Wo der Hund begraben liegt. Beate Vera
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Lea nickte. »Glaub es, der ist tot! Hatte er denn Damenbesuch?«
»Nee, nie. Bis auf gestern Abend. Ich bin sicher, dass da ’ne Frau bei ihm war. Arne und ich haben uns fast totgelacht, als wir ihn nebenan hörten. War aber auch schnell vorbei.« Sie schlug sich die Hand vor den Mund.
»Mensch, das ist so pietätlos von mir. War jedenfalls irgendwie komisch, aber wir haben ferngesehen und dann nichts mehr gehört.«
»Weißt du noch, wann das war?« Leas Neugier war geweckt. So einen Leichenfund machte man schließlich nicht alle Tage, da durfte man sich ja wohl ein bisschen für die Ermittlungen interessieren.
»Gegen Mitternacht. Da lief erst The Closer und danach Crossing Jordan. Dabei haben wir ihn kurz gehört, dann war Ruhe. Ich hab noch meinen heißen Kakao getrunken und bin ziemlich schnell eingeschlafen.«
Das hieß also, dass Hantschke um Mitternacht noch gelebt hatte und zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens umgebracht worden sein musste. Sie hatte ihn um halb vier gefunden. Aber zwei Morde begehen, Leichen herumschleifen und dann die Szene so arrangieren – das war nicht in einer Viertelstunde erledigt, nahm Lea zumindest an. Es war niemand in der Nähe gewesen, als sie und Talisker bei den Toten aufgetaucht waren, daran hatte sie keinen Zweifel. »Hat der Hantschke mal irgendwas von viel Geld erzählt, das er bald hätte?«
»Und ob! Seit einer Woche, immer wenn ich ihm vorm Haus begegnet bin. Ich hab den ja quatschen lassen und nie so richtig zugehört. Er redete von einer Stange Geld und davon, dass er bald ›aus diesem Getto‹ rauskäme und wir gut dran täten, uns auch vom Acker zu machen.«
Sie waren auf Höhe von Carolas Zeile angekommen.
»Ich hoffe, ihr kriegt jetzt nettere Nachbarn, Carola. Muss weiter, Svenja kommt gleich noch rum.«
»Wenn sie das Haus überhaupt verkauft kriegen, vielleicht ist er ja sogar da drin umgebracht worden. Grüß Svenja von mir! Vielleicht können wir bald alle mal wieder tuppern, frag sie doch mal!«
Nicht so dringend, dachte Lea und winkte ihrer Nachbarin hinterher, als diese die Straße überquerte.
Leas Handy meldete sich mit Stand and Deliver von Adam and the Ants, als sie vor ihrer Haustür stand. Sie erkannte keine Nummer und war prompt genervt, denn auf Superneuigkeiten von ihrem Provider, exklusiv für sie, hatte sie rein gar keine Lust. Lea nahm das Gespräch entsprechend kurz angebunden an. »Storm.«
»Martin Glander. Hallo! Frau Storm, hätten Sie heute Abend Zeit für mich? Ich habe noch ein paar Fragen.«
»Herr Glander, hallo. Entschuldigen Sie, ich dachte, Sie sind so ein Typ vom Callcenter, der mir auf die Nerven gehen will. Aber haben nicht Ihre Kollegen hier in Berlin den Fall übernommen?«
Scheiße, aufgeflogen!, dachte Glander, entgegnete jedoch mit fester Stimme: »Schon, aber die wollen ja trotzdem einen Bericht von mir. Und um den ordentlich abzuschließen, fehlen mir noch ein paar Details. Je eher ich die kläre, desto schneller habe ich den Papierkram vom Hals.« Glander verdrehte die Augen, das hatte sicherlich nicht sehr überzeugend geklungen. So dämlich hatte er sich wirklich noch nie angestellt.
Lea am anderen Ende der Leitung stand vor dem Spiegel in ihrem Flur und zog ebenfalls ein Gesicht. Der Balvenie würde wohl noch länger warten müssen.
»Klar, kann ich verstehen. Wann wollten Sie denn vorbeikommen?«
»Wäre Ihnen halb acht recht?«
»Ja, das ist okay. Essen Sie Steak?«
»Sie müssen sich keine Mühe machen, Frau Storm …«
»Herr Glander, ich esse heute Abend Steak und Salat, und zwar so gegen halb acht. Wenn Sie also um diese Zeit vorbeikommen, essen Sie ruhig mit, ich koche ohnehin immer noch zu viel, seitdem …« Lea ließ den Satz in der Luft hängen.
