Blutholz. Wolfgang Teltscher

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Blutholz - Wolfgang Teltscher

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mehreren Jahrzehnten Ehe konnte sich Marder die Mitteilung einer solchen Beobachtung gegenüber seiner Frau leisten, sie wusste längst, dass ihr Mann, wenn er über Frauen um die zwanzig oder dreißig sprach, über Träume und nicht über Realitäten redete.

      »Was mir dabei aufgefallen ist, dass die Sonja immer fröhlich und guter Laune war, während die Johanna immer ganz traurig geguckt hat. Ich bin mir sicher, dass sie eine unglückliche Frau ist. Das sah man ihren Augen an.«

      »Bist du ganz sicher, dass du dir das nicht nur einbildest?«

      »Es war jedenfalls mein Eindruck, eventuell habe ich mich aber in unsinnige Vorstellungen verrannt, weil ich mich gelangweilt habe, während ich müßig im Bett herumlag. Vielleicht |55|lag es auch daran, dass auf der Station diese Zeitschriften herumlagen, die sich ausschließlich mit – wie soll ich sagen? – zwischenmenschlichen Themen befassen.«

      »Ich dachte, ihr Männer seid gegen solche Gefühlsduseleien immun.«

      »Das ist nicht korrekt, mein Herz. Wir haben genauso viele Gefühle wie die Frauen, wir reden nur nicht ständig darüber. Aber um auf Schwester Johanna zurückzukommen, bei der bin ich absolut überzeugt, dass sie eine unglückliche Person ist.«

      »Ich sage ja immer, dass gutes Aussehen keine Garantie für Glück ist. Vor allem nicht, wenn es um Liebe geht. Wenn sie wirklich so unglücklich ist, wie du sagst, gehe ich jede Wette ein, dass da ein Mann dahintersteckt.«

      »Wenn das stimmt, dann muss der ganz schön blöd sein, einer so gutaussehenden Frau einen solchen Kummer zu machen.«

      »Manchmal bist du ein richtiger Macho. So als ob Aussehen das Einzige ist, worauf es bei einer Frau ankommt.«

      »Entschuldige, aber nicht jeder Mann kann das Glück wie ich haben, eine blendend aussehende Frau zu finden, die obendrein noch einen genau solchen Charakter hat.«

      »Hör auf, mir zu schmeicheln, aber du hast in Bezug auf mich natürlich recht. Ich habe ja keine Ahnung, welche Probleme die Schwester Johanna hat, aber wenn es sich um ihr Liebesleben handelt, dann wird es vermutlich so sein wie meistens. Ihr Freund hat sie vielleicht verlassen, weil er sich in eine andere Frau verliebt hat, und sie ist wütend auf ihn. Und jemand der wütend ist, sieht meistens traurig und unglücklich aus.«

      |56|Marder nickte zustimmend. Wenn es um Beziehungen zwischen Männern und Frauen ging, war Iris eine richtige Philosophin. Er war stolz darauf, nicht nur mit einer jugendlich aussehenden, sondern auch klugen Frau verheiratet zu sein.

      »Übrigens«, sagte sie, »was ich dir immer schon mal sagen wollte. Ich hätte dir auch die Augen ausgekratzt, wenn du auf eins der Mädchen in deiner katholischen Jugendgruppe hereingefallen wärst, die dich immer so liebevoll angeschaut haben.«

      »Das war doch völlig harmlos, damals war mein Lebensziel noch, ein Heiliger zu werden, mit Zölibat und so. Aber dieses Projekt hast du ja ruiniert.«

      Die Heide, durch die sie fuhren, war wenig abwechslungsreich, sie sah nicht einmal wie Heide aus, vor allem war von typischen Heidepflanzen wie Erika keine Spur. Es war eine baumlose Fläche von rechteckigen, ebenen Feldern. Er ließ seine Gedanken ins Unnütze schweifen, schlief darüber ein und wachte nach einer kleinen Weile erschrocken wieder auf, weil er im ersten Moment nicht wusste, wo er war und warum.

      Die Landschaft hatte sich zum Besseren verändert. Am Straßenrand standen Birken, auf beiden Seiten des Weges lagen feuchte Wiesen und Moorflächen, die von Gräben entwässert wurden. Sie fuhren durch ein kleines, ziemlich armseliges Dorf, das Büttenwarder hieß. Marder kam der Name bekannt vor, aber er konnte sich nicht erinnern, woher. Ein Mofa kam ihnen entgegen, auf dem zwei Bauern in verschlissener Arbeitskleidung saßen und in Schlangenlinien die Dorfstraße entlangfuhren. Iris musste scharf bremsen und |57|rechts an den Straßenrand fahren, um nicht mit dem Mofa zu kollidieren. Dieses leicht vernachlässigte Dorf war zum Glück eher die Ausnahme in einer ansonsten schmucken bäuerlichen Gegend.

