Dantes Inferno I. Akron Frey

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Dantes Inferno I - Akron Frey

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Doch in dieser Hölle ist die Wahrnehmung nicht auf das Gegenständliche beschränkt, sondern bildet sich aus dem Streben, zu deiner inneren Sehnsucht zurückzukehren, oder aus dem überwältigenden Enthusiasmus, der dich erfüllt, jenen schimmernden Gipfel zu erreichen, der sich über den Wassern des Unbewußten erhebt. Dafür sind imaginäre Stufen doch der adäquate Weg. Sie bilden sich aus deinem spirituellen Sehnen, denn es ist der Archetyp des Sehnens, der dich aufwärtszieht. Oder wäre es dir lieber, auf einer Rolltreppe in die Höhe zu schweben?»

      Ich tat so, wie mir aufgetragen war. Sobald ich die Augen schloß und meinen rechten Fuß etwas anhob, fühlte ich einen Widerstand unter der Ferse, als ob mir eine Stufe unter den Absatz geschoben worden wäre. Ich verlagerte mein Gewicht vom linken auf das rechte Bein und begann den linken Fuß zu heben, um die nächste Stufe zu erreichen, und so kletterte ich Stufe um Stufe zum «Homo futurus», dem Menschen der Zukunft, empor, wie mir die Stimme das Ziel meines Aufstiegs erläuterte.

      «Langsam näherst du dich der Spitze des Wissens», erläuterte Akrons Stimme, «in der sich das Sagbare mit dem Unsagbaren kreuzt. Das ist exakt der Schnittpunkt beider Welten, an dem das Licht des Grals erscheint. Man nennt diese Stätte auch das Einswerden mit Gott oder das Bewußtsein der Hölle, weil sein Schnittpunkt irgendwo tief in der Erinnerung des Unbewußten liegt. Noch bist du hier, und dein Ziel liegt dort, du befindest dich noch im Zustand des Ich, das sich auf sein Ziel zubewegt, doch dann gelangst du allmählich in das Ziel hinein, so daß du dich immer mehr mit ihm zu identifizieren beginnst, bis du dich schließlich selbst als Teil deines Zieles erkennst, das sich nach sich selbst sehnt und sich mit dem erkannten Größeren im Außen zu verschmelzen beginnt. Doch bevor du in ihm aufgehst, wirst du es bekämpfen, weil du es aus dem Zustand der Dualität zuerst als von dir selbst verschieden ansiehst.»

      Seine Stimme erreichte mich aus unendlicher Ferne: «Du stehst jetzt unmittelbar vor dem Gipfel, und es ist Zeit für dich, deine unbewußten Inhalte zu sehen, denn du bist durch die Lücken deiner Ekstase jetzt in die Räume jenseits deiner begrifflichen Realität eingedrungen und kannst dir nun in deinen eigenen Träumen begegnen – hinter der Schwelle, die du überwunden hast!»

      Ich spürte einen Schlag, und dieser gebar eine schreckliche Vision, denn plötzlich sah ich mein kleines, gemeines, in den Begrenzungen seiner eigenen Argumente und rationalen Trugschlüsse gefangene Ego vor mir auf dem Gipfel der Erkenntnis tanzen. Mir war seine Absicht klar, das erworbene Wissen seinen egoistischen Zielen einzuverleiben und dadurch den Käfig seiner Ich-Beschränkung zu sprengen und Weltherrschaft zu erreichen. Statt seinen Verstand in seine unendliche Dimensionen hinein auszustrecken und die Erkenntnisse als das Fundament zu nehmen, auf dem sich der Verstand erhob, statt also die Ursachen der Ursachen der Ursachen der Ursachen auszuloten und den Sinn hinter dem Sinn des Sinnes zu erkennen und die Zusammenhänge zu verstehen, tanzte es nur an der Oberfläche des Lebens und dachte darüber nach, zu welchen Vorteilen im Leben ihm dieses Wissen gereichen könnte.

      Im nächsten Augenblick, als ob meine Empfindungen vom Himmel erhört worden wären, bemerkte ich ein trübes, düsteres Flackern am Himmelsrand, das einem mächtigen, autoritären Gott gleich sich über ihm ausbreitete. Es war wie der Schein eines finsteren Lichts, das auf mein Alter ego herabströmte und einen inneren Widerhall in ihm auslöste, denn ich erhob mich langsam aus dem dunklen, gräßlichen Abgrund seiner Seele und richtete mich in meiner ganzen Größe vor ihm auf, so daß ihm die Knie zu zittern begannen und ihm das Blut in den Adern erstarrte, als es die Augen erhob und mich erkannte. Ich spürte in mir all die glühenden Angstbilder und Phantasien seines überhitzten Gehirns. Was mich jedoch am meisten erstaunte, war der Umstand, daß ich alle seine Vorstellungen in Handlungen umsetzen und ihm dabei durch alle seine eingebildeten Schrecken hindurch als reale Bedrohung von außen entgegentreten konnte. Einen Augenblick lang blieb ich in meiner erhobenen Position wie eine düstere, satanische Ausgeburt dieser Hölle vor ihm stehen, als berauschte ich mich an meiner eigenen Majestät, dabei war ich nur die Ausgeburt seiner eigenen Ängste, die mich steuerten; dann fiel ich mit fuchtelnden Tentakeln über ihn her und saugte mich mit meinen Fangarmen wie ein Schatten an seinem Körper fest. Gleichzeitig fiel ich in eine höllische Ekstase.

