Einfach geh'n: Stefan Wiebels Lebensreise. Hans-Joachim Bittner
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Rentierjunges – Nordnorwegen-Reise 2012.
17 Stunden später befand ich mich in seinem Wohnzimmer und redete nicht lange um den heißen Brei: Er, Stefan, wäre womöglich ein Thema für mein zweites Buch, sagte ich ihm. Einem Buch, welches zumindest eine außergewöhnliche Lebensreise beleuchten sollte – soviel wusste ich schon. Seine Augen leuchteten augenblicklich. Der Wiebei reagierte, wie ich es mir erhofft, ja gewünscht hatte. Er meinte sogar, was für ein Glücksmoment für uns beide, er hätte irgendwie, vielleicht ganz unbewusst, darauf gehofft, dass irgendwann mal einer käme, der sein kaum in Worte zu fassendes Leben in richtige (bestenfalls in richtig gute) Worte fassen – kurz: zu Papier – bringen würde.
Nun saß derjenige, also ich, plötzlich in seiner Wohnung und verlieh dem Vorhaben eines neuen Buches mit Nachdruck Ausdruck. In gar nicht allzu ausführlicher oder gar anstrengender Überzeugungsarbeit gelang es mir, Stefans ohnehin nur leise Zweifel, ob sein Leben und sein Tun tatsächlich erzählenswert wären, auszuräumen. Eigentlich fühlte er sich mit 43 noch zu jung für seine Memoiren, andererseits hatte er bereits genug für zwei bis drei Leben erlebt und „durchgemacht“. Exakt drei Wochen später begaben wir uns an die Arbeit. Das Jahr 2013 befand sich bereits in seinen letzten Atemzügen, der Advent hauchte nicht eine Schneeflocke aus. Ich fuhr mit dem Fahrrad die wenigen und eisfreien Meter zu ihm und erfuhr prompt, dass sich Stefan gerade mitten in den Vorbereitungen auf seine nächste Tour befand. Diese sollte ihn im Frühjahr 2014 drei Monate lang quer durch Lappland führen. Wir hatten also nicht viel Zeit …
Mit der unvergleichlichen Lebensreise von Stefan Wiebel begann also die intensive Arbeit an „Einfach geh’n …“ – der Titel kristallisierte sich nach vielen Überlegen letztlich erst Ende Juli heraus. Die Idee des Erzählens über einen Menschen, in Buchform, über sein außergewöhnliches Tun, seine Touren, die das Unterwegssein als Lebensmittelpunkt deklarieren, setzte (s)ich also fort. Der Impuls blieb, er sollte mich acht Monate intensiv beschäftigen, fesseln gar. Das Schreiben als Leidenschaft, für mich, und als Adrenalin des Geistes.
Eine junge Frau kam dazu, von der mir mein Steuerberater erzählte. Seine Tochter. Die hatte sich von fast allem getrennt, behielt nur einen Rucksack mit dem Lebensnötigsten und reiste seitdem in der Welt umher. Ich war sofort Feuer und Flamme. Sie passte womöglich perfekt mit rein, ins Buch. Sie musste rein, das war rasch klar. Sie zog 2010 in die Welt und fand ihren Weg. Wer das tut, kann berichten. Tagelang. Wie sie, wie Isabel Maltan.
Unterwegs in Nordnorwegen: ein gewaltiger Fjord-Berg-Traum in unberührter Natur.
Kapitel für Kapitel entstand, und langsam reifte die Erkenntnis, dass ich 2014 zwei Bücher parallel schrieb. Das Bewusstsein der getrennten Veröffentlichung wuchs erst mit der Zeit, ein Bewusstsein, welches mein Verleger schließlich konkretisierte. Und so halten Sie jetzt und hier Stefan Wiebels Lebensreise in Händen. Und die nicht minder spannende Geschichte von Isabel Maltan wird wohl als nächstes gedruckt.
Virtueller Brückenschlag
„Mein Lebensreise-Duo“ kannte sich während der Entstehungsphase des Buches noch nicht, reichte sich aber virtuell bereits die Hände und bildete damit einen grandiosen Brückenschlag. Denn Isabel und Stefan erlebten einschneidende Schicksale, sie einen gravierenden, er mehrere, die sich zu einem Großen bündelten. Ihrem Leben verpassten die beiden dadurch – ein Stückweit gezwungenermaßen – komplett neue Richtungen. Das Reise-Gen trugen sie von Anfang an in sich, die ganz unterschiedlichen Ereignisse brachten es aber jeweils erst so richtig zum Ausbruch. Isabel verlor ihren Job und nutzte „diese Gelegenheit“, um dem Alltag „Adieu“ (in ihrem Fall eher „Servus“) zu sagen. Das Leben gab ihr einen gewaltigen, den einen Tritt zum Umdenken, sagt sie heute. Stefan stürzte zweimal mit dem Gleitschirm ab und trat dem Tod zumindest einmal intensiv und direkt gegenüber. Der Reichenhaller lernte zu Überleben und so etwas wie Risikominimierung. Heute reist er mit viel Sicherheit im Gepäck, seinen außergewöhnlichen Abenteuern mit Pionier-Potenzial tat und tut dies jedoch keinen Abbruch.