      Sie überquerten kleine Flüsse, die in westlicher Richtung, vermutlich zur Weser, flossen. In den Orten waren viele Fachwerkhäuser in den letzten Jahren restauriert worden und strahlten ein Gefühl von Tradition und Geborgenheit aus. An den Rändern der meisten Dörfer waren Gewerbegebiete gewachsen, deren nüchterner Anblick im krassen Gegensatz zum Charme der alten Ortskerne stand. In Rotenburg an der Wümme machten sie Halt und fanden ein romantisches Café in der Innenstadt. Marder bestellte sich ein Stück Schokoladentorte mit einem Schlag Sahne. Iris, nach einem missbilligenden Blick auf die Kalorienbombe ihres Mannes, orderte ein Stück Obstkuchen ohne Sahne.

      Bei Sittensen nahm Iris das Gespräch wieder auf.

      »Wenn ich ehrlich bin, muss ich gestehen, dass mich das Schicksal von Schwester Johanna nicht sonderlich interessiert. Aber weißt du, woran ich oft denken muss, seit wir in Barsinghausen waren und an dem Teich gesessen haben, wo Matuschek gestorben ist?«

      »Da du den Teich erwähnst, glaube ich, kann ich es mir denken.«

      »An die Kinder der Matuscheks. Was die beiden in den letzten Jahren durchgemacht haben, würde man seinem schlimmsten Feind nicht wünschen. Es wäre kein Wunder, wenn sie sich manchmal sonderbar benehmen und auf Leute, die ihren Hintergrund nicht kennen, einen seltsamen Eindruck machen.«

      |58|»So was Ähnliches hast du ja schon gesagt, als wir an dem Teich waren, und du hast sicher nicht ganz unrecht«, stimmte Marder vorsichtig zu.

      Iris fuhr fort.

      »Man muss sich das mal vorstellen. Erst verlieren sie auf tragische Art ihren Vater. Dann stirbt zwei Jahre später ihre Mutter, weil sie in eine hoffnungslose Liebesgeschichte geraten war.«

      »Und was schließt du daraus?«

      »Wenn ich das bloß wüsste. Bei Bertram mache ich mir keine besonderen Gedanken – nach dem, was du mir von ihm erzählt hast, bringt ihn das nicht unbedingt aus dem Gleichgewicht. Aber ich bin überzeugt, Anja ist traumatisiert und völlig durcheinander und ich kann gut verstehen, wenn sie unter diesem Stress manchmal unberechenbar reagiert. Dabei denke ich an nichts Bestimmtes, weil ich ja keine Ahnung habe, was sie im Moment so treibt«, antwortete Iris, während sie von einem Motorradfahrer in einer unüberschaubaren Kurve überholt wurden. Sie schaute dem Fahrer vorwurfsvoll hinterher.

      »Wenn der immer so fährt, kann er sein Motorrad irgendwann gegen einen Rollstuhl eintauschen«, meinte sie.

      Marder nickte zustimmend, obwohl er heimlich den Motorradfahrer um das Gefühl der Freiheit beneidete.

      »Also, vor zwei Jahren, als ich in Barsinghausen war, war Anja mit Burt Brenner von der Kripo liiert, die haben sogar zusammengelebt. Ob das noch so ist, weiß ich nicht. Frau Thann wusste es auch nicht, als ich sie danach gefragt habe.«

      »Na ja! Anja und Bertram müssen mit ihrem Leben selbst zurechtkommen. Es hat keinen Sinn, wenn wir uns den |59|Kopf darüber zerbrechen, wir können ihnen sowieso nicht helfen.«

      »Das stimmt.« Marder sah das genauso. »Ich denke wie du, dass Bertram weniger unter der Situation leidet. Er hatte sich früher bereits von der Familie abgekapselt, als ginge es ihn nichts an, was seine Eltern und seine Schwester machten. Ich habe ihn nie verstehen können. Aber vielleicht kann er gerade deswegen besser mit dem Tod seiner Eltern umgehen. Vielleicht täuschen wir uns aber auch, man kann letztlich in keinen Menschen hineinschauen.«

      »Hat er nicht beim Forstamt gearbeitet? Wollte er nicht nach dem Tod seiner Mutter nach Kanada auswandern?«

      Iris

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