Wo aber der Wein fehlt, stirbt der Reiz des Lebens. Группа авторов

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letzten Saft mithilfe einer Baumkelter herauszupressen. Ein kurzzeitiges, einbis zweitägiges Maischen der Trauben war bei den damaligen Pressmethoden ratsam, zumal dadurch das Traubenmark flüssiger und beim Pressvorgang ergiebiger wurde (Abb. 5). Über den Pressbecken war meist eine Baumkelter mit schwebendem Gewicht installiert: Am Kelterbaum hing, an einer Spindel befestigt, ein bis zu 28 Zentner schwerer Gewichtsstein, der durch Drehen der Spindel angehoben und abgesenkt werden konnte (Abb. 6). Solange er schwebte, drückte er durch den Kelterbaum den Inhalt des Presskorbes zusammen. Jener Vorgang wurde so oft wiederholt, wie der Inhalt des Presskorbes nachgab und der letzte auf diese Weise zu gewinnende Most in das Auffangbecken abgeflossen war.

      Abb. 4: Grundrisse römischer Kelteranlagen: 1) Piesport, 2a) Brauneberg, westliche Kelter, 2b) Brauneberg, östliche Kelter, 3) Maring-Noviand, 4) Lösnich.

      Abb. 5: Die westliche Kelteranlage von Brauneberg mit zwei Maische- (eines weitgehend zerstört), einem Press- und zwei Mostbecken.

      Abb. 6: Rekonstruktion der östlichen Kelter von Brauneberg. Sie zeigt je ein Maische-, Press- und Mostbecken, darüber eine Baumkelter mit schwebendem Gewicht.

      Die Keltersteine bildeten quadratische oder rechteckige Quader, bei denen in der Mitte von zwei gegenüberliegenden Seiten vertikale, sich nach oben verjüngende Nuten angebracht waren (Abb. 7). Diese nahmen eine hölzerne Rahmenkonstruktion auf, an der eine kräftige Holzspindel befestigt war. Die Oberseite der Steine zeigt in der Regel eine kreisrunde Aushöhlung, die zur Aufnahme des unteren Endes der Spindel bestimmt war.

      Abb. 7: Der Kelterstein von Piesport-Müstert wurde aus einem wieder verwendeten Quader eines Grabmalgiebels gearbeitet.

      Die Kapazität und Verteilung der einzelnen Becken war recht unterschiedlich. Während in Piesport die Maische-, Press- und Mostbecken paarweise auf drei Ebenen verteilt waren, lagen sie bei den übrigen Keltern auf zwei Niveaus, wobei Maische- und Pressbecken unmittelbar benachbart waren. Die Mostbecken wiesen häufig Trittstufen auf, die wie Schöpfkuhlen oder -mulden die Entleerung der Becken erleichtern sollte. Wie unterschiedliche Abflüsse erkennen lassen, bestand bisweilen die Möglichkeit, den in den Maische- und Pressbecken gesammelten Most nach Qualität oder Sorte zu trennen. Gerade Columella (De re rustica III, 21,10) legte in seinem zur Zeit des Kaisers Claudius entstandenen Werk über die Landwirtschaft, den Gartenbau und die Baumzucht Wert darauf, den Charakter der Weine nicht zu vermischen, sondern reinen Wein ins Fass zu bringen.

      Die eigentliche Nutzung der Kelterhäuser beschränkte sich auf eine Zeitspanne von sechs, maximal acht Wochen pro Jahr. Da sie aber mit größerem Aufwand errichtet worden waren, ist auch mit einer Sekundärnutzung zu rechnen. Die Mehrzahl der Kelterhäuser wurde zwischenzeitlich auch als Lagerraum für Obst und Getreide oder als Speicher genutzt. Nachgewiesen sind in den verschiedenen Anlagen Gerste, Roggen, Hafer, Hirse, Dinkel, Erbse, Linse und Hanf. Außerdem wurden verschiedentlich Hasel- und Walnüsse sowie in den beiden Ortschaften Wolf und Rachtig auch Äpfel und Birnen in den Kelterhäusern nachgewiesen, die an die Herstellung von Viez oder Apfelwein denken lassen (zu weiteren Früchten s.u.). Andererseits dürften die großen Becken zumindest zeitweise noch zum Einweichen der verschiedenen Bindemittel wie Weiden oder Stroh genutzt worden sein.

