einen Teil ihrer Ferienhäuser überschreiben, aber dann hat er sie einfach sitzen lassen und sich was Jüngeres gesucht. Dann noch die Bäuerin von Davidshörn, Hanna Schmidt, die ist so eine Grüne. Die meint, der Bürgermeister tut nichts für den Umweltschutz, und die Salzwiesen sollten eher Biotope werden, anstatt sie mit Windkraftanlagen vollzustellen. Da ist die ganz eigen, wissen Sie.«

      Monika Sander schrieb alle Namen und stichpunktartig die Gründe für die Verstimmung zwischen den Genannten und dem Bürgermeister in ihren kleinen Notizblock.

      »Dieser Schneider, der Rechtsanwalt der ›Nordostbank‹, ist auch hinter dem Bürgermeister her, aber da glaube ich, der bringt niemanden um. Und da ist noch der Johann Beeke, ebenfalls aus Davidshörn, der ist im Stadtrat sein größter Widersacher. Die konnten sich von Anfang an nicht ausstehen. Wollte damals selbst Bürgermeister werden, bekam aber im Vorfeld keine Unterstützung aus der Gemeinde und trat erst gar nicht an.«

      »Sonst noch jemand?«

      »Jesko Holders fällt mir noch ein«, fuhr die Sekretärin fort. »Ein junger Kerl. Vorsitzender vom Motorsportklub. Die hatten ein Klubheim, eine Scheune auf einem alten Hof bei Wiesenstede, da hat sie Ollmert rausgeschmissen, jetzt sind die ohne Vereinsheim. Dem würde ich es zuallererst zutrauen, dass er dem Bürgermeister was antut, der hat ihm auch gedroht, da draußen im Flur, als die das Klubheim räumen mussten.«

      Trevisan wurde hellhörig. »Gedroht, sagen Sie. Was hat er denn gesagt?«

      Frau Haferkamp kratzte sich am Kinn. »Der sagte so was wie, wenn ich dir draußen begegne, dann hau ich dich zu Brei, oder so ähnlich.«

      »Wissen Sie auch, warum der Klub an die Luft gesetzt wurde?«

      Sie zuckte mit der Schulter. »Die haben da draußen alles dreckig gemacht und an ihren Karren herumgeschraubt, sogar Ölwechsel haben die auf der Wiese gemacht, und Rennen sind die gefahren, sagte Ollmert. Da hat er sie rausgeworfen.«

      »Und was ist jetzt dort im Schuppen?«, fragte Monika.

      Erneut zuckte sie mit der Schulter. »Da sind Sachen und Gerätschaften vom Bürgerverein drinnen. Später, wenn gebaut wird, sollen da die Leute von der Baustelle in Containern wohnen. Deshalb behauptet Holders ja auch, dass das Ganze ein abgekartetes Spiel war, damit man sie an die Luft setzen konnte, um diese Container dort aufzustellen.«

      Trevisan warf Monika Sander einen kurzen Blick zu. »Danke für Ihre Offenheit, Frau Haferkamp. Wenn es noch Fragen gibt, kommen wir noch einmal auf Sie zu.«

      »Dann rufen Sie aber bitte vorher an. Es ist bald 19 Uhr, und diese Zeit bekomme ich nicht bezahlt.«

      Trevisan nickte, ehe er sich erhob. Er verabschiedete sich von der Frau und ging zur Tür. Monika folgte ihm. »Ach ja, da wäre noch eine Frage«, wandte sich Trevisan zu ihr um. »Hatte er Verwandtschaft in der Gegend oder Bekannte, jemanden, mit dem er sehr gut befreundet ist, oder eine Beziehung?«

      Frau Haferkamp schüttelte den Kopf. »Nein, soviel ich weiß, gibt es eine Tante in Amerika, seine Eltern sind bereits verstorben. Und Freunde oder enge Bekannte, da wüsste ich niemanden. Sein Privatleben geht mich ja auch nichts an. Er ist allerdings öfter rüber nach Bremerhaven gefahren, hörte ich. Was er dort tat, kann ich nicht sagen. Ich bin seine Sekretärin und nicht seine Gouvernante, verstehen Sie?«

      Trevisan verstand. »Noch eines«, sagte er. »Besaß Ollmert ein Fahrrad?«

      Die Frau blies die Wangen auf. »Da fragen Sie mich was. Gesehen habe ich keines, er kam immer mit seinem Wagen. Aber möglich wäre es schon.«

      »Wie geht es eigentlich weiter?«, fragte Monika. »Ich meine, wer führt die Amtsgeschäfte, solange der Bürgermeister nicht hier ist?«

      »Erste Stellvertreterin ist Frau Gutjahn«, antwortete die Sekretärin.

      Trevisan wurde hellhörig. »Hatten Sie auch Probleme mit …«

      Frau Haferkamp winkte ab. »Nein, wo denken Sie hin. Das meiste bleibt sowieso an mir hängen. Frau Gutjahn ist über 70. Sie war einmal Gemeindereferentin bei der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde und hält sich gerne aus allem heraus. Sie hat das Amt damals nur übernommen, weil es eben im Stadtrat nicht ganz so gut lief nach Ollmerts Wahl. Da hat man sich auf sie geeinigt, das wurde von allen Seiten akzeptiert. Mit dem Verschwinden des Bürgermeisters hat sie sicher nichts zu tun.«

      Als Trevisan neben Monika im Wagen saß und sie nach Wilhelmshaven zurückfuhren, versteckte sich die Sonne hinter dichten Wolken.

      4

      Kriminalkommissariat Wilhelmshaven, Mozart­straße

      Als Monika und Trevisan die Dienststelle erreichten, war es bereits dunkel. Es war kurz nach 21 Uhr.

      »Heute werde ich den kleinen Ayk wohl nicht mehr zu Gesicht bekommen«, seufzte Trevisan, als sie über den Parkplatz zum Hintereingang der Dienststelle liefen. Fünf Autos standen noch auf den markierten Parkreihen des 1. Fachkommissariats, eines davon gehörte Trevisan, eines Monika und die anderen gehörten zu Lentje, Lisa und Eike.

      »Die sind alle noch oben«, bemerkte

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