Wo der Hund begraben liegt. Beate Vera

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Wo der Hund begraben liegt - Beate Vera

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er wurde ermordet.«

      »Ermordet? Der Hantschke? Wie grauenvoll!« Frau Wieland schüttelte den Kopf und leerte ihr Weinglas.

      »Letzte Nacht, sagen Sie? Ich könnte schwören, dass er gestern Abend noch Besuch hatte, da war noch spät Licht bei ihm, und ich hab Schatten hinter den Gardinen gesehen.« Frau Wieland beugte sich zu Lea vor und senkte ihre Stimme. »Ich glaube, der hatte ’ne Frau da.«

      »Vermutlich klingelt die Polizei gerade bei Ihnen, um Sie genau dazu zu befragen. Die sagten mir heute Nacht, sie würden die ganze Nachbarschaft abklappern.«

      »Na, dann kommen sie eben noch einmal wieder, oder meinen Sie, ich sollte bei der Polizei anrufen?«

      »Das sollten Sie vielleicht tun, Frau Wieland.«

      Dann kamen die Hauptgerichte. Lea und Frau Wieland waren einige Minuten still und konzentrierten sich aufs Essen, bis Frau Wieland erneut den Kopf schüttelte und ihr Besteck zur Seite legte. »Das ist ganz phantastisch, Lea, es schmeckt hervorragend! Der Hantschke war ein schlechter Mensch. Sicher hat er es nicht verdient ermordet zu werden, aber traurig über seinen Tod wird bei uns kaum jemand sein, meinen Sie nicht auch?«

      Lea schaute sie nachdenklich an. »Ja, da werden Sie recht haben. Aber irgendjemand ist nicht nur nicht sehr betroffen, sondern wohl höchst zufrieden mit sich selbst.«

      Nach dem Essen hatte Lea für sich und Frau Wieland ein Taxi rufen lassen und sich erfolgreich gegen die fünf Euro gewehrt, die ihr Frau Wieland unbedingt hatte geben wollen. Lea hatte gerade ihre Haustür hinter sich geschlossen und Talisker begrüßt, als ihr Handy klingelte. Svenja Ritter, eine weitere Nachbarin aus ihrer Straße, rief an.

      Svenja und Lea hatten sich angefreundet, nachdem Svenja mit ihrem Mann und der gemeinsamen Tochter vor zehn Jahren in die Siedlung gezogen war. Sie vermuteten beide, dass ihre Kinder später erste einschlägige Erfahrungen miteinander gesammelt hatten, wollten das aber eigentlich gar nicht so genau wissen. Svenjas Ehe lief nicht gut. Ihr Mann war ehrgeizig und achtete sehr auf Äußerlichkeiten. Er arbeitete als Projektleiter bei einem großen, renommierten Anbieter von Unternehmenssoftware und war regelmäßig geschäftlich unterwegs. Svenja hatte ihn im Verdacht fremdzugehen, war aber zu ängstlich – oder zu bequem, Lea wusste es nicht –, ihn zur Rede zu stellen, und so bügelte sie weiter jeden Sonntag sieben Hemden für ihn. René Ritter verdiente sehr gut, so dass Svenja seit Bellas Geburt Teilzeit arbeiten ging und sich ausgiebig sich selbst und ihren Fitnessaktivitäten widmen konnte. Sie sah immer aus wie aus dem Ei gepellt, und in ihrem Haus herrschte penibelste Sauberkeit. Reichlich Zeit hatte sie ja, dachte Lea. Das war zwar gemein, aber doch wahr.

      »Svenja, hallo, ich bin eben erst zur Tür rein.«

      »Hallo, Lea, ich weiß, ich hab dich kommen sehen. Hast du nachher mal Zeit? Ich würde gern vorbeikommen.«

      Große Lust verspürte Lea nicht, schon gar nicht heute, sie hatte ganz andere Pläne. »Eigentlich hab ich schon was vor, Svenja, geht’s nicht auch morgen?«

      »Es dauert auch nicht lange. René bringt um sieben zwei Typen von seiner Bürgerinitiative mit, da muss ich noch ein paar Happen vorbereiten.«

      »Okay, aber ich muss erst mit Talisker raus. Komm doch um fünf, dann hab ich Zeit.«

      »Super, dann bis nachher!«

      Lea schaute ihren Hund an, der legte den Kopf schief. »Ich bin gespannt, was René jetzt wieder für ’nen Bock geschossen hat. Nach den Kondomen, die Svenja in seinem Kulturbeutel gefunden hat, kann es eigentlich nicht mehr viel schlimmer kommen. Es sei denn, es stellt sich heraus, dass er irgendwo eine zweite Familie hat, die er während seiner Dienstreisen besucht.«