„Einfach geh’n …“
Einfach geh’n, einfach seh’n, einfach spür’n … – und „einfach tun“. Alles hört sich so einfach an und ist doch oftmals so schwer.
„Einfach geh’n …“ also, einfach mehrdeutig. „Einfach“ im Sinne von unkompliziert, leicht oder spielend. Es gibt so viele Synonyme für dieses gängige, oft lapidar gebrauchte und „einfach“ klingende Wort. „Einfach“ auch im Sinne von „es“, das Weg-Gehen, einfach zu tun. Und „gehen“, um sich fortzubewegen, um sich wegzubewegen, schlicht, bescheiden, genügsam – ich „gehe einfach“, gehe statt zu fliegen, zu fahren oder sitzenzubleiben – kurz: „einfach natürlich“.
Der Titel „Einfach geh’n …“ soll beides ausdrücken: Das Gehen als einfache Sache an sich, als Grundbedürfnis und Hauptfortbewegungsart des Menschen. Aber auch die Bereitschaft, einfach zu gehen, wenn es ein Mittel ist, um (s)einen Platz im Leben zu suchen und zu entdecken. Zu gehen, wenn es einem gut tut, sich vom augenblicklichen Aufenthaltsort an einen anderen zu begeben. Sich auch trauen, zu gehen. Mutig sein, stark sein, authentisch und bereit für Neues. Stefan (und auch Isabel) machen das: Sie „gehen einfach“ – auch mal ganz sinn- und wertfrei, einfach um des Gehens Willen, und einfach, um sich fortzubewegen, wegzubewegen, andere Dinge auf dieser Welt zu sehen, zu erleben, zu entdecken, an der frischen Luft und in der Natur zu sein, Einsamkeit zu spüren und zu erfahren. Bei Stefan kommt der sportliche Aspekt dazu. „Einfach geh’n …“ also.
Stets weltwach bleiben
Andreas Altmann schreibt: „Glücklich ist, der bewundern und beneiden kann“. Und vor allem das Zweite zugeben kann, möchte ich hinzufügen. Neid klingt negativ. So meint es der Bestsellerautor aber nicht, ganz im Gegenteil. Er setzt „beneiden“ in einen höchst lebensbejahenden Kontext. Er kann das. Wenn einer, dann er. Er tut es auf Seite 275 seines großartigen Werks „Im Land der Regenbogenschlange – Unterwegs in Australien“: Jemanden um etwas beneiden, was für ein Kompliment, ja oft nur ein unterstreichendes Synonym für bewundern. Altmann schaut zu den Beneidenswerten auf, die lästigen Mahner, weil sie ihm Reichtum und Tiefe ermöglichen, auf seinen Reisen. Beides, Bewunderung und positiver Neid, nimmt sich nichts, nein, es gibt und nimmt gleichermaßen. Stefan Wiebel weiß nicht, wer Dschungelkönig oder DSDS-Sieger ist, ihm ist egal, wer die Stimme ist oder welcher B- oder C-Promi offenbar am besten tanzen kann. Wer aktuell Deutscher Fußballmeister ist, weiß er, aber selbst das liegt außerhalb seines Interessenfeldes. Die WM 2014 bekam er nur am Rande mit. Fehlt ihm deshalb irgendetwas? Im Leben? Natürlich nicht. Grund genug, ihn (vernünftig) zu bewundern und (inspirierend) zu beneiden.
Ihnen, liebe Leser, liegt eine ganz eigene, grenzenlose Lesereise in diesem Buch zu Füßen und in Ihren Händen. Ich wünsche Ihnen viel Freude dabei. Starten Sie beschwingt, kommen Sie gut an und nehmen Sie etwas mit, das Ihr Leben bereichert. Das wünsche ich mir von Ihnen.
Stefan schaute sich das Buch-Manuskript ganz genau an – und war sehr zufrieden.
Zum Schluss des Prologs ein nicht unerheblicher Hinweis: Stefan ist nicht zu mir gekommen, damit ich seine Geschichte aufschreibe. Es war genau andersrum: Ich bin auf ihn zugegangen, stellte ihm meine Idee und das Konzept vor. Und nach dem Ausräumen einiger Bedenken – ganz natürlich bei einem derartigen Öffnen so vieler privater, intimer Dinge – war