»Dann esse ich gerne mit Ihnen, Frau Storm. Bis um halb acht dann! Wiederhören.«
Das war erheblich besser ausgegangen, als er erwartet hatte. Glander schaute die beiden Malt-Flaschen vor sich auf dem Tisch an und grübelte über ein paar Fragen, die er Lea Storm stellen konnte, um seinen Besuch zu rechtfertigen.
Kurz nach fünf klingelte Svenja Ritter bei Lea. Die Disteln vor dem Küchenfenster leuchteten in einem kräftigen Blaulila. Lea hatte es wirklich schön hier am Ende der Straße mit dem Doppelhaus, dem großen Wintergarten, der sich an der Außenseite um das Haus zog, und der edlen Backsteinfassade. Ein wenig neidvoll schaute Leas Nachbarin auf das Pflaster vor dem Haus und hoffte, sie würden sich auf die Terrasse setzen. Dann würde Leas Standpauke wenigstens nicht so laut ausfallen, denn Svenja war sich sicher, dass sie dieses Mal eine zu hören bekommen würde. Aber mit irgendjemandem musste sie dringend reden, und Lea war eben in der Nähe. Sie sah die Silhouette ihrer Freundin auf die Haustür zukommen.
»Hi Svenja, komm rein!« Lea trug ein schlichtes schwarzes Etuikleid aus Leinen mit U-Boot-Ausschnitt, der einzige Schmuck war ihr silberner Ehering am linken Ringfinger.
Svenja musste einmal mehr Leas Stil anerkennen, er passte zu ihr. Sie selbst hatte dauernd etwas an sich auszusetzen. »Lea, du siehst toll aus! Hast du noch was vor heute?«
Lea schüttelte den Kopf. Es war so typisch für Svenja, dass sie das heutige Datum nicht im Kopf hatte. Der war immer randvoll mit ihren eigenen Problemen. Sei nicht so blöd!, schalt Lea sich dann, sie hat es ja auch nicht leicht. Der gehässigere Teil ihres Innenlebens warf jedoch ein, dass Svenja erwachsen war und ihre unglückliche Ehe jederzeit beenden konnte, sich aber wohl in ihrer Leidensrolle auch ganz gut gefiel. Lea ignorierte ihn. »Ja, ich bin für den Abend verabredet mit meinem Balvenie.«
Svenja schlug sich die Hand vor die Stirn. »Mensch, Lea, es tut mir leid! Heute ist der erste Todestag von Mark, und ich dumme Kuh hab das total verpeilt. Du, ich komm einfach morgen rum, okay?«
»Nee, lass mal, komm ruhig rein! Aber deine Gummibärchen musst du alleine essen, ich mach nachher noch Abendbrot.«
Svenja hatte immer Gummibärchen dabei, wenn sie über ein Problem sprechen wollte. Kein Fett.
Lea grinste ihre Freundin an, die an der Tüte herumnestelte. »Was hat dein Ritter denn jetzt wieder verbockt? Drinnen oder draußen?«
»Sind die Runen nebenan?«
Die Runen, Gudrun und Sigrun Lehmann, manchmal auch die Lehmann-Sisters genannt, da die eine Bankerin und die andere Maklerin war, konnten als angenehme Nachbarinnen bezeichnet werden, wenn man sich nicht an ihrer Nachlässigkeit störte. Sie arbeiteten beide viel und gerne und besaßen zwei Pferde, die in einem Brandenburger Stall untergebracht waren. Da sie die Tiere jeden Abend noch versorgten, waren sie selten vor zehn Uhr daheim. Dieses Hobby ließ ihnen offensichtlich wenig bis gar keine Zeit, sich um Haus und Garten zu kümmern. In der hinteren Gartenhälfte gab es eine alte Badewanne, die kaputte Töpfe und andere beschädigte Keramik beherbergte. Sie war umringt von verrottenden Holzbodenplanken, Kunststoffdeckenpaneelen und Stühlen, denen mindestens ein Bein oder die Rückenlehne fehlten. Der Blick aus den oberen Fenstern von Leas Haus auf diese Installation