Dantes Inferno I. Akron Frey
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«Durch diesen Zwischenraum willst du hindurchgeschlüpft sein?» höhnte ich ungeschminkt.
«Eigentlich bin ich ja durch das Buch gekommen. Aber nachdem du das Buch aus der Reihe genommen hast, hat mich das Vakuum angesaugt, das das fehlende Buch in deinem Verstand hinterließ.»
«Von welchem Titel redest du?»
«Von deiner Reise in die Unterwelt!»
«Du lügst», zeigte ich mich ziemlich betroffen. «Dieses Projekt ist doch erst in der Entstehung begriffen. Das Ganze ist noch ungedacht; nur die Vorhölle ist abgeschlossen.»
Da wurde das Bild auf dem Monitor plötzlich scharf. Es war mein eigenes Gesicht, das mich lächelnd ansah und sprach: «Ja, jetzt hast du die Sache erfaßt. Hinter dieser Lücke beginnt deine eigentliche Reise!»
«Aber wie kann ich ein Buch aus dem Regal herausnehmen wollen, das noch gar nicht geschrieben worden ist?» entgegnete ich ängstlich.
«Die Frage lautet doch eher umgekehrt: Wie kann man ein Buch im Regal stehenlassen, das erst geschrieben werden will?»
Ich war verwirrt. «Jetzt versteh ich überhaupt nichts mehr!»
«Das Buch, von dem wir reden, ist dein zukünftiges Projekt, und das Regal, aus dem du es herausgenommen hast, dein bewußter Verstand. Deshalb mußte dieses Projekt aus der Aneinanderreihung deiner Alltagsgedanken herausgenommen werden, weil das, was du beschreiben möchtest, vom bewußten Verstehen gar nicht verstanden werden kann. Aus diesem Grund fiel das Buch aus dem Regal heraus und schaffte hinter sich den Raum, der deine Erinnerungen ansaugt. In diesem Sog bin ich jetzt aus der Tiefe zu dir gekommen, um dich zu fragen, ob du mir folgen willst?»
«Wohin?» Zitternd schaute ich mich um.
Die pulsierenden Linien verschwanden, das Geistergesicht nickte: «Zu den Quellen des Unbewußten!» Und dann sprang der große schwarze Wälzer mit einem riesigen Getöse aus dem Regal und ließ ein helles Rechteck dahinter erscheinen. Darin leuchtete das Porträt des Psychopompos aus «Dantes Inferno» auf. Es stellte einen Mann mit einer mächtigen Kapuze dar, dessen Gesicht im Schatten lag. Ich sah nur die roten Augen im Licht funkeln, als sich das Bild plötzlich bewegte und eine Stimme zu mir sprach: «Damit du dein Werk nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit deiner Seele nachempfinden kannst!»
Vor mir öffnete sich eine Tür. Kaum hatte ich die Schwelle überquert, als ich zu schrumpfen begann. Vor meinem inneren Auge spulte sich mein ganzes Leben ab. Ich folgte den Spuren meiner Entwicklung bis zum Moment der ersten Bewußtwerdung zurück, bis ich mich als ungeborenen Fötus empfand, der sich in den endlosen Gedanken auflöste. War ich zum bloßen Bild in mir selbst geworden, damit ich mich besser in mir selbst erkennen konnte, fragte ich mich, denn ich fühlte, wie sich in meinem Gehirn eine Vorstellung formte, die ihm in seine räumliche Sphäre folgte: Bestand eine Verbindung zwischen ihm und mir? Dieser Teil von mir hatte gar keine physische Gestalt, sondern war nur ein Lichtpunkt, der sich in seinem Hirn bewegte, und jetzt wurde mir auch klar: Ich war ein Teil dieser psychischen Energie, die in den Tiefen des Unbewußten gründelt, um das Unerkannte in neuen Symbolen zu finden. Ich war der von sich selbst abgespaltene Teil, der sich gleichzeitig innerhalb und außerhalb seiner eigenen Wahrnehmung empfand.
«Erst wenn dein Verstand an den Grundlagen des rationalen Weltbilds zerschellt», hörte ich seine Stimme, «werden alle deine unterdrückten Persönlichkeitsanteile aus den Umklammerungen des unterdrückenden Denkens wieder frei und du kannst dir alle deine Wünsche erfüllen …»
«Ich will hier raus!» kreischte ich mit sich überschlagender Stimme.
