Wo aber der Wein fehlt, stirbt der Reiz des Lebens. Группа авторов

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und Erden über 30 Hektar, zu jener von Lösnich knapp 14 Hektar, zu der von Müstert rund 10 Hektar und zu der von Noviand etwa 9 Hektar. Diese Berechnungen basieren auf der Verarbeitung weißer Trauben. Bei Rotwein müssen wir wegen des längeren Maischeprozesses von einer geringeren Fläche ausgehen. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die Empfehlung Columellas (De re rustica III, 21, 10), unterschiedliche Rebsorten zu pflanzen, die nicht gleichzeitig zur Reife gelangen. Die Weinberge müssten dann nicht in kürzester Zeit abgeerntet werden, und die Besitzer wären nicht genötigt, Erntearbeiter um jeden Preis anzuheuern. Eine sich über mindestens vier bis sechs Wochen erstreckende Lese dürfte daher auch in den gallischen Weinbaugebieten keine Seltenheit gewesen sein.

      Die für Piesport angenommene äußerst umfangreiche Rebfläche bildete, einschließlich der benachbarten von Ferres und Müstert, wohl eine der größten zusammenhängenden Rebflächen nördlich der Alpen. Offenbar war Ausonius, als er bei seiner Reise von Bingen über den Hunsrück nach Trier um 370 n. Chr. gegenüber von Piesport das Moseltal erreichte, gerade beim Anblick dieser Rebflächen zu den schwärmerischen und viel interpretierten Versen (152 – 156) seiner »Mosella« verleitet worden, die hier in einer metrischen Übersetzung von Wolfgang Binsfeld wiedergeben werden:

       Jetzt eröffn’ einen anderen Festzug

       das Schauspiel der Reben,

       und erfreue den schweifenden Blick

       der Gabe des Bacchus:

       dort wo die krönende Kuppe

       in langem Zug überm Steilhang,

       dort wo Felsen und sonniger Grat

       in gewundenem Bogen

       weinstockbesetzt sich erhebt,

       ein natürlich entstand‘nes Theater.

      Die Verse lassen wie die Lage der einzelnen Kelterhäuser erkennen, dass die Rebflächen in römischer Zeit primär in klimatisch begünstigten Steilhängen angelegt waren, wobei man sich wohl auch kleinerer Terrassen bediente. Das bedeutet, dass sich der Terrassenanbau nicht, wie von der mittelalterlichen Geschichtsforschung vermutet, erst im 11./​12. Jh. ausbreitete, sondern auf wesentlich ältere Traditionen zurückging.

      Rebsorten

      Erinnern wir uns an Columellas Rat, nicht gleichzeitig zur Reife gelangende Rebsorten zu pflanzen, ist ein Nebeneinander von Rot-und Weißwein wahrscheinlich. Da Rotweintrauben in der Regel früher geerntet wurden, konnte man Engpässe bei Erntearbeitern umgehen, aber auch Verluste bei später zur Reife gelangenden Sorten durch eventuelle Herbstfröste mindern. Anhaltspunkte für Rot- und Weißwein bieten auch erhaltene Farbreste an Steindenkmälern aus Lörsch und Neumagen.

      Zu den Rebsorten selbst lassen sich derzeit noch keine präziseren Angaben machen, obwohl aus den meisten Kelterhäusern mitunter zahlreiche verkohlte Traubenkerne vorliegen. Sicher scheint jedoch, dass die Kerne vorwiegend zu Übergangsformen und nur in wenigen Fällen zu Wild- oder Kulturreben gehörten. Dies könnte bedeuten, dass bei der Anlage der Rebflächen auch weiterentwickelte einheimische Wildreben berücksichtigt wurden und der Import von Reben aus dem Mittelmeerraum nur eine untergeordnete Rolle spielte.