      Akron sagte, die Substanz dieser Auseinandersetzung sei von einer unglaublich intensiven gegenseitigen Durchdringung von Geist und Materie. Solange ich letztere aber nicht verstünde, könne ich auch niemals meinen Schatten in all seinen Auswirkungen akzeptieren, denn aus der Gipfelsicht meiner Perspektive sei er nur Dreck, was wiederum die Auswirkungen dieser Hölle reflektiere. Deshalb sollte ich all meine schrecklichen Bilder, die ich während meines Aufstiegs durchmessen und in denen ich mich eingesperrt habe, wieder vergessen und meinen Schatten loslassen.

      «Welchen Schatten?» entgegnete ich und erkannte dabei, daß ich mich an Akron festhielt.

      Er lachte und befahl mir, die Augen zu öffnen: «Indem du mich losläßt, versöhnst du dich mit deinem inneren Tier! Durch das Loslassen meines Mantels hast du den Schatten integriert! Damit kannst du den Olymp wieder verlassen, denn du hast alles erkannt, was du erkennen mußtest …»

      An seinem Lachen erkannte ich ihn, es war Akron, wie er leibt und lebt: «Das Ganze entwächst jenem Urgrund, der allen Wesen gemeinsam ist. Der Trick dabei ist, dich nicht in einem Bild deiner eigenen Persönlichkeit einzuschliessen und dann zu denken, daß das Vollkommene jenseits des eigenen Bildes ist, sondern zu merken, daß du selbst das Ganze bist. Auch wenn du auf der einen Seite durch deinen ausgelagerten Schatten bekämpft wirst, so bleibst du auf der anderen doch mit Gott verbunden, so daß du dir, wenn du in die Tiefe dringst, des Schöpfers in all seiner Größe bewußt werden kannst, von dem du glaubtest, daß er jenseits des Egos nur in der Höhe existiert. Deshalb erlebst du in der Tiefe deines Schattens das Licht der Erfahrung, die unmöglich war, solange du den Schatten als getrennt von Gott ansahst!»

      Ich tat, wie er mir geheißen hatte, und als ich auf Befehl der Stimme die Augen wieder öffnete, saß ich am Strand und spielte mit den Wellen. Wie ein Perlensucher fischte meine Hand am Grund der Fluten, und ich fragte mich, was es war, das mich mit dem Urgrund verband. Das Wasser umspülte meine Beine und verlieh mir die Gabe, den menschlichen Geist in seiner fundamentalen Sehnsucht zu erfahren, wie er seit Milliarden Jahren aus den Tiefen der Urgründe ans Licht der Ufer strebt.

      «Das war nicht ungefährlich», sagte Akron lächelnd, «beinahe hätten dich die Urgewässer verschlungen, denn du hattest die Urbausteine des Lebens, lebendiges Plankton in der Hand. Dieser Urstrom, der alle Lebensbereiche zu einem gemeinsamen Eintopf verbindet, produziert unaufhörlich neue Lebensformen und rollt sie wieder auf. Wie in einem magischen Spiegel können sich dann die kollektiven Urängste im Brennpunkt deines inneren Betrachtens monströs vergrößern, genauso wie die Liebe zu Gott, denn Gott kommt noch vor dem Plankton. Er ist der Urimpuls des Sichtbaren. Jetzt ist die Reihe an dir. Für mich ist nichts mehr wichtig, doch diese Erfahrung mußt du selbst machen. Wenn Gott Nichts ist, dann ist nichts das Ziel!»

      Er zog mich von der Uferböschung weg: «Nach Erlösung zu streben, ist die einzige Freiheit in dieser Hölle. Die Freiheit, sich in die Erlösung davonzustehlen genauso wie die Suche, die, obwohl sie dem Glanz von Millionen Schätzen gegenübersteht, doch intakt bleibt, weil sie niemals beansprucht, das zu sein, was sie sucht, nämlich den Gral, sondern immer nur das, was sie motiviert, zu finden: sich selbst.»

      Dann legte er seinen Arm um mich und sagte: «Der innere Sinn des Suchens ist die Erkenntnis, niemals finden zu können, weil jedes Finden die Suche nur erschwert. Denn jeder Mensch ist auf dem Heimweg und sollte niemals aufhören zu suchen, da es im Prinzip sowieso nichts zu finden gibt. Nur wer in seinem eigenen Leben den langen Wegen bewußt gefolgt ist, kann ermessen, daß es kein Ziel gibt, zu dem sie hinführen. Alles, selbst die Liebe, ist ein Spiel deiner Einbildung, und erst, wenn du das erkennst, kannst du den Menschen die Freiheit bringen, diese furchtbare, unerträgliche, aber letztlich einzige Freiheit.» Ich blickte zu ihm auf. Er lächelte, und seine Augen strahlten heiß und kalt: «Es ist der Wunsch nach Freiheit von sich selbst! Komm», sagte er, «wir müssen weiter. Die Saturn-Hölle wartet!»

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