GegenStandpunkt 3-16. Группа авторов
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Indes profitieren nicht nur die Geschäftemacher davon, dass ihnen ein Niedriglohnsektor für ihren Profit zur Verfügung steht: Das Wachstum des Gewerbes von Putzfrauen, Kleinkindbetreuern, Pflegekräften und sonstigen DomestikInnen, aber auch Pizza- und Einkaufslieferdiensten verdankt sich schließlich maßgeblich dem Bedarf auch all der Alleinerzieher-, Doppelverdiener- und sonstigen Haushalte, die es sich leisten können, die „Kommerzialisierung aller Lebensbereiche“ dafür zu benutzen, die Wiederherstellung der Bedingungen ihrer umfassenden Inanspruchnahme am Arbeitsplatz hinzukriegen. Pfiffige Start-Up-Unternehmer tragen ein wenig digitale Disruption auch in diesen Bereich, wenn sie mit Internet-Plattformen Handwerkern und Dienstleistern aller Art die wunderbare Gelegenheit eröffnen, sich mit ihren Angeboten der Allgemeinheit zu präsentieren und sich gegenseitig niederzukonkurrieren, sodass die Dienstleistungen der einen Hälfte des Proletariats für die andere erschwinglich werden und sich dank der erhobenen Vermittlungsgebühren wenigstens für einen lohnen.
Ein Jahrzehnt staatlicher Krisenbewältigung
In deutlichem Kontrast zu den Erfolgsmeldungen über ein „Jobwunder“ und eine „gut aufgestellte Industrie“ fällt eine Branche durchgehend mit negativen Schlagzeilen auf: das Kreditgewerbe. Unvergessen ist, dass es vor einem knappen Jahrzehnt mit seiner Spekulation nach allgemeiner Auffassung in größenwahnsinniger Selbstüberschätzung um ein Haar sämtliche ihm überantworteten gesellschaftlichen Vermögen und die ganze „Realwirtschaft“ „verzockt“ hätte. Alles, womit die Finanzwirtschaft seitdem von sich reden macht, bestätigt nur ihren Ruf als zwielichtiges, fürs Allgemeinwohl tendenziell bedrohliches Gewerbe: In jeden der zahllosen Skandale, die Medien und Justiz beschäftigen, sind irgendwie immer die wichtigsten deutschen Kreditinstitute mit verwickelt; und jedes Mal muss man erfahren, um wie viele Milliarden „der Steuerzahler“ von ihren undurchsichtigen bis kriminellen Machenschaften damit schon wieder betrogen worden ist. Und auch die Gefahr einer Wiederholung des GAUs, dass die Akteure auf den Finanzmärkten irgendein Ereignis zum Anlass nehmen, die Wirtschaft wieder in eine Katastrophe zu stürzen, ist noch immer nicht aus der Welt. Dennoch scheint kein Schaden, den das Kreditgewerbe anrichtet, in Dimension und Wirkung groß genug dafür zu sein, dass die Politik ihm das Vertrauen entzieht – im Gegenteil. Dafür, dass es selbst angesichts all der Schäden, die es ins Werk setzt, auf keinen Fall „notleidend“ wird, wird in nie dagewesenen Dimensionen staatliches Geld und staatliche Unterstützung mobilisiert. Die Politiker wissen eben um die „Systemrelevanz“ des Gewerbes, kennen nämlich das von ihnen administrierte System so gut, dass sie wissen, dass die Spekulation der Finanzer auf künftige Rendite die „Lebensader“ ihrer Wirtschaft ist und kein Geschäft mehr geht, wenn die ihm den „Finanzhahn“ zudrehen, dass also die den realwirtschaftlichen Unternehmern überantwortete materielle Erhaltung der Gesellschaft für gar kein anderes Anliegen stattfindet als dafür, Renditeerwartungen aufgehen zu lassen. Deswegen waren und sind die staatlichen Rettungsaktionen für das Finanzgewerbe auch ein Dienst am „gemeinen Volk“, nämlich an dessen Arbeitsplätzen, weil es die ja auch nur gibt, wenn an ihnen für die Realisierung von Gewinnansprüchen gearbeitet wird, mit denen die Finanzwelt ihr Geschäft macht.
Weil die dafür aufgenommenen Staatsschulden nur die nach allen Kriterien des finanzkapitalistischen Sachverstands haltlosen Renditeansprüche erhalten und gar nicht der Erschließung neuer oder der Verbesserung vorhandener Geldquellen dienen, rächt sich das Finanzgewerbe umgehend an seinen Rettern, zieht die Tauglichkeit von Staatspapieren als erstklassige Geldverwertungsgarantie reihenweise in Zweifel und löst eine europaweite „Staatsschuldenkrise“ aus. Die deutsche Politik weiß sofort, dass es angesichts dessen kein „Weiter so!“ geben darf; nicht fürs Finanzgewerbe, sondern für das Regieren ihrer Partner in Europa: Sie bringt ihre ganze Erpressungsmacht zum Einsatz, um ein erbarmungsloses Austeritäts-Regime über den gesamten Kontinent auf die Agenda zu setzen, und ringt ihren geschätzten europäischen Partnern ab, ihre Haushaltsführung um alle Posten zu bereinigen, die bloß unproduktivem Krempel wie der Erhaltung der Lebensgrundlagen ihrer Völker dienen; wie man jetzt sieht, haben die bislang weit über „ihre“ Verhältnisse gelebt, nämlich über die, die sich finanzkapitalistisch lohnen.