      Lea mochte René Ritter überhaupt nicht. Svenja zuliebe hielt sie sich zurück, aber René wusste genau, dass sie ihn nicht ausstehen konnte. Er war in Leas Augen ein Mann, der Frauen nicht sonderlich schätzte. Er sah sich selbst als den archaischen Ernährer, der einen warmen Platz am Feuer erwartete, wenn er nach Hause kam. Das hätte im 21. Jahrhundert lächerlich wirken müssen, wenn er nicht in Svenja eine Frau gefunden hätte, die sich seinem manipulativen Verhalten nicht entziehen konnte. Aus Gründen, die Lea völlig rätselhaft waren. Dass Svenja überhaupt arbeiten ging, war René ein echter Dorn im Auge, und es gab regelmäßig Streit deswegen, aber hier setzte Svenja sich durch. Sie war Marketingkauffrau und arbeitete zwanzig Stunden die Woche als zweite Teamassistentin in einer mittelständischen Marketingagentur. René machte sich regelmäßig über ihren Job lustig, am liebsten vor Publikum. Sicherlich würde sie keine glanzvolle Karriere machen, aber darum ging es auch gar nicht, nur verstand dieser Holzkopf das nicht. Er war überdies extrem eifersüchtig und machte seiner Frau ständig Szenen, bestand aber gleichzeitig darauf, dass sie, wenn er mit ihr ausging, ihre gute Figur »angemessen zur Geltung brachte«, wie er es nannte. Immer wenn sie an die Ritters dachte, fühlte Lea sich ein wenig erschöpft, ging dann aber sofort mit sich ins Gericht. Es war nicht fair von ihr, sich ein Urteil über die Ehe der beiden zu erlauben. Sie hatte eine so ehrliche Beziehung mit Mark gehabt – was wusste sie denn schon von den Problemen anderer Paare? Svenja war erwachsen, und irgendetwas musste sie an René finden, sonst könnte sie ihn ja auch verlassen. Vermutlich war das alles normal, und sie und Mark hatten nur großes Glück gehabt. Wie auch immer, sie hätte nicht so ein Leben führen können.

      Lea gab Talisker ein Zeichen und ging mit ihm hinaus.

      Glander schaute den unrasierten und übernächtigt wirkenden Mann hinter der Ladentheke so erstaunt an, als habe er sich verhört. »Der kostet wie viel?«

      »280 Euro. Das ist eine seltene Abfüllung, dafür muss man schon ein bisschen tiefer in die Tasche greifen.«

      »The World of Spirits« beherbergte ein erkleckliches Angebot an Spirituosen und war stadtweit vor allem für seine gute Auswahl an Malt Whiskys bekannt. Bezahlbar seien diese, hieß es, woran Glander gerade zweifelte. Er beschloss, dem Mann sein Anliegen zu erklären, vielleicht konnte der ihm ja weiterhelfen.

      »Schauen Sie mal, ich möchte einer Frau, die ich gerade erst kennengelernt habe und die am liebsten Speyside Malts trinkt, einen Whisky schenken. Sie mag sehr gerne den Balvenie Rumfass oder so ähnlich. Es soll was Spezielles sein und zeigen, dass ich mir Gedanken gemacht habe, darf aber auch nicht zu viel des Guten sein. Sie verstehen, was ich meine?«

      Der Inhaber griente Glander ein wenig anzüglich an. Er hatte nur wenige weibliche Kunden und nur eine einzige, die regelmäßig bei ihm The Balvenie oder andere Abfüllungen aus der Region Speyside kaufte, auch in den höheren Preislagen. Berlin war zwar eine europäische Metropole, aber die Welt des Whiskys war hier doch eine überschaubare. Die Frau war sehr lange nicht in seinem Geschäft gewesen, und er beschloss, diesem traurigen Experten vor ihm unter die Arme zu greifen, für den Fall, dass es sich tatsächlich um diese Kundin handelte.

      »Also, wenn die Lady gerne den Balvenie Rum Cask trinkt, empfehle ich aus derselben Region entweder den BenRiach Horizons für knapp fünfzig Euro oder den Macallan Masters Edition Fine Oak 2007 für einen Zehner mehr. Beide sind ein bisschen außergewöhnlich. Der BenRiach ist dreifach destilliert mit Finish in Oloroso-Sherry-Fässern. Der hat’s mit fünfzig Prozent ganz ordentlich in sich, ist dafür aber überraschend mild, was der Dame vermutlich wichtig ist. Der Macallan hat ebenfalls ein Sherry-Fass gesehen und ist regelrecht samtig, sehr lecker und eine limitierte Abfüllung. Leichter auch, mit nur knapp 43 Prozent.«

      Glander stand vor dem Besitzer des Spirituosenladens und war sich schlagartig darüber im Klaren, dass er nicht länger so tun musste, als verstünde er wirklich etwas von Whisky. Der Bladnoch war ein Geschenk

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