Dantes Inferno I. Akron Frey
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«Du möchtest sagen, daß ich diese Wand selbst aus meinem inneren Empfinden aufgebaut habe?»
«Alle äußeren Bilder erschaffen sich in dieser Welt aufgrund der inneren Erwartungen. Diese Wand hier», er strich mit den Fingerspitzen beinahe zärtlich über das Holz, «ist ein Symbol für deinen tiefgründigen Verstand, und deshalb setzt sie sich sowohl aus den Vorstellungen deines Arbeitstisches wie aus den Bildern der verborgenen Rückseite deines Bücherregales zusammen, und der Spiegel», er zeigte auf einen glitzernden Spiegel, der in die Holzwand eingelassen war, «ist, wie gesagt, die Schwelle, über die du in die psychische Ebene eintreten kannst. Auf der Alltagsebene wäre er die Brücke, über die die beiden Hirnhälften miteinander verbunden sind.»
«Hirnhälften?» Ich schaute ihn an. Er trug eine dunkle Kapuze und einen Mantel, der bis zum Boden reichte. Aus meiner Perspektive wirkte er monströs wie ein schwarzer Dämon.
«Ja, weißt du denn noch nicht, wo wir hier sind: Wir sind in deinem Hirn. Du wirst noch staunen, welchen Gestalten du in der rechten Hirnhälfte begegnest, in der die Gesetzmäßigkeiten des dualen Verstehens nicht mehr funktionieren. Leider wirst du alles, was du hier erlebst, wieder vergessen haben, wenn du auf der anderen Seite erwachst.»
«Wie ist es mit dir?» erwiderte ich, während ich mich langsam erhob. «Werde ich dich auch vergessen haben?»
«Ich bin dein Höheres Selbst, das aus deinem inneren Geiste spricht, während ich dir da draußen in der materiellen Welt nur als undeutlicher Schatten begegne.» Eine seltsame Aura umschattete ihn: «Deshalb habe ich dir auch mein Bild ins Bücherregal gestellt, damit du mich auf der Bewußtseinsebene nicht verdrängst.»
«Wie kann ich dir glauben», entgegnete ich.
«Das brauchst du nicht: Sieh einfach hinüber in deine Alltagswelt!» sagte er und zeigte auf den eingelassenen Spiegel in der Wand. «Der Spiegel ist gewissermaßen die Tür, die die physische und die psychische Welt miteinander verbindet. Zu Dantes Zeiten nannte man ihn auch die Schwelle der Angst. Wenn du ihn nur benutzt, um dein Gesicht zu betrachten, dann ist er nichts als ein Spiegel, der dir dein Äußeres zeigt. Wenn du dich aber selbst vergißt, während du in den Spiegel siehst, dann zeigt er dir plötzlich, was sich auf der anderen Seite der Schwelle abspielt, denn die Rückseite des Spiegels ist mein Bild, das bei dir an der Rückwand des Bücherregals steht und dir eine Kommunikation mit deiner Alltagswelt erlaubt.» Er klopfte mit dem Knöchel an das Glas: «Siehst du dein Alter ego, deinen anderen Teil, der dort am Schreibtisch sitzt? Er hat sich tief in seine Gedanken versenkt, um dich innerlich zu kontaktieren. Kannst du ihn spüren? Er scheint bereit!»
«Wozu bereit?» verlangte ich zu wissen.
«Bereit, in seine rechte Hirnhälfte einzutreten und dir in unserer Traumwelt zu begegnen. Wenn du durch diesen Spiegel siehst, sieht er auf seinem Bildschirm dein Gesicht. Dann könnt ihr miteinander nach Herzenslust kommunizieren. Geh jetzt, los! Er versucht, deinen Geist auf seinem Monitor zu beschwören!»
Ich starrte in den Spiegel, und von einer Sekunde zur anderen entzündete sich mit ungeheurer Kraft ein Feuerwerk von Visionen in meinem Hirn. Irgendwie fühlte ich mich plötzlich in zwei Teile gespalten, denn ich spürte, wie er vor seinem Bildschirm saß und die Ideen wild in die Tasten hämmerte, die mir durch den Kopf blitzten, und gleichzeitig hatte ich das Gefühl, als ob ich es selbst war, der die Geschichte aufschrieb. Irgendwie erahnte er auf dem Monitor meine virtuelle Gestalt, aber ebenso verschwommen erkannte er in mir auch sein eigenes Gesicht, denn durch die Augen, die ihn ansahen, erblickte er auch den Raum, in dem er sich befand.