«Die einzige Türe, die hinausführt, führt nach innen», hörte ich meine innere Projektion zu mir sagen, «und indem du die Schwelle überschreitest, gehst du unangefochten an den Masken und Projektionen deiner inneren Wächter vorbei. Wolltest du nicht immer wissen, wer ich bin? Jetzt stehst du auf der Schwelle und kannst die Antwort hören …»
Ich fühlte mich wie in einem halbwachen Zustand, in jener kurzen Dämmerphase, in der der Mensch noch nicht erwacht ist, aber auch nicht mehr schläft, in jenem Augenblick zwischen den Welten, wo der Mensch Situationen erahnt, die seinem inneren Wissen entsprechen, die von seinem materialisierenden Verstand aber verdrängt werden: «Wir sind der Schlüssel zu deinem Hirn», hörte ich die Sylphen in mir säuseln, «gemeinsam können wir alle Ebenen durchwachsen …» Dann fiel der schwarze Vorhang vor meinem Bewußtsein.
Wo sind wir hier?» wollte ich von Akron wissen, als ich wieder zu mir kam. Sein Blick war auf das große schwarze Buch gerichtet, das aufgeschlagen vor mir lag, bevor er seine Augen auf mich richtete. «Wir sind in der Vorhölle hinter der Realität», sagte er, «schau doch hin!» Da erst erkannte ich, daß auf dem inneren Buchdeckel eine flammende Widmung prangte: «Das Licht der Erkenntnis leuchtet aus dem Vorhof der Hölle.»
«Willst du sagen, daß ich durch das Buch, ohne Rücksicht auf physikalische Gesetze, direkt in andere Räume treten kann?»
«Zumindest ohne Rücksicht auf deine verstandesorientierten Verhaltensmuster», erwiderte er und hielt seinen Finger auf das Buch. «Wenn du es auf der Unterlage verrückst, dann kannst du deine Perspektive verschieben und die Welt um dich herum verändern. Das wußten schon die Alten: Verschiebe deine Sichtweise, und du veränderst die Welt! Willst du es nicht selbst ausprobieren?»
«Das übersteigt meine Vorstellung», gab ich zurück, «und außerdem ist mir das viel zu gefährlich. Am Ende verrutscht mir meine Perspektive und ich finde nicht mehr in die Realität zurück.»
«Das ist der Preis», entgegnete er, «dieses Buch symbolisiert dein bewußtes Verstehen, und der Spiegel, der unter dem Buch in die Holzplatte eingefügt ist, steht für das Unbewußte, das sich in deinem Verstand reflektiert. Wenn du das Buch über dem Spiegel drehst, dann nimmst du die Erinnerungen aus der Tiefe auf, doch wenn du das Buch ganz über den Tisch hinausstößt, dann gibst du deine persönliche Perspektive auf und kannst auf den Schwingen deines innersten Willens bis an die Enden aller Perspektiven reisen oder darüber hinaus, wie es auch deine Vorfahren taten, die ihre Aufmerksamkeit von der äußeren Welt nach innen verschoben hatten. Sie wurden verrückt, nachdem sie das Buch aus dem Bücherregal herausgeworfen hatten. Aber ich bin ja bei dir und paß auf dich auf. Bist du bereit? Dann nimm das Buch und halte es in die Höhe!»
Ich hob das Buch, und darunter kam ein Spiegel zum Vorschein, der exakt in Buchgrösse in den Tisch eingelassen war. «Dieser Spiegel ist die Rückseite des Porträts», fügte Akron hinzu, «das bei dir an der Rückwand des Bücherregals hängt und dir eine Kommunikation mit deiner Alltagswelt erlaubt.»
«Aber in der Alltagswelt stand das Bild doch vertikal im Raum», wandte ich ein.
«Es ist ja auch kein physischer Raum, in dem wir hier sind, es ist ein psychisches Gebilde, das der Vertiefung entspricht, die das Buch in deinem Hirn ausgespart hat. Weil du in deiner Alltagsebene vor dem Computer sitzt, hast du das Bild gedreht und das vertikale Bild auf die horizontale Ebene projiziert, damit du deine Körperhaltung nicht zu ändern brauchst und gleichzeitig das persönliche Erleben kontrollierst, das du als