Darunter leiden viele, aber nicht der deutsche Staat. Der erhebt sich vielmehr als strahlender Sieger über das ganze Zerstörungswerk. Sein ausgeglichener Haushalt ist nicht Resultat des Zusammenstreichens elementarer Staatstätigkeiten auf ein dem ausbleibenden Wachstum entsprechendes Niveau; ihm spielt vielmehr der Erfolg seiner Wirtschaft beim Niederkonkurrieren der restlichen Welt derzeit mehr Geld ein, als er zum Regieren braucht. Diese solide ökonomische Basis sowie die politische Durchsetzung seiner europapolitischen Tagesordnung, sämtliche unrentablen Gegenden und Insassen in der Peripherie des Kontinents abzuschreiben, um die finanzkapitalistische Spekulation zu sanieren, erreichen ihr Ziel, die Finanzmärkte zu beeindrucken. So sehr, dass seine Schulden ein AAA im Ranking der weltbesten Geldanlagen genießen und angesichts weltweiter Wachstumseinbrüche derart heiß begehrt sind, dass er – während deutsche Politiker wohlfeil die EZB beschimpfen, mit ihrer Überflutung der Märkte mit billigem Geld für Niedrigzinszeiten zu sorgen, in denen sich das Sparen nicht mehr lohnt – statt Zinsen zu zahlen sogar noch Geld dafür kassiert, dass ihm fremdes Geld geliehen wird.
Und die deutsche Politik verspricht auch gleich, ihr erfolgreiches Zerstörungswerk in neuen Dimensionen fortzusetzen. Von der digitalen Revolution im Maschinenbau zwecks Entwertung undeutscher Produktionsmittel für mehr deutsches Geschäft weltweit war bereits die Rede; aber darin erschöpft sich die Bemühung nimmermüder deutscher Politiker um die Monopolisierung zukünftiger Geschäftssphären keineswegs. Die verstehen sich darauf, die von Katastrophen und Krisen heimgesuchte Welt als eine Ansammlung von Geschäftschancen zu sehen, aus denen es – nur zu ihrem Besten – etwas zu machen gilt:
– Die deutsche „Klimakanzlerin“ weist jahrelang nachdrücklich auf den bevorstehenden Weltuntergang durch Erderwärmung mit schmelzenden Polkappen, steigenden Meeresspiegeln, Versteppungen etc. pp. hin, wenn sich die Welt nicht umgehend zum Abnehmer deutscher Stromerzeugungstechnik macht. Mit der Kernschmelze in einem Atomkraftwerk am anderen Ende der Welt sieht sie auch die Zukunftschancen eines langjährigen deutschen Technologieexportschlagers dahinschmelzen und nimmt – die damalige Perspektive eines weltweit vielversprechend steigenden Ölpreises wirkt bei dieser Entscheidung als Katalysator – die dortige Explosion als Startschuss für eine Umstellung der Energiepolitik im eigenen Land. Den traditionellen Giganten in der Energiewirtschaft werden Geschäftseinbrüche und ein festgelegter Abnahmepreis für Solar- und Windstrom von dezentralen Kleinstzulieferern aufgebürdet; die Finanzierung des Letzteren wird „haushaltsneutral“ und unter Vermeidung von Nachteilen für die energieintensive Wirtschaft zum großen Teil den nichtkommerziellen Endverbrauchern übertragen, damit die auch was für den Umweltschutz tun, der ja bekanntlich zur Ökonomie nicht im Widerspruch steht. So kann der Kredit ein ordentliches Geschäft mit dem Klimaschutz und die Entwicklung vielversprechender alternativer Exportschlager in Gang bringen, die perspektivisch der herkömmlichen Energiewirtschaft der Welt ihren Markt zerstören und ihn gewinnbringend für sich übernehmen sollen.
– Im langjährigen Klimasünderland USA wird eine technologische Meisterleistung aus Deutschland entdeckt, die es ermöglicht, Autos zu verkaufen, die das Klima stärker verpesten, als die dortige Polizei erlaubt. Das gilt als ein Rückschlag, nicht fürs Klima, sondern für den guten Ruf des Technologiestandorts Deutschland – diese Katastrophe kann nicht unbeantwortet bleiben. In der Branche, an der hierzulande „jeder