      Betreiber der Kelteranlagen

      Die kleineren Kelterhäuser von Lösnich oder Noviand bildeten Nebengebäude von Gutshöfen. Sie sind daher wohl als private Anlagen zu sehen. Sie wiesen auch nur je ein Maische-, Press- und Mostbecken auf, sodass ein permanentes Keltern nicht möglich war. Außerdem lagen die zugehörigen Rebflächen nur teilweise in unmittelbarer Umgebung, in Lösnich sogar mehr als 1,5 km entfernt. Dagegen wurden die großen Kelteranlagen von Piesport, Brauneberg, Lieser, Graach oder Erden am Fuße steilerer Südhänge im Bereich von Weinbergen bester Qualität errichtet, ohne, dass im Umfeld weitere Gebäude nachgewiesen werden konnten. Sie waren reine Zweckbauten inmitten der zu bewirtschaftenden Fläche. Lediglich das Erdener Kelterhaus, das zweigeschossig war, bot vielleicht bescheidene Wohnmöglichkeiten für Arbeiter. Ihr Umfang und einige charakteristische Kleinfunde wie staatliche oder militärische Ziegelstempel und Beschlagteile von Gürteln höher gestellter Beamter oder Militärs ermöglichen es, diese Kelteranlagen primär staatlichen Betreibern zuzuordnen. Dafür spricht auch, dass sie wohl erst um 300 n. Chr., also mit der Verlegung der Kaiserresidenz nach Trier und der Errichtung der gallischen Präfektur, entstanden sind, nachdem zuvor in besseren Weinlagen kleinere Betriebe zu Domänen zusammengeführt worden waren. Insbesondere die östliche Brauneberger Kelter, jene von Müstert und Teile des Erdener Kelterhauses scheinen im 3. Jh. n. Chr. zunächst von privater Seite genutzt worden zu sein, ehe sie um 300 n. Chr. von staatlicher Seite übernommen, erweitert oder in größere Anlagen integriert wurden. Da die großen Kelteranlagen in unmittelbarer Nähe zur Mosel errichtet waren, konnte der dort erzeugte Most regelmäßig mit dem Schiff nach Trier in die Keller (horrea) des Kaiserhofes oder der Präfektur transportiert werden. Lediglich in Piesport, vielleicht auch in Erden und Graach, hatte man nachträglich Kellerräume zur Zwischenlagerung des Mostes bzw. des Weines errichtet. Den Beweis für eine kaiserliche Kellerei lieferte eine Sarkophaginschrift des späten 3. Jhs. n. Chr. aus Trier, die einen Verwalter der staatlichen Weine (praepositus vinorum) nennt. Wenn nach Columella sieben iugera (rund 1,77 Hektar) die Arbeitskraft eines Winzers verlangen, können die größeren Kelteranlagen kaum von privater Seite betrieben worden sein. Für Piesport mit einer Rebfläche von 76 Hektar wären, ebenso wie für Lieser, ständig mehr als 40 Arbeiter erforderlich gewesen, für Brauneberg und Erden etwa 15 – 20. Während der Erntezeit dürfte die Zahl der Arbeiter mindestens dreimal so hoch gewesen sein. Schon daher müssen wir an die Provinzverwaltung oder das Militär als Betreiber jener Domänen denken. Zumindest das Militär hatte ein eigenes Interesse daran, stand ihm doch in der Spätantike bei Kriegszügen pro Tag eine bestimmte Weinration, je nach Rang ein oder zwei sextarii, also gut ein halber oder ein ganzer Liter zu. Der Verwalter dieser Domänen residierte vielleicht gegenüber von Piesport im heutigen Ortsteil Niederemmel, in dem wohl nicht zufällig zwei weit über ihre Grenzen bekannte Fundstücke entdeckt wurden: das aus einem Glasblock in mühevoller Arbeit herausgeschliffene Diatretglas oder die um 316 n. Chr. zum zehnjährigen Regierungsjubiläum von Constantin I. angefertigte Goldfibel, die ihren Träger in das nähere Umfeld des Kaisers rückt.

      Waren jene Weindomänen in staatlichem oder kaiserlichem Besitz, sind sie während der fränkischen Landnahme im 5. Jh. n. Chr. als Fiskalland wohl geschlossen in die Hände der fränkischen Könige übergegangen. Diese Tatsache könnte wiederum die umfangreichen kirchlichen Besitzungen in Piesport, Brauneberg, Graach und Erden erklären. In Piesport betrug der Anteil des geistlichen Besitzes sogar 56 % und erreichte damit den höchsten Anteil innerhalb des Trierer Kurstaates.

      Zeitstellung

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