Ich schwebte auf meinen Körper zu, glitt durch meinen Kopf in ihn hinein und fühlte, wie sich in seinem Gehirn meine Vorstellung formte, die sich in der räumlichen Sphäre formulieren wollte. Doch er brachte meine Worte nicht heraus, die ich durch ihn hindurchzusprechen versuchte. «Du kannst ohne Medium nicht direkt mit ihm kommunizieren», hörte ich Akrons Stimme in mir flüstern, «denn du bist ein Teil seiner Geschichte, die er nicht ständig präsent in sich trägt, sondern die er im Computer gespeichert hat. Nimm den Monitor als Plattform!» Den Rest konnte ich nicht mehr hören, denn seine Stimme ging in einem lauten Wimmern unter. Ich hörte ein Knacken, Geräusche heulten wie der wehklagende Gesang der Jungfrauen in meinen Gehörgängen auf, dann hatte ich eine andere Vision.
«Komm», sagte Akron und nahm mich an der Hand. Rasch zog er mich zum Regal. Er warf das Buch heraus, packte das Bild an der Rückseite und drehte es wie einen Türknauf um. Das Bild begann sich nach hinten zu öffnen. «Das Hirn ist wie ein Spukschloß», erklärte er mir, «voll mysteriöser Kammern.» Die Szene vor meinen Augen schrumpfte zusammen, es war mir, wie wenn ich nach innen in einen dunklen Schlund hineingezogen würde.
Ausschnitthafte Ansichten meiner Hirnwände glitten vorbei, Leitungen, die meine Gehirnströme darstellten und offene Gehirnschächte, in denen Informationseinheiten Gedankenimpulse zerlegten und zu neuen Denkmustern verarbeiteten. «Die Datennetze sind der Schlüssel, und der wachhabende Engel ein Wächter der Hölle, der die Gedanken der Sünder kontrolliert», versuchte mir Akron die Vorgänge zu schildern. Doch ich war erschüttert, als er mich zu einem riesigen Schaltpult führte, hinter dem der digitale Dämon den Zustand meiner Seele analysierte und Akron die Situation protokollierte: «Wir haben ihm die Daten in den Arbeitsspeicher seines Kurzzeitgedächtnisses geladen und sie ihm auf der Bildschirmmaske als virtuelles Bücherregal angezeigt. Auch die Menüführung haben wir vereinfacht und die Schwelle als Buch im Regal getarnt, damit er überhaupt einen Zugang findet. Er braucht das Symbol nur anzuklicken, schon springt die Tür vor seiner Nase auf …»
Ich erkannte deutlich den Bildschirm als Brücke zwischen zwei Welten, auf deren Plattform ich mit ihm kommunizieren konnte, ohne mich auf seiner körperlichen Ebene zu befinden. Sanft schaute ich ihn an: «Siehst du mich?» Er zuckte wie von der Tarantel gestochen auf, aber offenbar konnte er mich auf dem Bildschirm nicht erkennen, denn sein Blick ging hilflos ins Leere: «Bist du’s, Charles?»
Ich fühlte, wie sich in seinem Gehirn eine Vorstellung formte, die mit mir auf der Denkebene zu kommunizieren begann: «Hörst du mich?» stammelte er sichtlich aufgeregt.
«Komm mit! Ich führe dich zur Tür!» wollte ich sagen, da brach aus meinem Auge ein glänzender Lichtblitz hervor, den er wohl als Sonnenstrahl interpretierte, da er mich nicht wirklich sah. Er starrte auf den Monitor, dort flimmerte Dantes «Divina Commedia» auf, eine alte, höllische Schrift, die in seinem Bücherregal neben anderen kostbaren Manuskripten stand. «Das ist die Tür, durch die du ins Unbewußte eintreten kannst», brüllte ich ihm zu, «klick sie an!»
Er klickte mit der Maus auf das Manuskript im virtuellen Bücherregal, da explodierte das Bild und Akron stieß mich hinter dem Spiegel an: «Blinzle ihm zu! Er begegnet dir auf dieser Ebene zum ersten Mal, und deshalb mußt du ihm auf seinen Blick antworten. Für ihn bist du die unheimliche Gestalt unter der dunklen Kapuze, deren Gesicht verdeckt im Schatten liegt!»
Da stand ich vor ihm, mein Blick traf ihn direkt ins Auge, und es gab nichts, was er nicht sah, zumindest