      Nachträgliche Anbauten an die Kelterhäuser konnten entweder als Kellerräume oder als Fumarien (Rauchkammern) gedeutet werden (Abb. 8). In solchen von Columella (De re rustica I, 6,20) beschriebenen Fumarien erhielt der Wein durch Zuführung von Rauch eine vorzeitige Reife, wobei jedoch der Rauchgeschmack ein nicht immer gewünschter Nebeneffekt war, über den sich gerade Martial (40 – 102/​104 n. Chr.) bei den gallischen Weinen beklagte. Für einen Keller, in dem der Gärungsprozess durch die Zuführung von Wärme hätte forciert werden sollen, waren die Räume weniger geeignet, da die aus röhrenförmigen Tubuli gebildeten Rauchabzüge meist nur in den Mauerwinkeln angebracht waren, also keine größere Wärme erzeugt werden konnte. Zudem scheinen die Tubuli wie in Piesport im Raum selbst gemündet zu haben. Noch weniger wäre es möglich gewesen, in einem solchen Raum den Most einzudicken, da es dazu zweifellos eines offenen Feuers unter einem Kessel bedurfte.

      Abb. 8: Westlich an die Kelter von Piesport wurden nachträglich ein Fumarium und Kellerräume angebaut, die teilweise aus dem Fels gearbeitet waren.

      In der östlichen Kelter von Erden konnte zudem eine Einrichtung zum Entsäuern des Weines nachgewiesen werden. Dabei wurde der Most mit Kalk bestreut, der sich schon bald am Boden und den Wänden des Reaktionsbeckens absetzte. Größere Kalkmengen waren in einer Kellerecke in Wolf und in der westlichen Kelter von Erden in aufrecht stehenden Holzfässern deponiert worden. Schon Plinius der Ältere (23/​4 – 79 n. Chr.) (Naturalis historiae, XIV, 120) berichtet, dass Kalk zum Entsäuern des Mostes bzw. der Weine eingesetzt wurde. Ein positiver Nebeneffekt war, dass die Maische beim Pressen ergiebiger wurde und bedingt auch die Farbe verbessert wurde.

      Umfang der Rebflächen

      Die Größe und Anzahl der Maischebecken erlauben Rückschlüsse auf den Umfang der Rebflächen, die den einzelnen Kelterhäusern zuzuordnen sind. Lag wie in Noviand, Lösnich oder Rachtig nur ein Maischebecken vor, konnte es während einer vierwöchigen Leseperiode vielleicht acht- bis zehnmal gefüllt werden. Daher ist bei diesen Anlagen von einer geringeren Ausnutzung der Becken auszugehen, zumal für den Zeitraum, in dem die Trauben im Becken maischten, kein neues Lesegut eingebracht werden konnte, es sei denn, Holzbehälter hätten als Zwischenlager gedient. Bei Kelterhäusern mit mehr als einem Maischebecken wie in Piesport, Brauneberg, Lieser und Erden war dagegen ein kontinuierliches Lesen und somit eine häufigere Befüllung der Becken (12- bis 14-mal) möglich. Columella (De re rustica III, 3,11) betonte, dass Rebflächen, die auf das iugerum (einem von einem Jochgespann in einem Tag zu bestellenden Areal; entspricht 2.523 m2) weniger als drei cullei (1 culleus [eigentlich Schlauch, Sack] = 524 l) Wein liefern, auszureißen sind. Dabei bezog er sich aber ausdrücklich auf Italien und klammerte die Provinzen aus. Daher ist in Gallien sicherlich von einer geringeren Durchschnittsernte auszugehen. An anderer Stelle hält er fest, dass selbst Weinpflanzungen minderwertigster Qualität bei hinreichender Pflege pro iugerum einen culleus Wein erbringen sollten. Daher werden die Hektarerträge in den gallischen Provinzen einerseits deutlich unter 6.000 l, andererseits aber merklich über 2.000 l gelegen haben.

      Noch um 1900 beliefen sich die durchschnittlichen Hektarerträge an der Mosel auf rund 2.500 l, wobei die Menge damals durch Schädlinge oder Krankheiten erheblich eingeschränkt war. Das Mittelmaß der von Columella genannten Zahlen, etwa 4.000 l geernteter Wein pro Hektar, sollte daher den römerzeitlichen Durchschnittserträgen im Moseltal recht nahe kommen. 4.000 l Wein entsprachen bei den damaligen Pressmethoden je nach Jahr etwa 5.500 – 6.000 l Maische. Legen wir die Kapazität der Maischebecken und ihre Nutzungsmöglichkeiten zugrunde, können wir der Piesporter Kelter eine Rebfläche

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